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Gabriels Finsternis

Sie ist ziemlich blöde, diese Phobie. Blöd im Sinne von unintelligent oder dumm. Denn nachts hat niemand Angst vorm Blackout im Netz. Eine Sonnenfinsternis ist so etwas wie eine sehr kurze Nacht: Der Mond rollt sich vor die Sonne, und mit ihm legt sich ein Dämmerschleier auf die 1,5 Millionen Solargeneratoren in Deutschland. Wenn er abzieht, geht die Sonne zum zweiten Mal auf. So einfach ist das. Sofort werden die Module wieder Strom abgeben, wie sie vorher im Ertrag abgefallen sind. Das Ergebnis: eine sanfte Delle in der Netzeinspeisung aus knapp 40 Gigawatt Gesamtleistung. Das Zittern einer Nadel in den Leitwarten der Betreiber von Kraftwerken und Stromnetzen.

Doch was für ein Hype in den Medien! So viele investigative Geister, die sich in die Brust werfen: für die Pressefreiheit, für die „vierte Gewalt“, scheinbar dem Geist der Aufklärung verpflichtet. Blablabla, alles Quatsch. Mit hochrotem Kopf wühlen sie in ihren Ängsten, fürchten: Die Photovoltaik ist anfällig, unsicher, die falsche Technologie – schon eine kleine Sonnenfinsternis bläst ihr das Licht aus! Mit dieser Botschaft wird Stimmung gemacht, werden Ängste geschürt und vertieft. Seufz! Würden sie doch einmal genau hinschauen, die hochwerten Kolleginnen und Kollegen von der Presse. Einmal wirklich ihren Job machen.

Dann wäre ihnen nämlich aufgegangen, dass die Sonnenfinsternis in Deutschland kein seltenes Naturphänomen in der dritten Märzdekade anno 2015 ist. Sondern dass sich zwischen Rhein und Neiße, zwischen Waterkant und Alpen eine totale, von Menschen verursachte Sonnenfinsternis breitgemacht hat. Die Energiekonzerne und ihre Handlanger in der Politik haben es geschafft, die hoffnungsvolle Photovoltaikbranche ins Abseits zu schieben. Mit tausenden Winkelzügen wird die Sonnenwende verkompliziert, beschnitten, unmöglich gemacht. Da sind Dunkelmänner am Werke, auch Dunkelfrauen, die sich um den Erzengel Gabriel scharen. Sie scheuen das Licht, weil sie Sonnenstrom scheuen. Sie scheuen den mündigen Bürger, der sich selbst versorgt, ohne Atommeiler und Windräder auf hoher See.

Die Angst geht um, aber es ist nicht die Angst vor der Sonnenfinsternis am 20. März. Es ist die Angst, dass keine Renditen mehr aus dem Geschäft mit Strom winken. Dass niemand mehr in einen Krieg ums Öl oder Uran ziehen wird, weil wir unsere Energie direkt von der Sonne beziehen. Nach Eon, Vattenfall und RWE werden noch ganz andere Unternehmen unter die Räder kommen, Stichwort Rüstungskonzerne. Der Untergang bedroht auch die politischen Kräfte, die mit den Konzernen verbandelt sind. Das ganze politische und ökonomische Konzept des Abendlandes gerät in den Strudel. Die ganze Korruption des politischen Systems durch die wirtschaftlichen Interessen der Konzerne.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Presse, holen wir gemeinsam die Bremser aus dem Schatten! Zerren wir sie ins Licht der Öffentlichkeit! Brecht hat gesagt: Die im Dunkeln sieht man nicht. Also lasst uns ordentlich reinleuchten, in jede schmutzige Ecke des politischen Geschäfts! Sonnenkraft statt Hannelore Kraft! Kopernikus statt Erzengel Gabriel! Damit das heliozentrische Weltbild endlich in der Politik ankommt! Schluss mit der Sonnenfinsternis über Deutschland! Oder leben wir tatsächlich hinterm Mond?