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Lithiumzellen in Deutschland gebaut

Deutschland produziert Elektroautos, aber bislang keine Batteriezellen dafür. Das soll sich nun ändern. Wissenschaftler vom ZSW haben eine Pilotanlage für automobiltaugliche Lithiumzellen gebaut. Sie läuft seit Anfang 2015.

Viele Experten halten den Zug für eine Fertigung von Lithiumzellen in Deutschland für abgefahren. Die Zellen kommen fast alle aus Asien. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, kurz ZSW, hat nun eine industrielle Pilotfertigung von Lithiumzellen für Elektroautos etabliert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte die Anlagenausrüstung mit 25,7 Millionen Euro. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg bezuschusste die Gebäudeerweiterung mit sechs Millionen Euro.

Die Pilotfertigung am ZSW belegt derzeit eine Fläche von mehr als 3.000 Quadratmetern und wird seit gut einem Jahr betrieben. Anfang 2015 starteten die Arbeiten. Die technologischen Hürden für eine kommerzielle Produktion von Batteriezellen hierzulande sind mit den Erfahrungen auf der Pilotanlagen reduziert worden. „Für Deutschland ist der Aufbau einer Produktion von automobiltauglichen Batteriezellen eine einmalige Chance, um die Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten“, sagt Werner Tillmetz, ZSW-Vorstand und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien. „Jetzt müssen noch die Hebel in der Industrie und bei den Zulieferern umgelegt werden.“

Elf Kilometer Elektrodenfolien verarbeitet

Einige Unternehmen haben das bereits erkannt und sich bei den technologischen Vorarbeiten engagiert: BASF, BMW, Daimler, Elring Klinger, Manz, Robert Bosch, Rockwood Lithium, SGL Carbon und Siemens. Die Forschungsplattform im ZSW-Labor für Batterietechnologie (E-Lab) in Ulm steht allen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zur Produktionsforschung für Batteriezellen mit fortschrittlichen Materialien und Herstellverfahren zur Verfügung.

Seit Inbetriebnahme vor einem Jahr verarbeitete das ZSW 1.300 Kilogramm an Aktivmaterialien zu Pasten, beschichtete 11 Kilometer Elektrodenfolien und assemblierte daraus weit mehr als tausend Zellen vollautomatisch. Dabei konnte die geforderte Produktionsgeschwindigkeit von einer Minute pro Zelle und die kontinuierliche Reduktion der Ausschussraten erfolgreich demonstriert werden. Um alle Anforderungen für künftige Zellen beispielsweise in Bezug auf Kapazität oder Lebensdauer erfüllen zu können, sind weitere Entwicklungsanstrengungen nötig.

Elektrofahrzeuge weltweit auf dem Vormarsch

Für die Qualifikation der Herstellprozesse verwendeten die Forscher die heute weltweit am weitesten verbreitete Materialkombination Lithium-Nickel-Mangan-Kobaltoxid (NMC)/Graphit. In neu angelaufenen und künftig geplanten Projekten werden auch fortschrittliche Materialien eingesetzt, die höhere Energiedichten und damit höhere Reichweiten der Fahrzeuge ermöglichen. Auch die Optimierung der Zellkonstruktion und der einzelnen Fertigungsprozesse sind vorgesehen.

2015 wurden mehr als 500.000 weltweit produziert. Derzeit entstehen vor allem in Asien neue Fabriken, um der stark steigenden Nachfrage der Automobilindustrie nach Batterien gerecht zu werden. Lithiumzellen sind das Herzstück von Elektroautos. Sie bestimmen die Reichweite, Sicherheit und Kosten eines E-Fahrzeuges und tragen mit bis zu 40 Prozent zur Wertschöpfung bei. (Niels H. Petersen)