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Branchentreffen in Zürich

Wie viel Architektur steckt in der bauwerkintegrierten Photovoltaik? Unter anderem dieser Frage wollten die Referenten des ersten Symposiums Solares Bauen auf den Grund gehen. Das Symposium, das in diesem Jahr in Zürich stattfand und ausgebucht war, wurde unter anderem von Swissolar und der österreichischen Technologieplattform Photovoltaik (TPPV) organisiert. Die Antwort ist in der Solarbranche längst bekannt. Denn die Hersteller bieten inzwischen solare Bauelemente, die von den Architekten nahezu wie herkömmliche Glaselemente in die Fassade integriert werden können.

Das wird vor allem in Österreich und in der Schweiz üppig genutzt. In Deutschland sind die Architekten noch skeptischer beim Einsatz von Solarmodulen als Fassadenelemente als ihre Kollegen in den Alpenländern.

Suche nach neuen Materialien

Das hat verschiedene Ursachen. So sind beispielsweise in der Schweiz die Vorgaben hinsichtlich der Normen, die Fassadenelemente mitbringen müssen, viel lockerer als in Deutschland. „In der Schweiz ist Entwicklung noch erlaubt, das ist anders als in Deutschland“, antwortet Beat Kämpfen auf die Frage, ob die strengen Normen, die in Deutschland an die Solarmodule zur Gebäudeintegration angelegt werden, eine Hürde darstellen.

Der Züricher Architekt weiß, wovon er spricht. Denn er hat die Module, die er in einem seiner jüngsten Projekte eingesetzt hat, selbst entwickelt. Das wäre in Deutschland nicht durchgegangen. Doch selbst die eher lockere Handhabung von Solarmodulen als Baumaterial kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV) auch in der Schweiz schwerer tut, als es sein müsste.

Die Hürden sind vielfältig, Lösungen müssen dringend her. „Wir müssen als Architekten das Klima mit in den Blick nehmen. Eine ökologische Ethik ist in der Architektur angekommen“, betont Ludovica Molo, Präsidentin des Bundes Schweizer Architekten. „Das betrifft aber vor allem die Suche nach neuen Materialien.“ Sie nimmt prophetisch das vorweg, was ihre deutschen Kollegen einen Tag darauf in Berlin auf dem diesjährigen Deutschen Architektentag zum Thema nachhaltiges Bauen debattieren. Denn dort brannte den Architekten das Thema auch unter den Nägeln. Doch dabei ging es mehr um das Bauen selbst.

Eine gemeinsame Sprache finden

Die zentrale Frage hier war, ob es noch zeitgemäß ist, energieintensive Baumaterialien wie Beton, Glas oder Aluminium zu nutzen. Den Betrieb von Gebäuden hat die Architektur in Deutschland noch nicht so stark im Blick wie die Branche in den Alpenländern. Doch Ludovica Molo sieht auf der Suche nach neuen Materialien auch das Solarmodul als Fassadenelement als eine Erweiterung der Möglichkeiten und vor allem als eine Rückbesinnung auf die Grundlagen der Architektur. „Denn die Arbeit mit Licht und Sonne war schon immer ein Thema der Architekten“, sagt sie mit Blick auf die Historie ihrer Branche.

Allerdings stößt diese mit der BIPV auf eine neue Herausforderung. Denn die junge und dynamische Photovoltaik und die eher konservative Baubranche sind zwei Disziplinen, die erst eine gemeinsame Sprache finden müssen. Die Lösung sieht Paul Knüsel, beim schweizerischen Baumagazin Tec 21 für das Ressort Umwelt und Energie zuständig, unter anderem in einer Industriestrategie der BIPV. Da geht es um Standardisierung und solare Bauelemente, die schon einen hohen Grad an Vorfertigung aufweisen. Eine zweite Strategie sind Sonderanfertigungen. Das bedeute, nicht nur Masse, sondern auch Maßanzüge anbzuieten, wie es Paul Knüsel formuliert.

Architekt behält Gestaltungsfreiheit

Technologisch ist alles vorhanden. Doch die Architekten müssen die Komponenten auch in ihre Arbeit integrieren, fordert Daniel Studer die Teilnehmer des Symposiums in Zürich auf – zum größten Teil Architekten. Studer kommt selbst aus der Branche. Der studierte Architekt leitet jetzt den Fachbereich Bautechnologie und Konstruktion an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich.

Er kennt aber auch das Problem. „Architekten haben die aufgesetzte Photovoltaik als nicht ästhetisch empfunden“, weiß Studer. „Die Indachphotovoltaik oder die Fassadenintegration bietet aber neue Möglichkeiten. Konstruktiv wird sie wie jedes andere Fassadenmaterial angewendet. Sie bietet aber völlig neue Möglichkeiten für eine neue Glasdacharchitektur.“

Stadtplanung neu denken

Der Architekt kann die Technologie einerseits sichtbar machen. Er gewinnt dadurch eine ganz neue Gestaltungsmöglichkeit für Fassaden, die die Glasindustrie nicht zu bieten hat. Andererseits ist die Photovoltaik auch in der Lage, die Möglichkeiten zu bedienen, die die Architekten aus der Glasindustrie kennen. Längst sind Lösungen entwickelt, die Solartechnologie aus der optischen Wahrnehmung verschwinden zu lassen, beispielsweise durch farbig beschichtete Modulgläser. Auf diese Weise muss sich der Architekt gar nicht von seinen alten und gewohnten Gestaltungsvorlieben trennen.

Durch die Farbe verliert man zwar an Leistung. „Doch selbst wenn ein farbiges Solarmodul nur 80 Prozent der Leistung eines Moduls ohne farbiges Frontglas erreicht, dann produziert es unendlich viel mehr Strom als ein Fassadenelement ohne Photovoltaik“, nimmt Daniel Studer den Skeptikern den Wind aus den Segeln.

Moderne Architektur mit aktiven Gebäudehüllen geht aber noch weiter. „Wir müssen den Schritt vom solaren Gebäude hin zur nachhaltigen Stadtplanung machen“, betont Doris Österreicher. Die Architektin leitet das Institut für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung an der Universität für Bodenkultur in Wien.

Österreicher zeigt am Beispiel der Solar City Linz und der Seestadt Aspern in Wien, wie ganze Stadtviertel mit der Sonne geplant und gebaut werden. Hier geht es nicht mehr um das Gebäude selbst. Vielmehr sollten sich ganze Quartiere mit Sonnenenergie versorgen. Wenn ein Haus nicht für eine Solaranlage geeignet ist, wird es vom Nachbargebäude mitbeliefert.

Sie plädiert dafür, dass sich die Stadtplanung der Zukunft an einem nachhaltigen Energiekonzept der Quartiere und Stadtteile orientiert und nicht umgekehrt, wie es bisher der Fall war. „Alles, was wir jetzt bauen, muss adaptiv sein“, betont Österreicher. Das heißt nichts anderes, als dass sich die Stadtplanung auf die Herausforderungen des Klimawandels einstellen und diese lösen muss.

Der Kühlbedarf steigt

Das geht in drei Schritten. Im ersten Schritt kommt es darauf an, die Gebäude möglichst auf Passivhausstandard zu bringen. Im zweiten Schritt kommen die erneuerbaren Energien ins Gebäude. Der dritte Schritt ist die Flexibilität der Gebäude und deren Vernetzung innerhalb des Quartiers.

Diese Umkehr in der Stadtplanung ist dringend notwendig. Denn vor allem eng bebaute Städte werden zunehmend wärmer. „Das bedeutet, der Wärmebedarf nimmt ab und der Kühlbedarf steigt“, macht Doris Österreicher die Veränderung klar, auf die die Stadtplanung reagieren muss. Das kann über Bebauungspläne gelöst werden, wenn dort eine nachhaltige solare Entwicklung gefordert wird. Schließlich ist die Solarenergie eine gute Lösung, auf einen steigenden Kühlbedarf im Sommer zu reagieren, wenn am meisten Sonnenenergie vorhanden ist.

Mehrkosten sind gering

Für eine solche Vernetzung plädiert auch Christian Erb, Leiter Energie und Gebäudetechnik beim Züricher Immobilienunternehmen Tend. „Das ist ein viel größerer Mehrwert, als sich allein auf den Bau von Plusenergiehäusern zu konzentrieren“, sagt er aus Sicht der Immobilienbranche. „Der ökologische Mehrwert rechnet sich zwar, ist aber im urbanen Raum irrelevant“, betont er mit Blick auf die hohe Nachfrage nach Immobilien in den Städten, wo diese sich auch ohne Solarfassade und ehrgeizigen Energiestandard gut vermarkten lassen.

Schließlich kostet ein solcher ökologischer Mehrwert Geld. Doch das sollte nicht die riesige Hürde sein, wie Stefan Wyss betont. Der Architekt hat im kleinen schweizerischen Örtchen Tobel ein ganzes Areal mit Mehrfamilienhäusern entwickelt und dabei die ortsüblichen Mieten trotz hohem Energiestandard unterboten. „Bis heute hält sich hartnäckig die Meinung, dass die Mehrkosten für das Bauen mit der Sonne bei zehn Prozent liegen. Doch in Wahrheit sind es kaum fünf Prozent“, sagt er mit Blick auf sein Projekt. Diese fünf Prozent sind in der Baubranche aber ohnehin der normale Spielraum.

Zudem spielt sich der Mehrpreis durch den Eigenverbrauch des an der Fassade produzierten Stroms selbst wieder ein, wie Christian Renken betont. Er hat sich mit seinem Unternehmen Crenergy auf die Planung von Solarfassaden spezialisiert. „Wir müssen hier Transparenz schaffen und zeigen, dass sich die Photovoltaik in der Fassade amortisiert“, sagt er.

Renken sieht aber mit Blick auf die Architekten das Problem unter anderem im Planungsprozess. Er ist sich hier mit Roland Frei, Geschäftsführer der Energiebüro AG in Zürich, einig. „Selten ist die BIPV integraler Bestandteil der Planung“, sagt er. „Dadurch kommt BIPV zu spät in das Projekt hinein. Wenn der Entwurf fertig ist, ist es extrem schwierig, etwas zu ändern. Denn um nicht weniger als darum geht es dann“, sagt er.

Mittler zwischen Architektur und Photovoltaik

Deshalb schlägt er einen integralen Ansatz vor, wo der Architekt die Solarfassade gleich von Anfang an in der Planung mitdenkt. In Zukunft muss der Architekt, bevor er mit seinem Entwurf in den Architekturwettbewerb geht, nicht nur eine Nutzungsplanung und Bedarfsermittlung erstellen, sondern gleich eine konkrete Energieplanung mitliefern. Dann kommt die Photovoltaik von Anfang an mit in den Planungsprozess hinein.

Eine solche Energieplanung muss aber mit der Gestaltung, die dem Architekten in der ersten Phase am meisten am Herzen liegt, und den Kostenfragen, die vor allem der Bauherr im Blick hat, abgestimmt werden. Das kann über die Einbeziehung eines Fachkoordinators gleich zu Beginn des Planungsprozesses funktionieren. Dieser Koordinator ist dann der Mittler, der sowohl die Sprache der Architektur als auch die der Photovoltaik versteht und beide Dimensionen miteinander versöhnen kann.

Beat Kämpfen

Klimaschonende Gebäude auf Plusstandard

Mit dem Entwurf von zwei neuen Mehrfamilienhäusern im Züricher Stadtteil Altstetten hat Architekt Beat Kämpfen alle Register gezogen, um ressourcenschonend und klimaneutral zu bauen. Die beiden Mehrfamilienhäuser mit den 28 Wohnungen sind nach Süden hin aufgefächert, sodass die Fenster schon mal üppig Sonne in die Räume lassen. Da die Wohnungen über Eck orientiert sind, werden sie zudem von mehreren Seiten belichtet.

Um schon für das Gebäude selbst das Klima möglichst gering zu belasten, wurde der Bau ab Kellerdecke komplett aus Holz erstellt. Während die Massivholzdecken in den Wohnungen zu sehen sind, wurden die Holzwände innen weiß verputzt. Außen hingegen ist die Holzoptik noch zu sehen.

Vor diesen Holzwänden schlängelt sich dreiseitig eine abgewinkelte Balkonschicht um die Gebäude. Die Brüstung ist komplett mit Solarmodulen verkleidet, die farblich mit der Holzfassade dahinter harmonieren. Denn sie sind vollflächig mit golden glitzernden Solarzellen belegt. Die Module hat das Architekturbüro selbst entwickelt. „Die Photovoltaik war das spannendste Thema bei diesem Gebäude, aber auch das schwierigste“, sagt Beat Kämpfen. „Die Solarzellen kommen aus Taiwan, und wir haben sie in der Schweiz zu Modulen zusammengebaut.“

www.kaempfen.com

Fent Solare Architektur

Überbauung mit Plusenergiehäusern

Mit der Neugestaltung des Ortskerns der Thurgauer Gemeinde Tobel hat Fent Solare Architektur gezeigt, dass der Bau von Plusenergiegebäuden ästhetisch möglich ist, ohne dass die Mieten explodieren. Das waren die beiden Vorgaben, unter denen die fünf neuen Mehrfamilienhäuser entwickelt wurden.

Um einen Betrieb ohne Ausstoß von Treibhausgasen zu erreichen, wurden die Hausdächer komplett mit Solarmodulen eingedeckt. Weitere Module sind an den Balkonfassaden montiert. Auf diese Weise produzieren die Häuser mehr Strom als sie – inklusive Haushaltsstrom für die Mieter – verbrauchen.

Damit dies nicht nur eine rein rechnerische Größe ist, haben sie so gebaut, dass möglichst viel Solarstrom vor Ort verbraucht wird. So treiben die Solaranlagen eine Erdsondenwärmepumpe an, die die Raumheizung in den Gebäuden übernimmt. Eine zusätzliche Luft-Wasser-Wärmepumpe liefert das Warmwasser. Auch sie nutzt den Solarstrom vom Dach und aus der Balkonbrüstung.

Zusätzlich dazu haben die Architekten die Fassade thermoaktiv hinterlüftet. Über eine Lamellenstruktur wärmt die Sonnenenergie die Frischluft für das Gebäude vor. Zusätzlich sorgt sie für ein Wärmepolster. „Wo sonst Wände von 50 Zentimetern und mehr benötigt werden, um die Vorgaben für Minergie-P zu erreichen, schaffen wir sogar bessere Dämmwerte mit 25 Zentimeter schlanken Wänden“, weiß Stefan Wyss vom Architekturbüro Fent Solare Architektur, der die fünf Gebäude entworfen und das gesamte Projekt in Tobel umgesetzt hat.

Trotz dieser eingesetzten modernen Technologie ist es gelungen, die Mieten der 32 Wohnungen bis zu 20 Prozent unter dem ortsüblichen Durchschnitt zu halten. Das liegt unter anderem an den niedrigen Betriebskosten.

www.fent-solar.com

AD2 Architekten

Architektur trifft auf Nachhaltigkeit

Mit dem neuen Unternehmenssitz des Entwicklers von Windkraftprojekten Püspök im burgenländischen Parndorf setzen die Architekten von AD2 einen neuen Maßstab. Das Gebäude ist zum einen ein ganz besonderer architektonischer Höhepunkt. Die Architekten haben den Grundriss an die Form eines Bumerangs angelehnt. Das ist die älteste Flügelart von Windrädern. So wurde das Design an das Unternehmen angepasst. Außerdem steht das Gebäude auf einem aufgeschütteten Hügel, der gleichzeitig als Empfangshalle und Erdgeschoss dient.

Das obere Stockwerk ist auf der Südost- und Südwestseite mit einer weit auskragenden Stahlkonstruktion umgeben, die mit kristallinen Solarmodulen gefüllt ist. Hier ist die Technologie zwar deutlich zu sehen. Die Architekten haben sie aber als Stilmittel eingesetzt, indem die Zellen unregelmäßig auf die Modulfläche verteilt sind. Zusammen mit Ertex Solar wurde das Moduldesign entwickelt. So sind die Paneele unten sehr dicht belegt. Damit ist der Blick auf den optisch wenig attraktiven Parkplatz versperrt. Darüber sind die Solarzellen lockerer angeordnet. So lässt die Anlage den Blick auf die Umgebung frei und das Sonnenlicht in die Arbeitsräume.

Der Solarstrom wird direkt im Gebäude verbraucht. Zum einen in den Büroräumen, zum anderen für die Wärmepumpe, die zusammen mit einer Betonkernaktivierung das Klima in den Räumen des Gebäudes auf einem angenehmen Niveau hält – sowohl im Sommer als auch im Winter. Die Solaranlagenleistung von 40 Kilowatt reicht aus, um das Gebäude klimaneutral betreiben zu können.

www.ad2-architekten.at

Im Überblick

Die Organisatoren des Symposiums:

Swissolar: www.swissolar.ch

Technologieplattform Photovoltaik: www.tppv.at

Solarchitecture: www.solarchitecture.ch

Supsi: www.supsi.ch

Energie schweiz: www.energieschweiz.ch

Tec21: www.espazium.ch/de/tec21

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