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Die Rückkehr der Schläfer

Zwei Arten von Engpass

Neben den befürchteten Engpass an Solarmodulen, Wechselrichtern und Akkus tritt der Engpass an Montagekapazitäten. Wir reden hier nicht von den Montagetrupps, die die Module aufs Dach oder die Freifläche schrauben. Wir reden von den Fachhandwerkern, die die komplexen Aufträge abarbeiten und die Systemtechnik in Betrieb nehmen.

Das sind erfreuliche Nachrichten, nach dunklen Jahren der Krise. Nun endlich zeigt die Photovoltaik, was nur sie kann: Eigenverbrauch mit sauberem Strom und Unabhängigkeit von den Netzversorgern – auf jedem Dach, an jeder Fassade, auf jeder Brache. Doch anders als 2010 oder 2011 ist der Markt nicht durch die staatliche Förderung (Einspeisetarife) überhitzt. Sondern ein viel gefragtes, ökonomisches Modell bricht sich Bahn, stellt die Energieversorgung auf neue Füße. Das darf man durchaus eine Revolution nennen.

Zwei bis drei Gigawatt Zubau in diesem Jahr

In diesem Jahr wird der Zubau in Deutschland mindestens zwei Gigawatt erreichen, vielleicht werden es sogar drei Gigawatt, wie mein geschätzter Kollege Karl-Heinz Remmers prophezeit. Die Modulwerke und die Fabriken für Wechselrichter und Stromspeicher sind ausgelastet, möglicherweise steigen die Lieferzeiten an. Aber es wird keine kurzzeitige Rallye mehr geben, weil nun Angebot und Nachfrage den Markt bestimmen – und nicht mehr der Stichtag der nächsten Degressionsstufe für die Einspeisevergütung.

Preise bleiben unter Druck

Und eins sollte auch klar sein: Die Systempreise für Solargeneratoren und Stromspeicher bleiben weiterhin unter Druck. Denn noch stehen weltweit ausreichend Fertigungskapazitäten bereit, um die wachsende Nachfrage zu bedienen. Was sich gegenwärtig im deutschen (und österreichischen und schweizerischen und französischen und Benelux-Markt und so weiter) abspielt, ist global gesehen nämlich erst der Anfang.

Sehr große Märkte wie in China, auf den Philippinen oder Thailand hängen weiterhin stark von der Förderung ab. Neben Europa kann man nur in Japan und Teilen der USA kann von Eigenverbrauchsmärkten sprechen. Australien kommt, ist aber vergleichsweise klein – da dünn besiedelt. Soll heißen: Es sind ausreichend Fabriken vorhanden, um die wachsende Nachfrage zu bedienen.

Eigenverbrauch treibt die Märkte

Weil es nunmehr der Eigenverbrauch ist, der die Photovoltaik treibt, spielen die Speicherbatterien eine entscheidende Rolle. Schon werden mehr als die Hälfte aller neuen Solargeneratoren in Deutschland mit Akku installiert. Das wird in diesem Jahr auch bei den gewerblichen Anlagen kommen. Weil die die Stromspeicher die teuerste Komponente der Systeme sind, wird der Kostendruck bei ihnen besonders hoch bleiben. Und die Anforderungen an die Systemkompetenz der Installateure steigt.

Früher genügte es, die Solarmodule aufs Dach zu bringen, mit dem Wechselrichter zu verdrahten und die AC-Seite ans Stromnetz anzuschließen. Diese Zeiten sind endgültig vorbei. Die Sache wird komplizierter. Jedes Kilowatt Photovoltaik geht einher mit der Installation weiterer Komponenten: Stromspeicher, Wärmepumpen, Elektromobilität, Smart Home und so weiter. Entscheidend ist die Marge im System, nicht allein in der Photovoltaik.

Der Installateur ist der Schlüssel zum Markt

So dürfte der Marktzuwachs bei uns vor allem von der Verfügbarkeit ausreichend qualifizierter Installateure abhängen. Sie sind es, die die Komponenten bestellen und im Auftrag ihrer Kunden einbauen, egal ob Endkunden, Gewerbekunden, öffentliche Auftraggeber, Stadtwerke oder Energiekonzerne.

Deshalb werden nur die Anbieter erfolgreich sein, die sich auf die breiten Schultern ihrer Installateure stützen können. Wer in dieser Zielgruppe keine Marke aufbauen konnte oder kann oder will, hat in der Haustechnik eigentlich keine Chance. Die Photovoltaik geht – vertriebstechnisch – den gleichen Weg wie das SHK-Handwerk. Das wird die Intersolar in diesem Jahr deutlich zeigen.

Schon einmal die Finger verbrannt

Bis neue Handwerker in die Solarbranche eintreten, dürfte mindestens ein Jahr vergehen. Denn der Absturz des Marktes durch die unseligen Fehlentscheidungen der schwarz-gelben Koalition hat seinerzeit etwa drei Viertel aller Solarteure in den Abgrund gerissen. Diese Leute sind gewarnt, haben sich schon einmal die Finger verbrannt. Also werden sie abwarten, ob die Hausse nachhaltig ist und andauert.

Es ist damit zu rechnen, dass erst 2018 bislang „schlafende“ Installateure in die Photovoltaik zurückkehren oder neu eintreten. Und: Durch die Installation von Stromspeichern (zunehmend auch im gewerblichen Segment), Ladesäulen und Brennstoffzellen verschieben sich die Anforderungen an die Installateure eindeutig hin zum Elektrohandwerk. Dort konkurriert die Photovoltaik mit anderen, umsatzträchtigen Produktgruppen, die gleichfalls wachsen.

Die Marge muss stimmen

Soll der Zubau in unserer Branche weitergehen, muss die Marge im System stimmen. Und die Systeme müssen einfacher in der Adaption an die Kundenwünsche sein. Sie müssen einfacher zu installieren sein, was vor allem die Stromspeicher für größere Kapazitäten und Leistungen betrifft. Denn sie tragen den Eigenverbrauch nun auch ins Segment der gewerblichen Anlagen. Und wenn die Wirtschaft mit Hilfe der Photovoltaik Stromkosten sparen kann, wird uns das Problem der Engpässe sicher noch einige Zeit erhalten bleiben. Im positiven Sinne: Endlich scheint wieder Sonne über dem deutschen Solarmarkt!