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Netzdienlichkeit von Gebäuden einschätzen

Forscher des Fraunhofer ISE haben Kennzahlen entwickelt, um Gebäude inklusive aller Verbraucher und Erzeugungsanlagen hinsichtlich ihrer Netzdienlichkeit zu beschreiben. Auf den Berliner Energietagen haben sie ihr Konzept vorgestellt.

Die Forscher des Fraunhofer Instituts für Solar Energiesysteme (ISE) haben ihre Entwicklungsergebnisse mit Blick auf die Netzdienlichkeit von Gebäude vorgestellt. Dabei geht es vor allem um die Möglichkeiten des Last- und Einspeisemanagements, zu dem Gebäude fähig sind. Dazu gehört nicht nur der Stromverbrauch durch die Nutzer der Gebäude. Das ist der kleinste Teil der Last, die meist nur marginal verschoben werden kann. Der größere Teil der Last, die auch tatsächlich verschoben werden kann, betrifft die Wärme- und Kälteerzeugung. Aber auch Einspeiseanlagen sollten sich so verhalten, dass sie das Netz entlasten, statt es weiter zu belasten. Die Freiburger Forscher haben dazu eigens Kennzahlen entwickelt, die die Netzdienlichkeit von Gebäuden charakterisieren – einen absoluten und einen relativen Grid-Support-Coefficient (GSC). „Die Netzdienlichkeit macht nicht am Gebäude halt“, betonen die Freiburger Forscher. „Man kann Quartiere, Stadtteile und Regionen netzdienlich gestalten.“

Auf Signale aus dem Netz achten

Den absoluten GSC beschreiben die Freiburger Forscher als einen Wert des Strombezug, der mit einer netzbasierten Referenzgröße gewichtet ist. Solche Referenzgrößen sind unter anderem Strompreissignale. Konkret bedeutet das, wenn Erzeugungsanlagen in Gebäuden auf Preissignale vom Stromversorger und der Strombörse reagiert und die Erzeugung, Einspeisung sowie den Stromverbrauch im Gebäude entsprechend anpasst, bekommt es einen höheren absoluten GSC als Erzeugungsanlagen, die auf solche Signale nicht reagieren. Diese Anlagen erzeugen Energie, wie sie es vorher vorgegeben bekommen oder speisen sie einfach ins Netz ein, ohne Rücksicht darauf, ob auf der anderen Seite ein Bedarf besteht.

Gebäude vergleichbar machen

Der relative GSC übersetzt den absoluten GSC auf einer Skala von -100 bis +100. Dabei sind Gebäude mit Minuswerten schlecht in die Energienetze eingebunden, was die Netzdienlichkeit betrifft. Gleichzeitig beschreibt dieser Wert auch, welchen Optimierungspotenzial besteht. „Wir forschen an drei Ansätzen, um die Netzdienlichkeit von Gebäuden zu steigern“, sagt Doreen Kalz, Leiterin der Gruppe Gebäudeanalyse und Energiekonzepte am Fraunhofer ISE. „Man kann erstens zwischen unterschiedlichen Wärme- und Kälteerzeugern umschalten, zum Beispiel zwischen einer elektrischen Wärmepumpe und einer Gasbrennwerttherme. Der zweite Ansatz nutzt technische Speicher wie eine elektrische Batterie oder einen thermischen Wärmespeicher. So kann eine elektrische Wärmepumpe in Zeiten eines Stromüberangebots Wärme in einen Pufferspeicher laden. Als Drittes kann die thermische Masse des Gebäudes selbst die Wärme- oder Kältespeicherung übernehmen, indem massive Bauteile durch thermoaktive Bauteilsysteme thermisch aktiviert werden.“ Auch Photovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch können sich in Verbindung mit Großverbrauchern wie Wärmeerzeugern und Speichern netzdienlich, netzneutral oder sogar netzadvers – also entgegengesetzt zu den Anforderungen des Netzes – verhalten. Das Gebäude bekommt das als ganzes System einen höheren positiven GSC, je mehr sich die Erzeugungsanlagen netzdienlich verhalten.

Verbesserungspotenziale heben

Um ihre Kennzahlen zu testen, haben die Freiburger Forscher 52 Anlagen im Gebäudebestand ausgewertet. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Denn der Großteil der sich heute am Netz befindlichen Anlagen in Gebäuden verhalten sich netzadvers. Wenn es gut kommt, verhalten sich diese Hausanlagen netzneutral. Nur eine kleiner Teil der untersuchten Anlagen verhält sich netzdienlich. Zwei Blockheizkraftwerke haben die Freiburger Forscher näher untersucht, um diese entsprechend der Anforderungen des Netzes hin zu optimieren. Dabei konnten sie die Anlageneinbindung so weit verbessern, dass sie am Ende den rtelativen GSC von +70 erreichten. Das haben sie unter anderem geschafft, indem sie die Steuerung der Blockheizkraftwerke darauf eingestellt haben, auf die Preissignale von der Strombörse EEX zu achten und ihre Betriebsweise darauf abzustimmen. (Sven Ullrich)