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Vorreiter im Hinterhof

Andernach im nördlichen Rheinland-Pfalz zählt zu den ältesten Städten Deutschlands. Vor den Toren von Koblenz begegnen dem Besucher mehr als 2.000 Jahre Historie, Rheinerlebnis und Römer-Relikte. In einem unscheinbaren Hinterhof schreibt derweil ein Handwerksbetrieb an seiner eigenen Geschichte. Und die ist eng verknüpft mit der Suche nach der Ideallinie im Einsatz digitaler Werkzeuge.

Sprung & Risos gelingt eindrucksvoll der Spagat zwischen Neugier, Offenheit und nüchterner Bewertung des tatsächlichen Nutzens im Arbeitsalltag.

Vor elf Jahren wagten Peter Sprung und Stefan Risos den Schritt in die Selbstständigkeit. Zwei Pfundskerle mit Pfälzer Dialekt, modernen Rechnern und erweiterbarem betriebsinternem Server. Neben dem Alltagsgeschäft vereint die beiden die Überlegung, wie sich der Neun-Mann-Betrieb weiterentwickeln kann, gerade auch digital.

„Die Welt wird zunehmend digitalisiert und wir müssen entscheiden, wie weit wir da mitgehen“, sagt Peter Sprung und ergänzt: „Wir haben von Anfang an mit EDV gearbeitet, zunächst mit einer Schreibmaschinen-EDV, später ein anderes Rechnungsprogramm eingeführt, das auch schon in Richtung Datanorm ging. Vor sieben Jahren haben wir dann begonnen, uns so richtig schlauzumachen.“

Das Ergebnis: Die Fachhandwerker-Software Taifun bildet seit fünf Jahren ihr digitales Grundgerüst. Stefan Risos erzählt: „Wir haben uns auf Messen andere Sachen angeguckt, haben uns auch Probedemos geholt. Am Schluss haben wir gesagt, diese Software ist die, die am besten zu unserem Betrieb passt.“

Schnellübersicht steuert Projekte

Kaum betreten die beiden am Morgen das durchaus kompakte Büro, erscheint die Softwaremaske auf dem Bildschirm. Hier steckt das geballte Betriebswissen drin: Termine, Angebote, Rechnungsstellung, Kundendaten und vieles mehr. Um den Überblick zu behalten, nutzen Sprung und Risos eine farbige Schnellübersicht über die jeweilige Projektart, von der Wartung bis zum Neubau. Auch den Urlaub steuert der Betrieb über seine Handwerkersoftware.

Pro Mitarbeiter können die beiden gucken, was offen und erledigt ist. Monatliche Statistiken verdeutlichen, ob sich bestimmte Probleme und Themen wiederholen. Der Anschluss einer Heizungsanlage hat beispielsweise bei zwei Mitarbeitern wegen eines bestimmten Kabelanschlusses länger gedauert. Das richtige Vorgehen können sie im System hinterlegen, sodass der Nächste gleich Bescheid weiß.

Ersatzteilbedarf digital geregelt

Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Flexibilität und der Überblick für die Kundendienstmonteure auf der Baustelle. Über die App des Softwareanbieters stehen ihnen die für den jeweiligen Auftrag notwendigen Kundenadressen zur Verfügung.

Darüber hinaus profitieren sie von direkten Verknüpfungen – zum Beispiel in den entsprechenden Wartungsvertrag. Auch offene Angebote können sie – je nach Berechtigung – direkt vor Ort einsehen. „Wenn wir Termine verschieben, sehen das unsere Mitarbeiter in Echtzeit in der App“, sagt Stefan Risos.

Neben der klassischen Buchhaltung hat der Betrieb auch die Ersatzteilsuche digitalisiert. „Mittlerweile holen bei Heizungsreparaturen alle das Handy raus und suchen die Ersatzteile per App im Onlineshop des Großhändlers. Sie können die Ersatzteilnummer raussuchen und sehen, wo der Artikel liegt“, sagt Peter Sprung. „Ist die Pumpe im Abholexpress-Lager in Andernach verfügbar, wird das mit einem grünen Punkt angezeigt. Dann weiß der Kollege: Okay, die haben die Pumpe, ich fahre gleich hin und hole die ab. Dafür muss er nicht im Büro anrufen und uns einbinden, sondern kann gleich bestellen.“

Stefan Risos betont: „Digital geht alles viel einfacher. Auf modernen Heizungsgeräten scannst du einen QR-Code mit der App, bekommst direkt Daten ausgeworfen und kannst sortieren. Für die junge, moderne Generation ist das wesentlich besser.“

Vor dem Kauf getestet

Die Suche nach digitaler Entlastung im Betrieb ging mit dem Wachstum der einstigen Drei-Mann-Firma einher. Dabei setzt der Betrieb auf eine klare Strategie: In einer Testphase laufen die digitalen und analogen Werkzeuge parallel. Peter Sprung: „So bauen wir Schritt für Schritt die Module aus. Manchmal sehen wir: Das sieht zwar super aus, aber so richtig bringt es uns bei unserer Betriebsgröße nicht voran. Auf diese Weise haben wir uns immer weiterentwickelt.“

Erteilt ein Kunde einen Auftrag, können ihn Peter Sprung und Stefan Risos über die Schnittstelle IDS-Connect hochladen, eine Preisanfrage beim Großhandel stellen und am Ende bestellen. „Im Endeffekt greift unser System immer wieder auf den Onlineshop des Großhandels zu. Und die Daten sind bei uns im System, ohne dass wir sie noch mal händisch pflegen müssen.“

Bestellung beim Großhandel per Klick

Durch IDS-Connect ist es also möglich, unmittelbar aus der Fachhandwerkersoftware das Portal Online Plus des Großhändlers G.U.T. Wesco aufzurufen und Artikelpositionen aus der Software in den Warenkorb von Online Plus zu übertragen, ohne sie erneut manuell zu erfassen.

Zudem ist die Übernahme eines Angebots in die eigene Software mit einem Klick möglich. Neben IDS-Connect nutzen die beiden auch die UGL-Schnittstelle, die den vollelektronischen vorgangsbezogenen Datenaustausch zwischen ihnen und ihrem Großhändler ermöglicht. Über GAEB tauscht die Firma standardisiert Bauinformationen, von Anfragen bis Angebote, mit dem Großhandel aus.

Die Handwerkersoftware enthält zudem ein Wartungsmodul, verknüpft mit Ersatzteilen und Historie. Stefan Risos sagt: „Das wollten wir von Anfang an drinhaben. Da haben wir vorher auch mit Zetteln gearbeitet, hatten A-Z-Register von Kunden liegen. Das war ein riesiger Papierkram. Heute können wir die Wartung direkt im System mit Termin versehen. Ich weiß, welche Heizung der Kunde hat, welches Material benötigt wird, und kann direkt bestellen.“ Vom ersten Anruf bis zur abschließenden Rechnung ist der Kunde im System. Er ist präsent, der Ablauf ist bedarfsgerecht gestaltet.

Mitarbeiter überzeugen

Den Umgang ihrer Kollegen mit dem digitalen Wandel haben die beiden genau im Blick – und zeigen Verständnis für manche, die sich mit diesem Schritt schwertun. „Wenn jemand Mitte 50 ist und weiß, er hat noch zehn Jahre zu arbeiten, dann kommt der auch so durch. Ich weiß aber, dass ich noch 30 Jahre vor mir habe. Mit Schreibmaschine und Excel-Programm funktioniert das nicht, zumal wir ja auch zur Datensicherung verpflichtet sind“, sagt Stefan Risos.

Entscheidend sei es, keine Angst vor der Veränderung zu haben. „Anfangs ist man bei etwas Neuem vielleicht noch skeptisch, aber schnell sieht man die Vorteile.“

Die beiden Inhaber kennen ihre Rollen im Betrieb genau – auch was den digitalen Wandel angeht. Peter Sprung ist der Treiber. „Ich kann ganz gut neue Wege suchen. Stefan lässt mich machen, bringt aber auch gute Ideen mit. Entscheidend ist, dass nicht einer nach rechts und der andere nach links läuft, sondern dass wir einen gemeinsamen Weg gehen. Ich zeige Stefan die neuen Tools einmal, dann kann er das.“

Auch die Mitarbeiter müssen von den Neuerungen überzeugt sein. Das gilt in kleinen Betrieben genauso wie in großen. Schritt für Schritt werden sie informiert und geschult.

„Den Skeptiker musst du langsam abholen und die Leute nacheinander individuell überzeugen. Der Kundendiensttechniker muss immer auf dem neuesten Stand sein. Der kommt an 100.000 verschiedene Geräte. Mit dem bekommst du keine Probleme. Der nutzt die App sofort und ständig vor Ort. Braucht ein Kunde noch schnell eine Küchenarmatur, dann setzt er den Folgeauftrag direkt um. Einer aber, der im Neubaubereich arbeitet und ein System gewohnt ist, der tut sich etwas schwerer.“

Zeitersparnis und mehr Transparenz

Dass neue digitale Werkzeuge mit Investitionen verbunden sind, ist dem Betrieb in Andernach bewusst. „Wir hatten auch ein bisschen Angst, als die Summe X im Raum stand. Aber es war der richtige Schritt und hat sich schnell gerechnet. Wir sparen enorm viel Zeit und schaffen eine größere Transparenz untereinander.“ Gleichwohl betonen die beiden, dass je nach Betrieb auch andere Softwaresysteme sinnvoll sein können.

Peter Sprung und Stefan Risos gehen erfolgreich den Weg der „kontrollierten Offensive“ in Zeiten der Digitalisierung – und haben bei der Neubesetzung ihrer Teamassistenz-Stelle einen echten Coup gelandet.

Teamassistenz mit IT-Background

Steffi Göddertz kommt aus der IT-Branche und verleiht dem Betrieb einen zusätzlichen digitalen Schub. Peter Sprung sagt: „Früher hieß es, die Teamassistenz muss sich mit dem Material auskennen. Ich sehe das anders. Die buchhalterische Geschichte, das EDV-Wissen, ist viel wichtiger.“

Die 32-Jährige ist seit März 2018 dabei und berichtet: „Ich war positiv überrascht, wie gut der Betrieb schon digital aufgestellt war, bin aber auch froh, noch zusätzlichen Schwung reinbringen zu können, gerade im Bereich Archivierung.“

Als sie anfing, lagen noch viel mehr Papiere herum. Göddertz hat die Eingangsrechnungen von 2018 rückwirkend nacharchiviert. Das ist jetzt ein durchgehender Posten.

Im Bereich Angebotsverfolgung gäbe es noch großes Potenzial. Zum Beispiel gibt es die Möglichkeit, sich offene Angebote anzeigen zu lassen, die jetzt noch nicht genutzt wird.

Peter Sprung schaut nicht ohne Stolz auf seine neue Mitarbeiterin. Er weiß: Es läuft rund im Fachhandwerk, das Geschäft brummt. Er sagt aber auch: „Uns muss klar sein, dass der Weg nicht immer nach oben führt. Deshalb ist es wichtig, sich schon jetzt für die Zukunft aufzustellen. Jede Welle muss mal brechen. Dann wird wieder Arbeit gesucht. Viele Handwerker sehen nicht, dass es auch mal wieder schlechter werden kann.“

Lagermanagement verbessern

Sollte es so weit sein, sind im Andernacher Hinterhof alle vorbereitet. Die nächsten Pläne liegen bereits in der Schublade: Die Digitalisierung soll das Lagermanagement verbessern.

Die beiden wollen vollen Zugriff auf das Lager, mit Codes und Scanner arbeiten und den 100-prozentigen Überblick über den Bestand haben. Auch das ist mit der Software möglich und erleichtert den Monteuren die Arbeit.

Ein weiteres Projekt: die direkte Zuordnung einer E-Mail zu den Kundensätzen, um die Suche zu beschleunigen. Eine Herausforderung seien zudem die Offline-Verfügbarkeit und die gesamte Kommunikation verknüpft in einem System.

Peter Sprung und Stefan Risos halten Augen und Ohren offen – und scheuen sich nicht, Dinge im Nachhinein zu verwerfen. So wie zuletzt das Thema Internet-Telefonie. Zum Rauswählen sei das okay, aber dass die eingehenden Anrufe auf dem Bildschirm aufpoppen, das lenke einfach ab.

Peter Sprung sagt: „Wahrscheinlich geht der Trend dahin, dass du direkt den Kundensatz vor Augen hast, wenn jemand anruft.“ Eines ist sicher: Peter Sprung und Stefan Risos werden auch das testen.

www.sprung-risos.de

Veranstaltungstipp

Forum Handwerk Digital im November in Stuttgart

Handwerksunternehmen wollen genau wissen, was hinsichtlich Digitalisierung heute bereits möglich ist und was sie morgen erwartet. Antworten darauf gibt das Forum Handwerk digital. Diese Initiative ist sowohl als Anlaufstelle im Internet als auch als echtes Veranstaltungsformat ein Garant für kompetente Beratung, praxisbezogenen Service und inspirierende Lösungsansätze für die eigene Digitalisierung.

Der Gentner Verlag und die SBZ sind Medien- und Kooperationspartner des Forums.

Der Kongress findet am 7. November 2019 statt. Veranstaltungsort ist das Tagungszentrum „Room2rent“ in Kernen bei Stuttgart. Beginn ist um 9.30 Uhr. Die Teilnahme kostet 199 Euro.

Die Themen im Überblick:

  • Tablet und Co.: Aufträge mobil schnell und sicher abwickeln
  • Kundendaten richtig verwalten: weniger Aufwand und mehr rechtliche Sicherheit
  • Online eine Marke werden, neue Mitarbeiter finden und Kunden begeistern

Workshops am Nachmittag vertiefen die Themen.

www.forum-handwerk-digital.de

Der Autor

Erik Trümpler

ist Journalist und schrieb zehn Jahre für die Hamburger Morgenpost. Seit dem Jahr 2015 kümmert er sich als PR-Referent unter anderem um die Kommunikation der G.U.T.-Gruppe.

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