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Mal eben schnell aufs Dach

Solarreiniger leben gefährlich. In den vergangenen Jahren gab es mehrere tödliche Unfälle bei der Reinigung oder Wartung von Solaranlagen. Das lässt sich in den Unfallprotokollen der Berufsgenossenschaft nachlesen. Erst Ende März stürzte ein Reiniger in Prösen in Brandenburg durch das Dach einer Milchviehanlage zwölf Meter in die Tiefe. Der 32-Jährige erlag noch am Unfallort seinen Verletzungen. Seitdem versucht das Amt für Arbeitsschutz, den Unfallhergang zu rekonstruieren.

Während Installateure meist die grundlegenden Anforderungen an den Arbeitsschutz beachten, ist das beim Betreiber nicht immer der Fall. Er will mal kurz nachschauen, wie die Farbveränderung eines Moduls aus der Nähe aussieht. So steigt er eben schnell aufs Dach. Hier lauert vielleicht die größte Gefahr.

Aber auch der Installateur neigt dazu, bei der Besichtigung vor der Wartung etwas laxer vorzugehen als bei der Montage. Da wird gewackelt und gerüttelt, um zu schauen, ob die Gestelle noch sicher befestigt sind. Aber wird dabei auch auf Standfestigkeit, elektrische Sicherheit und Absturzsicherung geachtet? Sobald mit Material auf dem Dach gearbeitet wird, egal ob Wechselrichter, Modul, Werkzeugkoffer oder Messgerät, muss sich der Installateur sichern. Das heißt konkret: Er muss sich einhaken. Bei Wartung und Reinigung werden diese Vorschriften oft nicht beachtet.

Oft keine Revisionsgänge angelegt

Viele Unfälle entstehen durch besondere Gefährdungen, die sich aus der Art der Montage ergeben. Auf Flachdächern sind Module oft bis nah an den Rand gebaut. Es gilt die Faustregel, dass innerhalb von zwei Metern zur Dachkante akute Absturzgefahr besteht. Auch in diesem Randbereich muss sich die Wartungskraft bewegen. Bei der maximalen Belegung der Dächer werden nötige Revisionsgänge oft nicht angelegt, was später die Begehung des Daches erschwert. Wenn die Arbeiter ein Ersatzmodul mit sich tragen, kann das bei einer Böe wie ein Windsegel wirken. Ein Blitzschutz oder Blitzschutzsteine sind Stolperfallen, die leicht übersehen werden.

Ein Blick in den Wechselrichter

Auch die Inaugenscheinnahme montierter Wechselrichter kann ihre Tücken haben. Sie sollten eigentlich auf Arbeitshöhe installiert sein. Aber oft hängen die Techniker sie gerade in landwirtschaftlich genutzten Gebäuden höher, damit Lkw und Traktoren nicht aus Versehen dagegenfahren. Beim Gerätetausch oder für einen Blick ins Gerät muss ein Installateur mit einer mitunter hohen Last auf die Leiter. Auch ein relativ kleiner Werkzeugkoffer ist da schon zu viel. Denn laut Vorschrift muss der Handwerker immer zwei Hände an der Leiter haben. Beim kleinsten Wackler könnte es zum Absturz kommen. Geht es gut, fällt nur der Wechselrichter runter und der Handwerker springt im letzten Moment von der Leiter. Glück gehabt, nur der Fuß verstaucht. Auch Gutachter stehen regelmäßig vor dieser Problematik.

Eigentlich ist der Anlagenbetreiber in der Pflicht, die Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Aber oft ist er damit überfordert und schiebt die Verantwortung auf die Fachkraft ab. Frei nach dem Motto: Der wird schon wissen, was er tut.

Miteinander reden hilft

Aber genau hier ist der Punkt zum Einhaken für den Installateur oder die Servicekraft. Denn auf die Frage, was denn wirklich in solchen Situationen hilft, gibt es eine Antwort, die zwar nicht alle Probleme löst, aber doch in die richtige Richtung führt. Frank Schröter von Lebherz & Partner formuliert sie so: „Betreiber und Servicetechniker müssen miteinander reden und vernünftige Arbeitsschritte oder Vorgehensweisen diskutieren.“ Der Servicetechniker müsse den Betreiber für dieses Thema sensibilisieren. „Er kann zum Beispiel vorschlagen, dass der Wechselrichter niedriger montiert wird oder dass man nicht um acht Uhr morgens aufs Dach steigt, wenn es vielleicht noch Raureif gibt und damit erhöhte Rutschgefahr“, schlägt Schröter vor. Der Polizei zufolge ereignete sich auch der Unfall in Prösen vor acht Uhr morgens. Zudem sollten Servicekräfte bedenken, dass feuchte Photovoltaikmodule extrem glatt sein können. Deshalb sollten sie sich nicht darauf abstützen.

Preiskampf gefährdet Sicherheit

Schröter macht noch auf ein weiteres Problem aufmerksam: „Viele Installateure bieten jetzt Wartung an, um sich ein zusätzliches Standbein zu schaffen, aber auch immer mehr Unternehmen steigen bei der Reinigung ein.“ Der Preisdruck in diesem Segment habe fatale Folgen. „Die Angebote werden oft gemacht, ohne dass der Auftragnehmer die Anlage gesehen hat“, sagt er. Der Preis werde einfach pro Kilowatt berechnet. „Kommt dann die Servicekraft zur Erfüllung des Auftrages vor Ort an, findet sie Gegebenheiten vor, die besondere Maßnahmen erfordern, welche aber keineswegs mit der vereinbarten Auftragssumme abgedeckt sind“, erklärt Schröter. Gibt es zum Beispiel Lichtkuppeln, müssen diese durch Umwehrungen oder Unterfangungen gesichert werden. Platten aus Eternit, Wellblechzement oder Kunststoff brechen leicht durch: Um darauf zu arbeiten, braucht man Laufstege, die mindestens einen halben Meter breit sind. Hängt der Wechselrichter zu hoch, muss eine Arbeitsbühne her. Das geht leicht ins Geld und kostet außerdem Zeit. An beidem wird gern gespart.

Stromeinspeisung unterbrechen

Wer eine Photovoltaikanlage wartet, sollte mit der Norm VDE 0100-712 vertraut sein. Sie fordert einen Gleichstromfreischalter vor dem Wechselrichter. Mit diesem Schalter wird die Gleichstromeinspeisung am Wechselrichter unterbrochen. Aber Vorsicht: Bis zum Trennschalter liegt weiterhin die volle Gleichspannung bis zu 1.000 Volt an. Es gebe noch keine Pflicht für eine Art Notausschalter. „Aber es besteht die Möglichkeit, die Freischaltstelle möglichst nah und gut erreichbar an der Anlage anzubringen, beispielsweise auf dem Dachboden“, sagt Werner Lüth. Er ist Experte für Arbeitssicherheit beim TÜV Rheinland. Dann werde der Gleichstrom nicht erst kurz vor dem Wechselrichter, der sich meist im Keller befindet, sondern schon früher unterbrochen. Die Anlage selbst steht zwar dann immer noch unter Strom, aber die durchs Haus laufenden Leitungen nicht mehr.

Bei Installation und Wartung von Solaranlagen sind einige Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Denn: Sobald Licht vorhanden ist, liegt an der Photovoltaikanlage eine elektrische Spannung an. Deshalb sind Techniker, die bei der Wartung mit einer Photovoltaikanlage in Kontakt kommen, besonders gefährdet. Das gilt natürlich auch für die Feuerwehr bei einem Rettungseinsatz.

Der Gesetzgeber schreibt daher im Arbeitsschutzgesetz verpflichtende Sicherheitsvorkehrungen vor. „Bei Arbeiten an spannungsführenden Leitungen empfiehlt es sich immer, Isoliermatten und isoliertes Werkzeug zu nutzen“, sagt Lüth. Zudem gilt hier als oberste Regel: Freischaltungen immer erst prüfen und großzügige Sicherheitsabstände einhalten. Auch dürfen freigelegte Kabel nicht verändert oder gar als Aufstiegshilfe verwendet werden.

Die Schutzausrüstung

Unabhängig von der Konstruktion spielt bei allen Dachformen auch die Absturzgefahr eine große Rolle. Technisch kann dieses Risiko mit Geländern, Auffanggerüsten oder Auffangnetzen gesenkt werden. Falls doch etwas passiert, muss allerdings klar sein, wer die Erste Hilfe übernimmt. Der Arbeiter muss daher bei seinem Job eine Schutzausrüstung bestehend aus Auffanggurten und festem Schuhwerk mit geeigneter Sohle tragen. Zudem sollten immer zwei Arbeiter gleichzeitig auf dem Dach sein, damit einer im Fall der Fälle helfen kann.

Freiwillig ist die sogenannte Eignungsuntersuchung „Arbeiten mit Absturzgefahr“. Werner Lüth empfiehlt sie jedoch jedem, der an Photovoltaikanlagen auf Dächern arbeitet. „Unsere Arbeitsmediziner untersuchen beispielsweise Sehvermögen und Kreislauf“, sagt der TÜV-Rheinland-Experte. Zusätzlich zur Absturzgefahr spielen bei Dacharbeiten auch physikalische Einflüsse beim Einsatz von Maschinen und Werkzeug, das Wetter und Gefahrstoffe eine Rolle. Grundsätzlich gilt: Bei allen Arbeitsschritten zahlt sich eine gute Organisation aus. Sie sei das A und O für die Arbeitssicherheit, betont Lüth.

Winterdienst

Während der Wintermonate kommt ein weiteres Risiko hinzu, wenn sich auf den Solaranlagen die Schneemassen türmen. Eine Absturzsicherung für den Reiniger ist verpflichtend. Zudem muss der Bereich unterm Dach, in den der Schnee geräumt wird, abgesperrt werden. Nur so ist auszuschließen, dass jemand von den Schneemassen getroffen wird. Bei Glatteis hat dagegen niemand etwas auf einem Schrägdach verloren. Zudem sollten mit einer Eisschicht überzogene Module auf keinen Fall freigekratzt werden. Das führt nur zu Modulschäden.

Zur Unfallverhütung bei Solaranlagen gehört auch, gleich bei der Montage an die nötigen Wartungsarbeiten oder an eine Reinigung zu denken. Für ein sicheres Begehen sind die Platten und Verbindungsstege der Solaranlagen nicht geeignet. Daher sollten begehbare und durchtrittsichere Wege für die Wartungsarbeiten von vornherein mitgedacht werden.

Nicht an Dachlatten einhaken

Als Anschlagpunkte für Haltegurte scheiden Dachlatten von vornherein aus. Professionell montierte Ankerpunkte bieten den besten Schutz. Auf dem Flachdach sollte ein sogenannter Sekurant als Anschlagvorrichtung vorhanden sein, während ein Sicherheitsdachhaken auf dem Schrägdach verwendet wird. Für Beide gibt es detaillierte Einbauvorschriften, welche in der Regel vom Hersteller mitgeliefert werden. Der Sekurant beispielsweise wird auf eine Betondecke gedübelt und der Sicherheitsdachhaken mit einem vorgeschriebenen Nagelbild auf einem Dachsparren befestigt. Dieser ist für Dächer mit einer Neigung zwischen 20 und 75 Grad geeignet.

Auf Schrägdächern gibt es selten dauerhaft installierte Sicherheitsdachhaken zum Einhaken. Für eine schnelle Kontrolle extra entsprechende Vorkehrungen zu treffen, lohnt sich oft nicht. Hier sind dringend die Vorgaben zur persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz zu beachten – der Gesundheit zuliebe.

(Petra Franke, Niels Hendrik Petersen)

Absturzsicherung

Was bei der Schutzausrüstung zu beachten ist

Sicherheitsgeschirr oder die persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz dürfen nur dann verwendet werden, wenn die Erstellung eines Gerüstes oder Fangnetzes länger dauert als die durchzuführenden Arbeiten. Oder wenn eine Gerüsterstellung nicht möglich ist. Dies ist bei Reparaturen wie dem Austausch eines Modules oder der Wartung gegeben. Was zu beachten ist:

  • Sicherheitsgeschirr sichert den Mitarbeiter an kritischen Stellen, zum Beispiel bei der Entgegennahme von Modulen oder während der Anbringung von Absturzsicherungen
  • Benutzung nur nach besonderer Unterweisung der Mitarbeiter durch den Vorgesetzten durch praktische Übungen
  • Falldämpfer sind in jedem Fall Pflicht
  • Höhensicherungsgeräte können eingesetzt werden
  • Sicherstellung einer zügigen Rettung durch Unterweisung
  • Dokumentation der Maßnahmen

http://www.bgetem.de

THEMENDOSSIER

Mehr Praxis: Arbeitsschutz

Für unsere Abonnenten haben wir auf unserer Homepage ein neues Themendossier aufgebaut. Dort finden Sie weitere Informationen, die wir seit Mai 2013 über die Arbeitssicherheit bei der Installation von Photovoltaikanlagen gesammelt haben. Das Dossier wird kontinuierlich gepflegt und erweitert. Außerdem stehen Ihnen zum kostenlosen Download einige Broschüren der Berufsgenossenschaft bereit. Der Zugang ist nur für Abonnenten möglich, die sich über ihre Zugangsdaten einloggen können. Die Daten finden Sie auf dem Adressaufkleber auf Ihrem persönlichen Exemplar der photovoltaik.

http://www.photovoltaik.eu/Dossiers-Themen

In eigener Sache

Schnell ins Blatt

Auch das Titelbild unserer Augustausgabe im letzten Jahr entstand nach dem Motto: Lasst uns doch schnell noch mal aufs Dach und ein Foto machen. Bilder sind für unsere Artikel wichtig, am schönsten sind sie, wenn sie Menschen bei der Arbeit zeigen. Beim Besuch des Solarzentrums Allgäu, das Hybridmodule herstellt, kam es zu ebenjener Situation. Es sollte auch noch schnell ein Foto auf dem Dach geschossen werden. Die Marketingleiterin wurde kurzerhand in einen Overall gesteckt und aufs Dach geschickt. Ganz ohne Absturzsicherung.

In diesem Fall ging alles gut. Es gab keinen Ausrutscher oder Unfall. Als die Ausgabe erschien, erhielten wir viele kritische Reaktionen unserer Leser auf das Foto. Zu Recht. Wir nahmen diese Anrufe und Zuschriften zum Anlass, dem Thema Arbeitsschutz in dieser Serie besondere Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Elektrische Sicherheit

Fünf Sicherheitsregeln

Gemäß VDE 0105-100 gelten für die elektrische Sicherheit bei Arbeiten an stromführenden Systemen fünf Grundregeln, auf die auch die Berufsgenossenschaften immer wieder hinweisen:

  • Freischalten
  • Gegen Wiedereinschalten sichern
  • Spannungsfreiheit feststellen
  • Erden und kurzschließen
  • Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken
  • http://www.bgetem.de

    Im Überblick

    Die Serie zum Arbeitsschutz

    Teil 1: Sicherheit auf dem Dach: Januar 2014

    Teil 2: Modultransport und Montage: Februar 2014

    Teil 3: Arbeitskleidung und Witterungsschutz: März 2014

    Teil 4: Elektrische Sicherheit: April 2014

    Teil 5: Sicherheit bei Wartung und Reinigung: Mai 2014

    Abonnenten können die Beiträge nach Erscheinen im Abobereich der Website lesen und downloaden.

    http://www.photovoltaik.eu/Dossiers-Themen

    Skylotec

    Dämpfersystem bis 140 Kilogramm

    Seit Jahren werden Menschen immer größer und damit auch schwerer. Die Frage, ob Personen, deren Gewicht inklusive Ausrüstung die 100 Kilogramm Prüfgewicht der einschlägigen Fallschutznormen übersteigt, ihrer Absturzschutzausrüstung vertrauen können, gewinnt daher zunehmend an Bedeutung.

    Inzwischen wird eine zumindest optionale Prüfung mit höheren Gewichten in den Normungsgremien diskutiert. Für Produkte wie Gurte ist dies recht einfach umzusetzen: Die Gurte müssen einfach stabiler sein. Doch was nutzt der Gurt, wenn nicht die gesamte Sicherungskette für das höhere Gewicht ausgelegt ist? Und genau da wird es kompliziert: Falldämpfer sind die Elemente, die nicht nur einfach eine hohe Last aushalten müssen, sondern physikalisch die auftretende Energie so abbauen, dass der Verunfallte durch den Fangstoß oder das Anprallen an Bauteilen infolge des Fangweges nicht verletzt wird. Soll dazu ein Falldämpfer mit gleicher Grundkonstruktion für höhere Gewichte ausgelegt werden, bedeutet dies einen längeren Weg zum Kraftabbau oder bei gleichem Weg einen höheren Fangstoß. Beides ist gefährlich.

    Das Unternehmen Skylotec hat mit dem Falldämpfersystem Skysafe Pro einen normkonformen Bandfalldämpfer für Personen von 50 bis 140 Kilogramm mit einem Fangstoß unter sechs Kilonewton und einem Auffangweg von normativ maximal zulässigen 175 Zentimetern entwickelt. Möglich ist dies durch ein innovatives Dämpfersystem, welches mit zwei Dämpferbändern arbeitet und in insgesamt acht Phasen greift. Je nach Gewicht des Anwenders lösen die jeweils entsprechenden Phasen aus und sorgen so für einen moderaten Fangstoßabbau. Sowohl vor als auch nach einem dynamischen Fall ist beim Skysafe Pro eine Endfestigkeit von 22 Kilonewton gegeben. Das System erfüllt internationale Normen und übertrifft diese sogar teilweise. Es ist in insgesamt vier verschiedenen Ausführungen erhältlich und bietet so ein extrem breites Anwenderspektrum für sämtliche Arbeiten in der Höhe.

    http://www.skylotec.de

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