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Gebäudeintegration: Dachdecker haben Vorbehalte

Bei Indachanlagen müssen Solarteure und Dachdecker gut kooperieren. Es gilt, die hohen Qualitätsansprüche beider Gewerke unter einen Hut zu bringen. Denn das Solardach soll möglich lange dicht sein, und möglichst viel Sonnenstrom einbringen.

Klipphausen liegt bei Wilsdruff, der westlichen Autobahnausfahrt vor Dresden, auf der A4 Richtung Erfurt und Frankfurt am Main. Dort wurde eine Indachanlage mit zehn Kilowatt installiert, auf das sanierte Dach einer alten Scheune. Der Solarteur verbaute das Easy-In-System mit Modulen von Solarwatt, bewährte Technik.

Für Dachdeckermeister Ronny Herbst war diese Installation Neuland. „Ich bin skeptisch, was die Photovoltaik betrifft“, bekennt er freimütig. „Ich bin auch Feuerwehrmann, deshalb würde ich mir so etwas niemals aufs Haus setzen.“

Der Bauherr wollte Indach

Es war der Bauherr, der die Entscheidung fällte, Strom vom Scheunendach zu ernten. Also machte sich Ronny Herbst gewohnt professionell ans Werk. Mittlerweile ist die Anlage montiert, die Zusammenarbeit mit dem installierenden SHK-Betrieb Wagner klappte reibungslos. Neben der Photovoltaik wurden auch solarthermische Kollektoren montiert.

Ronny Herbst ist Dachdeckermeister, Restaurator und Zimmermann. Wenn sich jemand auf Dächern auskennt, dann er. Es ist hilfreich zu verstehen, welche Vorbehalte die Dachdecker gegen die Photovoltaik haben.

Gute Gründe für Skepsis

Denn sie haben Gründe, die man nicht einfach vom Tisch wischen kann: „Bei Aufdachanlagen kann man kaum erkennen, ob die darunterliegenden Ziegel beschädigt sind“, nennt er ein Beispiel. „Man merkt das erst, wenn schon Nässe ins Dach eingedrungen ist.“

Zur Erläuterung: Bei Dächern mit Ziegeleindeckung oder Schiefer schlägt der Dachdecker jeden Ziegel an, macht die Klangprobe. Klingt er klar und hell, hat er höchstwahrscheinlich keine Risse. Dumpf klingende Ziegel sind vermutlich gerissen. Meist sind die feinen Haarrisse gar nicht sichtbar. „Im Winter läuft Wasser ist in diese Risse“, erklärt Ronny Herbst. „Dann zerfriert der Schiefer. Erst im Frühjahr sieht man den Schaden im Haus.“

Austausch wird teuer

Schadhafte Ziegel lassen sich durch das geübte Auge des Fachmanns bei vielen Dächern erkennen – durch einen Blick vom Boden oder aus dem Dachfenster. „Um einen schadhaften Ziegel zu wechseln, brauche ich mit Anfahrt und Ausstieg aus dem Dachfenster ungefähr eine Stunde“, rechnet der Experte vor. „Das sind 50 bis 100 Euro. Liegt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, brauche ich einen Kran, ein Gerüst und mindestens zwei Mitarbeiter, um die Module abzunehmen. Allein eine Kranstunde kostet 100 Euro. Da kommen schnell 1.000 bis 2.000 Euro zusammen.“

Auch seien die Dachhaken, die in die Lattung geschraubt werden, eine Schwachstelle im Dach. „Man braucht spezielle Durchgangsziegel oder Eindeckrahmen, die man von außen ebenfalls nicht kontrollieren kann“, sagt Ronny Herbst. „Solche Schwachstellen möchte ich als Dachdecker natürlich vermeiden.“

Bei einer Indachanlage gibt es diese Probleme nicht. Allerdings ist die genaue Abstimmung der Solarteure mit dem Dachdecker notwendig. Bei der Scheune in Klipphausen hat Ronny Herbst die Lattung erneuert, zwei Unterspannbahnen gesetzt und die Montage des Indachsystems vorbereitet. Den „Rest“ hat der Solarteur übernommen.

Fragen der Gewährleistung

Das birgt neue Probleme: Zum Beispiel muss klar sein, dass der Solarteur unter Umständen in die Gewährleistung des Dachdeckers eintritt. Um die Generatorkabel ins Gebäude zu führen, musste der Solarteur bei der Anlage in Klipphausen einen Schnitt durch die Unterspannbahn führen.

Damit griff er in das Werk des Dachdeckers ein, übernimmt die damit verbundenen Risiken. Die Kabelführung ist also besonders sorgfältig auszuführen und abzudichten, damit keine Feuchtigkeit durchdringt.

Die Abwärme aus dem Dach bringen

Ein weiteres Problem ist die Hinterlüftung der Module. In Klipphausen haben Dachdecker und Solarteur gemeinsam eine Lösung gefunden, um hinter den Modulen einen rund acht Zentimeter breiten Spalt zur Wärmeabfuhr zu gewinnen.

„Zusätzlich wurde in jedem Sparrenfeld ein Lüfter montiert, um die Abwärme abzuführen“, erläutert Ronny Herbst. „Um das Dach zu entlüften, haben wir einen Entlüftungsfirst gesetzt.“

Offen ist für ihn, wie das Material der Unterspannbahn auf die etwas höheren Temperaturen im Dach reagiert. „Wäre es nicht klüger, die Abwärme mit einem Wärmetauscher direkt von den Modulen abzunehmen und im Haus zu nutzen?“ fragt er. „Dann würde man den Wärmetauscher zum Dach mit Steinwolle dämmen, was zumindest einen gewissen Brandschutz bieten könnte. Und man könnte die Abwärme sinnvoll verwenden.“ (HS)

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Den vollständigen Report über Indachsysteme lesen Sie in der Oktoberausgabe unseres Fachmediums photovoltaik. Das Heft widmet sich gänzlich der Gebäudeintegration von Photovoltaik. Abonnenten können die Artikel auch online lesen, im Webarchiv unserer Zeitschrift. Das Heft erscheint am 18. Oktober 2017.