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Verbraucherschützer mit Dollars in den Augen

Ein bisschen erinnert die Pressemitteilung an die Zeiten, als der Bundesverband der Verbraucherzentralen noch vehement gegen die Photovoltaik kämpfte. Das ist nicht einmal zehn Jahre her, und damals hieß es: Die Photovoltaik ist nicht wirtschaftlich, gegen Netzstrom hat sie keine Chance. Es hat viel Mühe gekostet, den Verbraucherschützern klar zu machen, dass Äpfel nicht mit Birnen zu vergleichen sind. Dezentral erzeugter, sauberer Sonnenstrom lässt sich nicht mit schmutzigem Strom aus Kohlekraftwerken und AKW vergleichen.

Denn so einfach ist die Sache nicht. Nur den Preis pro Kilowattstunde heranzuziehen, ist nicht seriös. Verdeckte Kosten durch Emissionen, Stromnetze und Steuern sind nicht inbegriffen. Und wie – bitte schön – lässt sich Unabhängigkeit berechnen?

Ein erfreulicher Vorschlag

Natürlich freuen wir uns über den Vorschlag der Verbraucherschützer, die Dächer mit Photovoltaik vollzuknallen. Sehen wir genauso. Dass aber die Stromspeicher noch nicht wirtschaftlich seien, ist einfach übers Ziel hinaus geschossen. Daran ändert auch die Expertise der Wissenschaftler der HTW in Berlin nichts. Weil ihr Ansatz grundfalsch ist.

Fragen wir mal so: Wie wirtschaftlich ist ein Dieselfahrzeug? Wie wirtschaftlich ist ein Eigenheim? Wie wirtschaftlich ist eine Einbauküche? Für die meisten Menschen lohnen sich solche Investitionen aus rein ökonomischen Gründen überhaupt nicht. Trotzdem wollen die Leute Auto fahren, kochen und wohnen. In den eigenen vier Wänden. Warum? Um unabhängig zu sein. Um gesund zu leben.

Preise und Unabhängigkeit

Fragen wir weiter: Wie wirtschaftlich ist eine Heizungsanlage? Auch hierfür gibt es faktisch keinen Vergleichswert, aber die Leute brauchen nun mal die Wärme. Und sie wollen den Kessel im eigenen Keller haben, um unabhängig zu sein. Rechnet man die Klimafolgen der Gasthermen und Ölkessel mit ein, nebst Bergbau, Lagerung und Transport der Brennstoffe, wird sichtbar: Ihre Wirtschaftlichkeit basiert auf einer Milchmädchenrechnung. Das hat überhaupt nichts mit Ökonomie zu tun. Mit Preis, ja! Aber nicht mit Wirtschaftlichkeit!

Stromspeicher machen unabhängig, und so werden sie verkauft. Das verstehen zum Glück immer mehr Menschen, zudem gehen auch bei den Stromspeichern die Preise immer weiter nach unten. Strom zu speichern ist ebenso wenig „wirtschaftlich“ wie Strom selbst oder im Kraftwerk zu erzeugen. Elektroautos machen auch unabhängig, obwohl sie niemals wirtschaftlich sein werden. Genauso, wie Dieselautos niemals wirtschaftlich sein können. Um in der Mobilität wirtschaftlich zu sein, müsste man aufs Auto gänzlich verzichten.

Dennoch hat die Sache eine ökonomische Seite, das stimmt. Mit Photovoltaik und Netzeinspeisung kann der Nutzer den Eigenverbrauch auf 30 Prozent bringen, vielleicht 35 Prozent. Doch mit Stromspeicher kommt er auf 80 bis 85 Prozent. Das ist deutlich mehr Unabhängigkeit, die man freilich nur schwer monetarisieren kann. Siehe oben. Man könnte die Preise für die erzeugte Kilowattstunde Solarstrom mit den Preisen zur Einspeicherung und Ausspeicherung vergleichen, aber wo wird dann die Unabhängigkeit abgebildet? Womit wir wieder beim Obst wären, bei Äpfeln aus dem eigenen Garten oder Birnen aus dem Großhandel, der ja auch eine Art Netz ist.

Unwirtschaftlich durch Strafsteuern

Und: Was die Wirtschaftlichkeit von dezentralen Solarspeichersystemen tatsächlich beeinträchtigt, sind nicht in erster Linie die Preise der Stromspeicher. Sondern die EEG-Umlage, die durch hochsubventionierten Offshore-Windstrom kaum absinkt und die ab zehn Kilowatt anteilig auch für Eigenheimbesitzer fällig wird – auf selbsterzeugten und selbstverbrauchten Solarstrom, wohlgemerkt. Es sind die bürokratischen Hemmnisse für die Zähler und die Anlagensteuerungen, von der Mehrwertsteuer ganz zu schweigen.

Davon spricht die Verbraucherzentrale NRW eigentümlicher Weise nicht. Da sind einfach nur die Batteriespeicher zu teuer, obwohl das Problem eigentlich ein politisches ist: Nach wie vor wird der Eigenverbrauch von Sonnenstrom in Deutschland künstlich verteuert. Zudem wird der Netzausbau nicht an die modernen Möglichkeiten der Stromspeicher angepasst. Regierung und Netzbetreiber halten an den Stromtrassen fest, die kein Mensch mehr braucht. Wo gehen diese Kosten in die Berechnung der „Wirtschaftlichkeit“ ein?

Ein gefährlicher Eindruck

Eigentümlicher Weise beachten auch die Wissenschaftler der HTW Berlin dieses Problem überhaupt nicht. Das könnte man abtun, wenn nicht ein gefährlicher Eindruck entstünde. Offenbar kann man mit Photovoltaik wieder richtig Geld verdienen, da ist richtig Rendite drin! Es gibt genug Bremser in der Politik und den Verwaltungen, die nur auf solche Argumente lauern. Um die Förderung der Photovoltaik weiter zu kürzen, ohne die Strafsteuern und Umlagen auf den Eigenverbrauch anzutasten.

Ich bin auch Verbraucher. Ich sage: Beim Sonnenstrom geht es längst nicht mehr um die Rendite. Das haben wir hinter uns. Es geht um den Sonnenbürger, der sich unabhängig von der Bevormundung durch den Staat und die Energiekonzerne macht. Der sauberen Solarstrom nutzen will, statt Dreckstrom aus dem Netz – trotz aller Widerstände. Ich kann mir kein wirtschaftlicheres Projekt vorstellen. Nicht, wenn man Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit zusammen denkt.