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Die Gebäudehülle einbeziehen

An der Einbeziehung der Gebäudehülle in das Energiesystem eines Gebäudes führt kein Weg bei der Entwicklung moderner Gebäude vorbei. Mit diesem Schwerpunkt geht heute das Energy Forum im italienischen Brixen in die neunte Runde.

Bereits zum neunten Mal treffen sich Architekten, Solarexperten und Fassadenentwickler im malerischen Brixen in Südtirol. Das zentrale Thema des Energy Forums on Advanced Building Skins ist die Möglichkeiten der Entwicklung von aktiven Gebäudehüllen. Das ist ein nächster Schritt, nachdem die passive Fassade bereits im Fokus der Architekten angekommen ist. „Es geht nicht um die Debatte, ob wir die aktive oder die passive Fassade bevorzugen, wir brauchen beide Seiten“, betont Werner Lang vom Zentrum für nachhaltige Gebäude an der Fakultät für Architektur der TU München. „Basierend auf den drei Grundlagen der Nachhaltigkeit muss ein Gebäude – neben allen anderen Aspekten – wettbewerbsfähig mit Blick auf die Investition und die Betriebskosten sein. Weiterhin muss es funktional, komfortabel und schön sein und damit die soziokulturellen Anforderungen erfüllen. Mit Blick auf die ökologischen Anforderungen muss es mindestens einen neutralen Effekt auf die Umwelt haben.“ Konkret muss der Architekt deshalb den Spagat zwischen der Optimierung des Komforts im Gebäude und dessen Aussehen sowie die Minimierung des Ressourcenverbrauchs schaffen. Das gelingt nur mit der Verwendung von erneuerbaren Energien im Gebäude. „Denn in Zukunft wird die Gebäudehülle immer mehr ein multifunktionaler Membran, der nicht nur den Komfort der Bewohner sichert, sondern auch einen entscheidenden Anteil des Energieverbrauchs des Gebäudes abdeckt“, erklärt Lang. „Gebäudeintegrierte Energiesysteme werden auf der anderen Seite das Design und die Performanz der Gebäudehülle beeinflussen als ein zentraler Teil des gesamten Energiesystems.“

Der Preis ist der nächste Schritt

Lang macht klar, dass der Weg zum Gebäude der Zukunft nicht an integrierten Systemen zur Wärme- und Stromproduktion vorbei kommt. „Die Sonne schickt uns mehr Energie, als wir in einem Gebäude verbrauchen können“, betont Lang. „Es gibt für uns Hausbauer keine Ausrede und wir können nicht einfach sagen, das reicht nicht. Wir müssen die Solarenergie im Gebäude nutzen.“ Er macht das am Beispiel der neuen Zentrale des Zentrums für Alternative Energieforschung (ZAE) in Würzburg fest. Das Gebäude wurde im Juni des vergangenen Jahres fertig gestellt und mit den neusten Technologien ausgestattet – unter anderem auch mit einer gebäudeintegrierten Photovoltaikanlage. Insgesamt produziert das Gebäude mehr Energie als es selbst verbraucht. „Es ist technologisch kein Problem mehr, ein solches Plus-Energiehaus für eine Million Euro zu bauen“, resümiert Lang. „Aber die Anbieter wollen viele solcher Häuser bauen und verkaufen. Das geht nur über einen niedrigeren Preis. Das ist die Herausforderung, vor der wir jetzt stehen und was der nächste Schritt ist.“ Das Gebäude in Würzburg hat 3.000 Euro pro Quadratmeter gekostet. „Das klingt viel. Aber normale Laborgebäude kosten schon ohne die moderne Technik schon durchschnittlich 3.500 Euro“, rechnet er vor.

Fassade nicht verschenken

Dass die Nutzung der Fassade zur Stromproduktion notwendig wird, zeigt Sara Freitas von der Universität Lissabon. Sie hat zwei konkrete Stadtviertel in der portugiesischen Hauptstadt untersucht. Dabei hat sie den Energieverbrauch und das Potenzial für Solaranlagen in den Blick genommen. „Um den Energiebedarf zu decken, reichen nur im Sommer die Dachflächen aus wenn man sie mit Photovoltaik bestückt. Doch in den Wintermonaten reichen diese nicht mehr. Dann brauchen wir die Anlagen an den Fassaden“, fasst sie ihre Ergebnisse zusammen. „Die Dachflächen sind begrenzt. Aber es sind viel mehr Fassadenflächen vorhanden. Nutzen wir sie.“

Preisgekröntes Gesamtkonzept in der Schweiz

Wie die gebäudeintegrierte Photovoltaik konkret aussehen kann, zeigen die Gebäude, die in die engere Auswahl des Architektur-Awards gekommen sind. Der Preis für herausragende gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen wird bereits zum sechsten Mal verliehen. „Im Vergleich zum Jahr 2011, als der Preis zum letzten Mal verliehen wurde, sind vor allem mehr Bewerbungen von Anlagen in Nichtwohngebäuden bei uns eingegangen“, sagt Roland Krippner von der Technischen Hochschule Nürnberg und Sprecher der Jury. „Die Bewerbungen zeigen auch immer deutlicher, dass es möglich ist, gebäudeintegrierte Anlagen in bestehende Fassaden und Dächer zu integrieren.“ Für die Jury stand bei der Auswahl nicht die Energieerzeugung im Mittelpunkt. „Vielmehr stehen die architektonischen Aspekte im Zentrum“, erklärt Fabian Flade vom Solarenergieförderverein Bayern (SEV), der den Preis stiftet und vergibt. „Es geht um Lösungen, die andere Architekten zur Nachahmung anregen können. Die Energieproduktion war nicht unwichtig, stand aber im Hintergrund.“

Futuristische Solarhülle hat überzeugt

Damit geht die Jury so an die Auswahl, wie der Architekt an die Schaffung eines modernen Gebäudes geht. Am Ende wählten die Juroren die Umweltarena im schweizerischen Spreitenbach aus den 151 eingegangenen Projekten zum Sieger. Überzeugt hatte vor allem die futuristische Solarhülle. „Sie zeigt, dass eine geometrisch komplexe Fassade auch mit Standard-Photovoltaik-Technologie realisiert werden kann“, betont Roland  Krippner. „Es geht letztlich darum, Elemente mit mehreren Funktionen auszustatten“, ergänzt René Schmid, Architekt der Umweltarena. „Diese brauchen weniger Platz, wir brauchen weniger Teile und sie produzieren weniger Kosten.“ Schmid ging es darum, ein dynamisches, natürliches und elegantes Gebäude zu schaffen. Die Dynamik wird dabei durch die Dachkonstruktion ausgedrückt. „Deshalb durfte das Gebäude nicht zu hoch werden“, erinnert sich Schmid. „Aus diesem Grund haben wir die eigentliche Arena eine Etage unter die Erde versetzt. Das Dach ist aber auch ein zentrales Designelement. Sie sollte wie ein Kristall aussehen. Das ist uns gelungen. Das Dach sollte außerdem Wetterschutz sein und gleichzeitig Strom liefern“, erklärt er die Anforderungen des Investors. Einen weiteren Preis haben die Studenten der TU Berlin und der Universität der Künste Berlin bekommen. Sie haben mit ihrem Solar-Decathlon-Pojekt Rooftop den Studentenaward des Energy Forums gewonnen.

Umzug in die Schweiz

Die Konferenz feiert im kommenden Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Dies und die herausragenden Leistungen der eidgenössischen Architekten hat das Economic Forum in München als Veranstalter dazu veranlasst, die Konferenz in die Schweiz zu verlegen. „Teil der Veranstaltung wird dann der Besuch eines der preisgekrönten Gebäude in der Schweiz sein“, erklärt Andreas Karweger, Geschäftsführer des Economic Forum. „Bisher steht noch nicht fest, wann und wo genau das nächste Energy Forum stattfindet.“ Die Details gibt der Veranstalter Ende November dieses Jahres bekannt. (Sven Ullrich)