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Österreich streitet um Netzausbaukosten

Der Chef der österreichischen Energieregulierungsbehörde hat angekündigt, die Betreiber von Solarstromanlagen für den Ausbau der Netze zur Kasse zu bitten. Aus der Elektro- und Solarbranche kommt heftige Kritik. Widerstand ist schon angekündigt.

In Österreich formiert sich heftiger Widerstand gegen Äußerungen des Chefs der Energieregulierungsbehörde E-Control Walter Boltz, wonach die Betreiber von Solarstromanlagen für den Netzausbau zur Kasse gebeten werden sollen. „Es kann nicht sein, dass die sauberste Art der Stromerzeugung für die jahrelangen Versäumnisse beim Netzausbau herangezogen wird“, kritisiert Joe Witke, Chef der Bundesinnung  der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker. „Während fossile und atomare Energieträger weltweit mit gigantischen Summen gestützt werden, wie ein Bericht der internationalen Energieagentur (IEA) in Paris kürzlich bewiesen hat, will Boltz in Österreich die Photovoltaik durch ungerechtgertigte Belastungen und dem Einstellen der Förderung diskriminieren. Während die Photovoltaik weltweit jährlich an Bedeutung gewinnt, würde Österreich durch das Vorhaben von Boltz von dieser Entwicklung abgekoppelt werden. Dies kostet massiv Arbeitsplätze und schmälert die Versorgungssicherheit. Österreich darf nicht in eine Energiesteinzeit verfallen“, betont Witke. Er fordert die Politik auf, dem Treiben des Regulators Einhalt zu gebieten.

Parteien sollen vor der Wahl Farbe bekennen

„Das ist grober Humbug und eine totale Wettbewerbsverzerrung“, erklärt Hans Kronberger vom Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA) mit Blick auf das Vorhaben von Boltz, die Erzeuger von Solarstrom mit einem Netzbereitstellungsentgelt zu belasten. Insgesamt will der Chef der Regulierungsbehörde von den Solaranlagenbetreibern 400 Millionen Euro eintreiben. „Der Anteil von Photovoltaikstrom liegt derzeit bei 0,6 Prozent. Atomstrom hat 5 Prozent Anteil am österreichischen Stromhandel und dafür ist kein Entgelt vorgesehen“, rechnet Kronberger vor. „Ebenso wenig für schmutzigen Strom aus Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken. Auch die Wasserkraft zahlt kein Netzentgelt.“ Der Branchenverband wird sich mit allen Mitteln zur Wehr setzen, kündigt Kronberger an. „Wir erwarten uns eine klare Antwort von allen wahlwerbenden Parteien, ob sie das Vorhaben des Regulators, nach der Wahl sauberem Sonnenstrom den Garaus zu machen, mittragen werden“, sagt der Vorstandsvorsitzende von PVA. Immerhin wählen die Bürger der Alpenrepublik am 29. September dieses Jahres einen neuen Nationalrat. „Wir wollen vor der Wahl wissen, ob unsere Politiker es ernst meinen mit der Energiewende, oder ob alles nur Heuchelei ist“, sagt der Vorstandsvorsitzende des österreichischen Branchenverbandes. Außerdem hat Photovoltaik- und Windstrom den Stromhandelspreis massiv nach unten gedrückt. „Der geplante Anschlag von Boltz betrifft daher alle Stromkunden“, betont Kronberger.

Grüne wollen eine Million Solardächer bis 2020

Auch die Umweltsprecherin der österreichischen Grünen Christiane Brunner widerspricht der Aussage von Boltz, Solarstrom würde nur die Netze belasten. „Solarstrom wird immer dann produziert, wenn der Stromverbrauch am höchsten ist, nämlich zur Mittagszeit“, erklärt sie. „Dadurch sinkt der Großhandelspreis für Strom tagsüber drastisch. Herr Boltz spricht im Interesse der großen Konzerne, die große fossile Kraftwerke betreiben. Sie fürchten die Konkurrenz von immer mehr kleinen Solaranlagen. Wer sich umweltfreundlich verhält und in eine Solaranlage investiert, soll dafür am Ende nicht auch noch Geld bezahlen müssen“, kritisiert Brunner. Die Grünen sprechen sich in ihrem Wahlprogramm für das „Eine Million Solardächerprogramm“ aus. Das bedeutet, dass bis 2020 die Zahl der Gebäude, auf denen Solaranlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung installiert sind, verdreifacht werden soll. Brunner geht aufgrund des massiven Preisrückgangs für Solarstromanlagen davon aus, dass der Eigenverbrauch bald günstiger sein wird, als des Strom aus der Steckdose zu kaufen. (Sven Ullrich)