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BIPV: Normung macht Fortschritte

Beim BIPV-Seminar im Kloster Banz standen juristische und normative Entwicklungen im Vordergrund. Die neue EN 50583 ist fertig, zudem sorgte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für anhaltende Diskussionen.

Am Tag vor dem PV-Symposium im Kloster Banz findet traditionell ein BIPV-Seminar statt. In diesem Jahr trafen sich rund 70 Teilnehmer, um die Entwicklungen in der gebäudeintegrierten Photovoltaik (BIPV) zu diskutieren. Veranstalter war das Ostbayerische Technologietransfer-Institut (OTTI).

Seit Oktober gilt die neue Norm

Seit Oktober 2015 gilt die neue EN 50583 „Photovoltaik in Gebäuden“, die erstmals die BIPV verbindlich definiert. Demnach bezeichnet man als Photovoltaikmodule oder Photovoltaiksysteme als gebäudeintegriert, wenn sie eine Funktion des Gebäudes übernehmen. Baut man die Photovoltaikelemente aus, ist das Gebäude in seiner Funktionsweise beeinträchtig, weil das Dach oder die Fassade nicht mehr dicht sind oder der Wärmeschutz nicht mehr gewährleistet ist.

Eine Aufdachanlage hingegen ist für das Gebäude nicht essentiell, weil das Dach in seiner Funktion unberührt bleibt. In der neuen Norm sind Anforderungen an die Solarmodule sowie fünf Anwendungsbeispiele von BIPV definiert:

  • ins Schrägdach integriert, mit direktem Zugang der Gebäudenutzer zur Solaranlage,
  • ins Schrägdach integriert, ohne direkten Zugang der Gebäudenutzer zur Solaranlage,
  • vertikal (Fassade) oder horizontal (Überkopfverglasung) mit direktem Zugang der Gebäudenutzer zur Solaranlage,
  • vertikal (Fassade) oder horizontal (Überkopfverglasung) ohne direkten Zugang der Gebäudenutzer zur Solaranlage,
  • extern integrierte Systeme (vorgehängt), mit oder ohne Zugang von innen.

Vorlauf von fünf Jahren

Der EN 50583 ging eine Vorarbeit von fünf Jahren voraus. Sie konzentriert sich vor allem auf die mechanischen Anforderungen der Solarmodule und Befestigungssysteme. „Die elektrischen Anforderungen sind in den gängigen Normen (IEC 61215, 61646 und 61730) bereits gut abgedeckt“, sagte Christof Erban bei seinem Vortrag in Bad Staffelstein. „Die mechanischen Beanspruchungen werden bislang nur unzureichend erfasst und getestet.“ Ein Beispiel sei die Ermittlung der Schneelasten: In Tests müssen die Module bis zu 5.400 Pascal Schneedruck aushalten, der senkrecht auf die Modulfläche wirkt. „Am Schrägdach rutscht der Schnee jedoch ab“, erläutert Erban. „Er sammelt sich am Rahmen, der dadurch viel stärker belastet wird und sich durchbiegt oder vom Glas lösen kann.“

Die Norm besteht aus zwei Teilen: Module und Systeme. Bei den Modulen werden alle Bauarten erfasst, von Doppelglasmodulen bis zu Laminaten und Dünnschichtmodulen. Für die Systeme wurden die oben genannten fünf Einbausituationen festgelegt.

Deutsche Sonderwege sind nicht rechtskonform

Brisanz erhält diese Norm durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Herbst 2014 (EuGH vom 16. Oktober 2014, Rechtssache C-100/13). Die Richter hatten geurteilt, dass das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) und die Baubehörden die europäischen Normen nicht durch deutsche Zusatzauflagen verschärfen dürfen. Die Praxis der Allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassung durch das DIBt wurde für nichtig erklärt. Deshalb dürfte dieses Verfahren künftig keinen Bestand mehr haben. Auch die Bauregellisten widersprechen europäischem Recht. „Im Moment herrscht ein großes Chaos“, brachte es eine Teilnehmerin in der Diskussion auf den Punkt. „Alte Zulassungen gelten zwar weiterhin, aber künftig sind deutsche Sonderwege nicht mehr zulässig. Alles, was zu testen ist, muss in den europäischen Normen enthalten sein.“ (Heiko Schwarzburger)