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In Gemeinschaft speichern

Wer mag ihn sich aus dem Haushalt heutzutage noch wegdenken: den Kühlschrank. Kaum einer kann sich an Zeiten erinnern, als das Gerät, das die Österreicher Eiskasten nennen, so etwas wie ein Luxus war. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sich die wenigsten Haushalte einen eigenen Kühlschrank oder gar eine Tiefkühltruhe leisten. Aus diesem Grund entstanden in vielen, vor allem kleinen Orten gemeinschaftliche Gefrierhäuser. Sie bestanden aus einer großen Gefrieranlage mit vielen einzelnen Kühlfächern.

Ein Kühlschrank für alle

Mit den sinkenden Kosten für Gefrierschränke sind immer mehr Teilnehmer aus den Gefriergemeinschaften ausgetreten. Obwohl der gemeinsame Betrieb riesige Vorteile hat. Zum einen muss nicht jeder seinen eigenen Kühlraum vollständig selbst auf die richtige Temperatur bringen. Zum anderen sind die Stromkosten für viele einzelne Geräte in der Summe höher als für ein gemeinschaftlich betriebenes Kühlhaus. Doch der Massenkonsum hat diese Gefriergemeinschaften längst verdrängt – zumindest fast.

Im kleinen Örtchen Vorau in der Oststeiermark hat sich eine der letzten Bastionen des gemeinschaftlichen Kühlens erhalten. Nicht weil die Zeit in der malerischen Umgebung am Ostrand der Alpen stehen geblieben ist. Die Vorauer haben einfach die Vorteile erkannt, die ein solches gemeinschaftliches Projekt hat: geringe Kosten für das Einfrieren von Lebensmitteln. Um die Kosten noch weiter zu drücken, hat sich die Tiefkühlgemeinschaft etwas Besonderes einfallen lassen. Sie betreibt ihre Kühlanlagen seit Kurzem mit Solarstrom.

Kühlen mit der Sonne ist eigentlich ein Thema für heiße Länder im Süden, wo mittags die Sonne auf die Hausdächer knallt und in den Gebäuden die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen. Die gleiche Logik steckt aber auch hinter dem Projekt der Vorauer. Je stärker die Sonne auf das rote Ziegeldach des kleinen und unscheinbaren Flachbaus scheint, desto mehr Strom brauchen die Kühlanlagen, um die tiefen Temperaturen von unter minus 18 Grad zu halten. In der gleichen Zeit produziert die Solaranlage auf dem Dach üppig Strom aus den reichlich angebotenen Sonnenstrahlen.

Sonne eingefroren

Damit deckt sich das Ertragsprofil der Solaranlage perfekt mit dem Lastprofil im Gebäude. Der Eigenverbrauch der Solaranlage im Kühlhaus ist auch ohne elektrochemischen Speicher üppig.

Erreichen Eigenheime ohne Speicher eine Eigenverbrauchsquote von etwa 30 Prozent, schätzen die Planer von GAT Solar aus Stubenberg am See, dass die Tiefkühlgemeinschaft satte 90 Prozent des erzeugten Solarstroms im Gebäude nutzt. Das Unternehmen hat die Anlage ausgelegt und gebaut.

Die Anlage auf dem Kühlhaus hat eine Leistung von 6,2 Kilowatt. Damit produziert sie an warmen und sonnigen Sommertagen genügend Energie, um einen großen Teil des Strombedarfs abzudecken.

Übersteigt die Sonnenstromproduktion den Bedarf, kühlen die Anlagen die gelagerten Lebensmittel einfach noch ein paar Grad weiter herunter. Damit bleibt der Sonnenstrom direkt im Kühlgut gespeichert. In der Nacht, wenn keine Solarenergie mehr zur Verfügung steht, wird diese tagsüber im Kühlgut gespeicherte Kälte einfach genutzt.

Solarstrom auf der Bank

Auf diese Weise können die Schaltintervalle bis zum Erreichen der Einschalttemperatur für den Kältekompressor verlängert werden. Dadurch sinkt der Strombezug aus dem Netz für das Kühlhaus drastisch. Mit einem Stromverbrauch von 16.355 Kilowattstunden im Jahr ist jede Kilowattstunde des Sonnenstroms vom Dach ein echter Gewinn. Insgesamt geht die Tiefkühlgemeinschaft davon aus, dass sie etwa ein Drittel der Stromkosten jedes Jahr einspart. Allein dadurch amortisiert sich die Anlage schnell.

Ob und wann sich die Speicherung von Sonnenstrom auch im Einfamilienhaus durchsetzt, wird sich noch zeigen. Gemeinschaftlich betriebene Speicheranlagen sind aber auch auf Basis der gängigen Lithium-Ionen-Technologie ein Beitrag zur Preissenkung von gebunkertem Sonnenstrom. Wie so etwas funktionieren kann, testet gerade das Austrian Institute of Technology (AIT) zusammen mit dem Versorger und Netzbetreiber Energie Steiermark.

In Heimschuh, einer 2.000-Seelen-Gemeinde 60 Kilometer Luftlinie südlich von Vorau, hat der Grazer Energieanbieter einen großen Lithium-Ionen-Speicher mit einer Kapazität von 100 Kilowattstunden aufgebaut. Der steht nicht etwa im Keller eines Gewerbebaus, sondern in einem eigens dafür errichteten kleinen Häuschen. Energie Steiermark und das AIT haben neun Einfamilienhäuser an den Gemeinschaftsspeicher namens „Strombank“ angeschlossen.

Speicher netzfreundlich betreiben

Auf den Gebäuden ist jeweils eine Photovoltaikanlage installiert. „Wir untersuchen dabei direkte und indirekte Steuerungskonzepte für drei Anwendungsfälle auf technologischer Ebene: die optimierte Deckung des lokalen Eigenbedarfs, die Sicherstellung eines möglichst netzfreundlichen Betriebs und schließlich auch die aktive Teilnahme an Energiemärkten“, erklärt Helfried Brunner vom Energy Department am AIT das Ziel der Installation.

Die Idee hinter dem Projekt ist, dass die Solaranlagen auf den Gebäuden ihren überschüssigen Strom in den großen Speicher drücken. Das passiert in der Regel tagsüber, wenn die Bewohner der angeschlossenen Gebäude nicht zu Hause sind. Abends, wenn sie wieder zurückgekehrt sind, können sie den Strom aus dem Speicher im Haushalt nutzen.

Gemeinsam wird es billiger

Grundsätzlich unterscheidet sich dieses Prinzip, nicht von der Betriebsweise eines ganz normalen Heimspeichers, der im Einfamilienhaus im Keller steht. Doch der Vorteil am Gemeinschaftsspeicher ist, dass er größer ist.

Das Gerät in Heimschuh hat immerhin das Speichervolumen von 20 Heimspeichern. Das funktioniert wirtschaftlich, weil durch die gemeinsame Nutzung des Speichers die Investitions- und Installationskosten pro Kilowattstunde Kapazität im Vergleich zum kleinen Heimspeicher sinken.

Außerdem ist mit dem großen Speicher ein weiteres Geschäftsmodell einfacher möglich. Denn zum Test gehört neben dem lokalen Eigenverbrauch auch die Stabilisierung des Stromnetzes durch den Speicher. Hier geht es darum, dass die Batterie Strom aus dem Netz aufnimmt, wenn dort zu viel vorhanden ist.

Fehlt der Strom im Netz, speist der Speicher ein. Diese Netzdienstleistung haben bisher die großen Kraftwerke mit ihren üppigen Schwungmassen erbracht. In Zukunft fallen die aber weg. Dann müssen die Speicher einen Großteil der Netzstabilisierung übernehmen. Dazu kommt noch, dass mit der Zunahme der Einspeisung von volatil und vor allem dezentral erzeugten erneuerbaren Energien der Bedarf an netzstabilisierenden Maßnahmen weiter steigt.

Verbrauchsverhalten anpassen

Um Netzdienstleistungen zu übernehmen, müssen die Speicher aber entsprechende Kapazität in beiden Richtungen vorhalten. Die Kapazität von Heimspeichern hingegen ist so ausgelegt, dass nur wenig Platz bleibt, da bei den derzeitigen Preisen niemand Speichervolumen verschenkt. Aufgrund der niedrigeren Investitionskosten ist die Hürde bei der Verwendung gemeinschaftlich genutzter Speicher weitaus niedriger, Volumen für die Netzdienstleistungen freizuhalten.

Neben den technologischen Punkten wollen die Projektbeteiligten auch untersuchen, inwieweit sich das Verbrauchsverhalten verändert. Ziel ist es, die Bewohner der angeschlossenen Haushalte dazu zu motivieren, den Strom dann zu verbrauchen, wenn er lokal zur Verfügung steht. Denn auch mit dem großen Speicher erreichen die Hausbewohner keine komplette Autarkie. Diese Motivation soll noch mit flexiblen Tarifen unterstützt werden.

www.pvaustria.at

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