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Ökologische Stromvermarktung endlich zulassen

Schon ein Dreiviertel Jahr wartet die Ökostrombranche auf die versprochene Verordnung zur ökologischen Direktvermarktung regenerativen Stroms. Bisher mauert aber das zuständige Bundeswirtschaftsministerium. Dabei hat das vorgeschlagene Modell gleich mehrere Vorteile sowohl für den Kunden als auch für das gesamte Energiesystem.

Ein Bündnis verschiedener Stromanbieter fordert von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), endlich die versprochene ökologische Direktvermarktung regenerativen Stroms möglich zu machen. Das Bundeswirtschaftsministerium mauert aber. Ein Dreivierteljahr nach der jüngsten EEG-Reform hat Gabriel immer noch nicht die dort vorgesehene Verordnung für ein alternatives Marktmodell erlassen.

Es soll Stromkunden ermöglichen, direkt Ökostrom aus konkreten Anlagen zu beziehen. „Der wertvolle Strom aus Windkraft- und Solaranlagen darf nicht an der Börse verramscht werden, sondern muss ohne Umwege an Kunden geliefert werden können“, fordert Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy. Neben dem Hamburger Ökostromanbieter sind auch die Elektrizitätswerke im schwäbischen Schönau (EWS), der Düsseldorfer Ökostromversorger Naturstrom und der Mannheimer Versorger MVV Energie im Bündnis vertreten. Als Verbandspartner unterstützt Clean Energy Sourcing die ökologische Direktvermarktung regenerativen Stroms. Insgesamt unterstützen inzwischen 30 Unternehmen und Verbände das von den Ökostromanbietern vorgeschlagene Grünstrommarktmodell.

Die Zeit drängt

Sie fordern, dieses Modell zu ermöglichen und die versprochene Verordnung endlich zu erlassen. „Die Zeit drängt“, betont Holger Krawinkel von MVV Energie. „Denn 2017 soll das EEG erneut reformiert werden.“ Damit ein alternatives Marktmodell überhaupt noch seine Wirkung entfalten kann müsste Gabriel jetzt endlich Farbe bekennen und die entsprechende, im EEG 2014 vorgesehene Verordnung in den nächsten Wochen unterschreiben.

Kunde will Transparenz

Das Marktmodell basiert darauf, dass die Stromkunden zertifizierten Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen von den Anbietern beziehen. Allerdings wird dieser nicht über die Börse gehandelt, wo er seinen Herkunftsnachweis verliert und als Graustrom weiterverkauft wird. Sondern er wird aus konkreten Anlagen direkt an den Kunden geliefert. Dadurch weiß dieser, konkret, woher sein Strom stammt und hat die volle Transparenz, dass er tatsächlich Strom aus erneuerbaren Energien verbraucht.

Vorteil für Systemintegration

Diese System hat mehrere Vorteile. Zum einen kann der Verbraucher klar erkennen, dass er mit echtem Grünstrom aus konkreten Anlagen beliefert wird. „Immer mehr Kunden fragen nach attraktiven und wirtschaftlichen Ökostromprodukten mit einem konkreten und transparenten Herkunftsnachweis, die sich dadurch bei der ökologischen Qualität positiv abheben“, weiß Holger Krawinkel. „Dies gilt auch für die Versorgung von großen Kundengruppen.“ Zum anderen belastet dieses Grünstromvermarktungsmodell das EEG-Konto nicht. Ein dritter Vorteil ist die bessere Systemintegration des Stroms aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Denn die Anbieter müssen den erzeugten Strom auch direkt vermarkten. Finden sie keinen Abnehmer zum Zeitpunkt der Stromerzeugung, müssen sie ihn dann an der Börse anbieten. Damit verliert der Strom wiederum nicht nur seinen grünen Herkunftsnachweis. Es werden auch Strafen fällig, die der Versorger dann für jede an der Börse vermarktete Kilowattstunde bezahlen muss.

Vorgeschlagenes Marktmodell stützt Energiewende

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag von Greenpeace Energy hat ergeben, dass auch ein Großteil der Verbraucher dieses Grünstrommarktmodell befürwortet. Immerhin geben 68 Prozent der repräsentativ befragten Bundesbürger an, dass ihr Vertrauen in die Energiewende gestärkt werden würde, wenn sie sicher wüssten, woher von ihnen bezogener Ökostrom stammt. Außerdem wollen 60 Prozent mit dem eigenen Stromtarif direkt Analgen zur Produktion regenerativen Stroms in der Region fördern können. „Beides erlaubt das Grünstrommarktmodell“, betont Tangermann. „Um die Energiewende in Deutschland zum Erfolg zu führen, ist es unabdingbar, die Akzeptanz in der Bevölkerung durch transparente Vermarktungswege zu steigern. Denn das Vertrauen in der Bevölkerung kommt nicht von selbst.“

Unternehmen fragen zertifizierten Ökostrom nach

Auch in der Industrie und im Gewerbe findet das alternative Vermarktungsmodell Anklang. Immerhin können die Unternehmen, die Ökostrom beziehen, damit ihr ökologisches Engagement noch stärker in den Vordergrund stellen. „Die Bundesregierung sollte Unternehmen eine Alternative zum Graustrombezug über die Börse eröffnen“, fordert deshalb Sebastian Bolay, Referatseiter Strommarkt und erneuerbare Energien beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Umso mehr, da mit dem Grünstrommarktmodell ein praktikables Modell für eine grüne Direktvermarktung bereits existiert. Der DIHK fordert eine schnelle Einführung einer alternativen Ökostromvermarktung, weil dieses eine direkte Grünstrombelieferung erlaubt, die für Unternehmen attraktiv ist.“

Chance für Bürgerenergie

Neben mehr Transparenz für den Verbraucher ermöglicht das Grünstrommarktmodell auch dezentrale Versorgungskonzepte. „Damit erleichtert es vor allem kleineren Akteuren der Bürgerenergie, sich weiterhin mit eigenen Projekten für Stromerzeugung, Übertragung und Versorgung an der Energiewende zu beteiligen“, sagt Thomas Banning, Vorstand von Naturstrom und des Bündnisses Bürgerenergie. „Wer Bürgerenergie will, darf nicht alles den großen Konzernen überlassen, sondern muss ökologisch ausgerichtete, regionale Versorgungskonzepte ermöglichen.“ (su)