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Strom von der Rückseite

Seit die ersten bifazialen Module am Markt sind, stand die Frage im Raum, wie der Mehrertrag zu messen sei. Da die tatsächliche Ausbeute stark von der konkreten Installation abhängt, wurden von Herstellern die maximal erreichbaren Werte angegeben.

Auf einen Mehrpreis verzichteten die Produzenten und verkauften nur die Leistung der Vorderseite. Das ist in den meisten Fällen immer noch so, doch seit Januar gibt es eine Norm, wie der Bifazialkoeffizient ermittelt werden soll. Das ist der erste Schritt, mit dem Hersteller zukünftig auch die Leistung der Rückseite einpreisen könnten.

Der Bifazialkoeffizent drückt das Verhältnis aus zwischen dem Ertrag der beiden Modulseiten. Der Ertrag der Rückseite wird durch den Ertrag der Vorderseite dividiert. Das Ergebnis von beispielsweise 90 Prozent sagt aus, dass die Rückseite eines Moduls 90 Prozent der Leistung der Vorderseite erreichen kann.

Die Messgröße, um die es geht

Die IEC 60904 Part 1-2 beschreibt die Messverfahren für solche Module. Sie existiert seit Januar 2019. Zwei Möglichkeiten zum Messen sieht die Norm vor.

In der ersten Variante wird die Vorderseite unter STC-Bedingungen gemessen und dabei die Rückseite abgedeckt. Dann wird das Modul gedreht und die gleiche Messung für die Rückseite vorgenommen.

Es gibt aber auch eine Messmethode, bei der gleichzeitig die Vorder- und Rückseite bestrahlt werden. Hersteller können nun bei der Leistungsmessung im Labor den Bifazialkoeffizienten ermitteln lassen. Folgerichtig gehört er dann auch ins Datenblatt.

Die Koeffizienten variieren je nach Aufbau von Wafern und Zellen um 60 bis 90 Prozent. Die niedrigsten Koeffizienten werden bei Perc-Modulen erzielt, deren Rückseitenkontakte mit Aluminium passiviert wurden.

Je nach Wafertechnologie und Passivierung steigt dieser Wert. Bei Modulen mit Heterojunction-Zellen und n-Pert-Technologie ist der Koeffizient am höchsten. Hier kann er bis zu 90 Prozent betragen.

Aber die Zelltechnologie allein ist noch nicht alles. Die tatsächliche Ausbeute der Rückseite hängt auch vom konkreten Moduldesign ab. Gibt es mehr Verschattung durch Löststellen oder die Anschlussdose, beeinflusst das die Rückseitenleistung.

Um bis zu fünf Prozent bei exakt den gleichen Zellen können die Werte der verschiedenen Modultypen differieren. Johanna Bonilla vom TÜV Rheinland sagt: „Wer als Hersteller mit n-Pert-Zellen arbeitet und keine 90 Prozent schafft, muss das Moduldesign verbessern.“

Bonilla arbeitet in einer Arbeitsgruppe beim TÜV Rheinland, die den Einfluss von Umweltbedingungen auf das Photovoltaiksystem untersucht. Die Projektgruppe will herausfinden, welche Modultechnologie an welchem Standort bessere Ergebnisse erzielt. Seit mehreren Jahren wird deshalb an verschiedenen Testanlagen beobachtet, wie sich Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit oder Verschmutzung auf die Leistung auswirken. Aus diesen Testanlagen gibt es hinreichend lange Datenreihen zur Performance von bifazialen Modulen.

Der Einfluss von Standortbedingungen

Die Albedo, das Rückstrahlungsvermögen des Untergrundes, ist eine wichtige Einflussgröße. Je mehr der Untergrund das Licht reflektiert, desto höher können die Mehrerträge ausfallen. Asphalt, wie er auf Parkplätzen oft verwendet wird, hat eine relativ niedrige Albedo, rund fünf Prozent beträgt sie.

Nackter Boden kann zwischen zehn und 20 Prozent haben, Gras zwischen 15 und 25 Prozent, Beton oder weißer Kies punkten schon mit 25 bis 35 Prozent.

Weiße Dachbahnen und frischer Schnee haben die höchsten Werte, zwischen 80 und 95 Prozent kann die Albedo betragen. Aber all das sind zunächst nur Möglichkeiten. Was das Modul mit diesen Reflexionen anfangen kann, ist verschieden.

Ein Beispiel: Auf einem Untergrund mit 25 Prozent Albedo erzielt ein Testmodul einen Mehrertrag von zehn Prozent. Das baugleiche Modul, auf einem Untergrund mit einer Albedo von 75 Prozent installiert, erreicht einen Mehrertrag von rund 30 Prozent. Die Albedo wirkt sich also stark aus, aber nicht linear.

Temperatur und Neigungswinkel

Eine weit verbreitete Annahme erwies sich in den Feldmessungen als falsch. Zumindest für den Standort Köln. „Die Auffassung, dass bifaziale Module eine höhere Betriebstemperatur entwickeln, die sich negativ auf den Ertrag auswirkt, konnte nicht bestätigt werden“, berichtet Bonilla. Aber sie betont auch, dass diese Aussage zunächst nur für den Standort und das Klima in Köln als gesichert gilt.

Die Module dort operieren mit ähnlicher Betriebstemperatur wie monofaziale Module. An heißen Tagen ist die Performance zwar niedriger, aber das gelte gleichermaßen für mono- wie für bifaziale Module.

Zudem sind die Module in den Testanlagen auf einem Freiflächengestell in 1,50 Meter Höhe installiert. Auf Dachinstallationen kann diese Erkenntnis deshalb nicht ohne Weiteres übertragen werden.

Der Neigungsgrad der Module ist eine weitere Einflussgröße. In der Praxis werden die Ausrichtung und der Neigungswinkel der Module auf den Ertrag der Vorderseite hin optimiert, und das ist auch weiterhin vernünftig.

Es wäre wenig hilfreich, den Neigungswinkel zu ändern, um einen höheren Ertrag der Rückseite zu erzielen. Die Vorderseite hat weiterhin Priorität in der Planung.

Weil es für die Modulproduktion einfacher ist, das gleiche Glas für Vorder- und Rückseite zu verwenden, haben die meisten bifazialen Module auch auf der Rückseite Glas mit einer Antireflexschicht. Diese entfaltet ihre Vorteile auch auf der Rückseite. Auch das ist ein Ergebnis aus den Messungen der TÜV-Arbeitsgruppe.

Der tatsächliche Mehrertrag

Die Ergebnisse der Feldmessungen in Köln zeigen deutliche Vorteile in der Energieertragsleistung von bifazialen Modulen. Im Schnitt brachten diese Module elf Prozent mehr Ertrag als herkömmliche kristalline Module.

Im Vergleich zu Dünnschichtmodulen beträgt der Mehrertrag rund 6,5 Prozent. Ein Wert, der vielleicht verwundert. Denn er sagt aus, dass die Dünnschichttechnologie durchaus eine gute Wahl ist, zumindest wenn das Klima relativ stabil und gemäßigt ist wie in Köln.

www.tuv.com

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