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Solar Island

Riesige Solarkraftwerke schwimmen mitten auf hoher See. Sie produzieren genügend Energie, damit Bahnen und Lkw den globalen Güterverkehr ohne Kohlendioxidemissionen befördern können. Neben einer funktionierenden Autobahnmaut könnte der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auch davon träumen: von solaren Methanol-Inseln.

Die schwimmenden Plattformen beherbergen Photovoltaikanlagen, die Strom erzeugen. Langfristig könnten sie genügend Treibstoff produzieren, um die gesamte Mobilität ohne Kohlendioxid zu bestreiten. Inmitten der Ozeane soll aus Solarstrom und Wasser der grüne Wasserstoff hergestellt werden, der vor Ort mit Kohlendioxid aus dem Meerwasser zu Methanol umgewandelt wird. Wir recyceln Papier, Blechdosen, Glas und Bleibatterien. Warum sollte nicht auch Kohlendioxid wiederverwertet werden? Würde Jules Verne heute noch leben, würde er womöglich nicht nur Wasserstoff als Kohle der Zukunft beschreiben, sondern flüssige Kraftstoffe auf Kohlenstoffbasis als Benzin der nächsten Generation.

Auch Tennet plant künstliche Inseln

Diese Kreislaufwirtschaft haben Forscher der ETH Zürich, des Paul Scherrer Instituts (PSI), der Empa, der Universitäten Zürich, Bern und der National University of Science and Technology in Trondheim nun erstmals durchgerechnet. Sie haben ihre Ergebnisse für die Fachzeitschrift PNAS aufgeschrieben. Dazu analysierten die Wissenschaftler ein Szenario, das zwar rein hypothetisch ist. Aber die Grundlagen für eine mögliche Umsetzung gibt es heute schon.

Power-to-Gas-Anlagen mit Megawattleistung existieren bereits. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet und die Fernleitungsnetzbetreiber Gasunie Deutschland und Thyssengas planen in Niedersachsen den Bau einer riesigen Power-to-Gas-Pilotanlage mit 100 Megawatt Leistung. Im Übrigen hat auch Tennet Pläne für künstlich angelegte Inseln mit Windrädern in der Nordsee, die als Verteilerkreuze dienen würden – staatenübergreifend sollen alle Nordseeanrainer mitmachen.

Demonstrationsprojekte wie auf dem Empa-Campus in Dübendorf zeigen, dass die Verflüssigung funktioniert. Warum sollten die Kraftwerke aber dafür offshore sein? Weil die benötigte Anlagenfläche für eine weltweite Versorgung von Treibstoff gewaltig wäre. „Insgesamt wäre eine Fläche von rund 170.000 Quadratkilometern nötig, um den jährlichen Bedarf für den globalen Güterverkehr zu produzieren“, erklärt Andreas Borgschulte von der Empa. Das ließe sich am ehesten durch Solaranlagen auf dem Meer realisieren, weil es hier bislang ungenutzte Fläche gibt. Auch auf dem Meer können Techniker Kohlendioxid aus der Luft gewinnen. Zudem enthält das Meerwasser eine 125 Mal höhere Kohlendioxidkonzentration.

Die Forscher plädierten für die Herstellung eines flüssigen Brennstoffs, weil sich dieser besser transportieren ließe. Das Methanol lässt sich aber nicht nur als Treibstoff einsetzen. Auch chemische Vorprodukte für die Polymerherstellung könnten so klimaneutral hergestellt werden, zumal für diese Vorprodukte sehr hohe Preise gezahlt werden.

Die 80-Millionen-Dollar-Vision

Eine visionäre Methanol-Insel ist aber nicht gerade günstig. Rund 80 Millionen US-Dollar würde der Bau einer solchen Chemiefabrik auf dem Ozean kosten. Diese bestünde aus rund 70 Photovoltaikinseln mit einem Durchmesser von rund 100 Quadratmetern und einem Schiff, auf dem die Elektrolyse- und Syntheseanlagen schwimmen.

Insgesamt ergäbe dies eine Fläche von rund 550.000 Quadratmetern. Doch ein einzelner Cluster genügt bei Weitem nicht, um klimaneutral zu werden. Insgesamt 170.000 solcher Inseln wären nötig, um so viel Kohlendioxid zu recyceln, wie zurzeit ausgestoßen wird. Eine Utopie – aber eine sehr schöne. Futurist Borgschulte: „Bullerbü-Lösungen versorgen nur Bullerbü, aber nicht den Rest der Welt.“

Pionier Thomas Hinderling hat zu Lebzeiten größer gedacht. Er erfand eine Plattform auf einem geschlossenen Luftkissen. Einen Prototyp hat die Firma Novaton 2009 in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgebaut, belastet mit einem Gewicht von 1.300 Tonnen.

Die Bilanz kann sich bisher sehen lassen: Seit zehn Jahren funktioniert das Luftkissensystem bereits ohne Probleme – trotz der harschen Wüstenbedingungen.

www.empa.ch

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