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Gegenwind für Vertikaldreher

Vertikale Kleinwindanlagen sind bei Architekten wegen des futuristischen Designs beliebt. Bei Wirkungsgraden und Stromerträgen sieht es dagegen schlechter aus. Zudem gibt es immer wieder spektakuläre Pleiten.

Rolf Weiss hat mehr als sechs Jahre vertike Kleinwindanlagen verkauft. Seit über einem Jahr verkauft er diese Anlagen mit seiner Firma Windual nicht mehr – sondern nur noch horizontale Windanlagen. „Es sind einfach zu viele Tüftler bei den vertikalen Hersteller unterwegs“, berichtet Weiss. Zudem agierten viele der Tüftler viel zu emotional. Hersteller würden beispielsweise mit Bildern von Kindern mit Pusteblumen werben. Weiss setzt heute nur noch auf zertifizierte Leistungskurven bei Anlagen, die er vertreibt. Und die biete derzeit einfach kein vertikaler Hersteller an. Vertikaldreher haben deshalb einen zweifelhaften Ruf in der Branche.

Falsche Verkaufsargumente

„Horizontalläufer haben die Nase derzeit einfach vorn, sie sind Stand der Technik“, urteilt auch Patrick Jüttemann aus Bad Honnef. Er betreibt das Portal Klein-Windkraftanlagen.com und beschäftigt sich seit 2002 mit diesem Thema. Denn die schwächeren Wirkungsgrade und Stromerträge in Kilowattstunden von Anlagen, deren Achse vertikal dreht, blieben ein kritischer Punkt. „Das kann nur durch eine Massenfertigung und geringere Stückkosten ausgeglichen werden“, sagt Jüttemann. Eine mögliche Nische könnte es sein, die Anlage als Werbeträger zu nutzen – oder neudeutsch als Eyecatcher. „Vielen gefällt das futuristische Design“, meint er. Die Stromgestehungskosten stünden dann natürlich nicht an erster Stelle. Es wird laut Jüttemann aber dann bedenklich, wenn sich eine Anlage nicht energetisch amortisiert. „Das führe das ökologische Image ad absurdum.“

Im dicht besiedelten Wohngebiet gibt es zudem meist zu wenig Wind, beschreibt Jüttemann seine Erfahrungen. „Wenn schwache Windbedingungen herrschen, dann muss im Einzelfall ein Kleinwindrad prinzipiell in Frage gestellt werden“, sagt er weiter. Das Verkaufsargument von vertikalen Herstellern, ihre Anlage gerade in Gebieten mit wenig Wind einzusetzen, sei Augenwischerei, ärgert sich Jüttemann. Zudem stellen die Angaben mancher Anbieter eine Verbrauchertäuschung dar, weil viel zu hohe Erträge suggeriert werden. „Eine Berechnung der Jahreserträge mit im Mittel sieben Metern pro Sekunde auf einem Hausdach in Wohngebieten anzugeben, ist absolut unrealistisch“, weiß Jüttemann.

Quiet Revolution

Durch Innovationen müssen die für Vertikalläufer typischen technischen Nachteile verringert werden. Problematisch sind beispielsweise die hohen Schwingungsresonanzen. Deshalb lassen sich nur kurze Masten einsetzen. Die Höhe der Anlage ist aber durchaus entscheidend. Und weil der Mast nicht besonders lang sein darf, ist es umso wichtiger, dass das Gebäude an sich schon einige Höhenmeter aufweist. Das Image von vielen vertikalen Anlagen ist dennoch durchwachsen. Viele erreichen nicht die angekündigten Kilowattstunden. Zudem haben Pleiten von Firmen mit Zertifikaten für ihre Anlagen wie Envergate aus der Schweiz und Quiet Revolution aus London gezeigt, dass Vertikaldreher oft noch nicht marktreif sind. Derzeit sind vertikale Anlagen noch eine Nische in einem ohnehin kleinen Markt.

Im Jahr 2012 wurden im Leitmarkt Großbritannien über 3.700 Kleinwindanlagen installiert. Nur 32 darunter waren vertikale Anlagen. Es bleibt abzuwarten, welche Lösungen Startups und Forschungsreinrichtungen künftig entwickeln. Jüttemann hofft, dass künftig mal ein Technologiekonzern in die Entwicklung von Kleinwindanlagen einsteigen wird. „Das könnte spannend werden.“ (Niels Hendrik Petersen)

Den vollständigen Beitrag lesen in der Oktoberausgabe des Fachmagazins photovoltaik, das am 2. Oktober erscheint.