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Unflexible fossile Kraftwerke trotz negativem Strompreis

Die Bundesnetzagentur hat einen Bericht über die sogenannte Mindesterzeugung veröffentlicht. Ergebnis: Ein Viertel der in der Spitze einspeisenden Kraftwerke reagiert demnach nicht oder kaum auf Strommarktpreise. Besserung sei kaum in Sicht.

In dem Bericht der Bonner Behörde werden Stunden mit negativen Strompreisen des zweiten Halbjahres 2015 untersucht. Negative Strompreise bedeuten, dass die Betreiber von Kernkraft-, Kohle- und Gaskraftwerken dafür gezahlt haben, dass ihnen Strom abgenommen wurde. „Etwa ein Viertel der in Deutschland in der Spitze einspeisenden Kraftwerksleistung reagiert nicht oder nur eingeschränkt auf Preise am Strommarkt“, erläutert Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Nur ein geringer Teil dieser Erzeugung sei netztechnisch erforderliche Mindesterzeugung.

In den analysierten Stunden haben 23 Gigawatt bis 28 Gigawatt konventionelle Stromerzeugung eingespeist. Nur ein kleiner Teil dieser Erzeugung ist für einen sicheren Netzbetrieb von etwa 3 bis 4,5 Gigawatt erforderlich, wie die Erbringung von Regelenergie oder Redispatch. Dieser Teil wird als Mindesterzeugung bezeichnet. Die gesamte Erzeugung schwankte zwischen 54 Gigawatt  und 63,5 Gigawatt, die erneuerbare Erzeugung aus Wind und Photovoltaik betrug zwischen 28 Gigawatt und 34,5 Gigawatt.

Technische unflexible Kraftwerke

Der überwiegende Anteil der konventionellen Stromerzeugung in den analysierten Stunden ist demnach dem konventionellen Erzeugungssockel zuzuordnen. Er beträgt zwischen etwa 19 Gigawatt und 24 Gigawatt und entfällt auf 80 bis 86,5 Prozent der Erzeugung aus konventionellen Anlagen. Diese Erzeugung scheint auf den ersten Blick nicht wirtschaftlich zu sein, da in den Kraftwerken bei der Produktion von Strom Kosten anfielen, aber keine Erlöse aus dem Verkauf erwirtschaftet wurden. Im Gegenteil, es mussten Zuzahlungen für die Abnahme von Strom geleistet werden.

Grund für diese Erzeugung sind zunächst technische Inflexibilitäten der Kraftwerke. Die Kraftwerke können für die wenigen Stunden mit negativen Großhandelspreisen nicht schnell genug herunter und anschließend wieder heraufgefahren werden. Negative Großhandelspreise sind ein Anreiz für Investitionen in Flexibilität. In den zurückliegenden Jahren sind von einigen Betreibern bereits hohe Investitionen in die Flexibilisierung ihrer Anlagen getätigt worden, weitere Investitionen der Kraftwerksbetreiber können den konventionellen Erzeugungssockel verringern. Weitere Gründe für eine Stromproduktion bei negativen Großhandelspreisen dürften ökonomische Anreize eine Rolle spielen, die stärker wirken als die Strommarktpreise. Dazu gehören zum Beispiel Wärmelieferverpflichtungen von nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz geförderten Anlagen, Anreize aus den Regelungen zum Eigenverbrauch und ein Anspruch auf Auszahlung sogenannter vermiedener Netzentgelte.

Vorrang für erneuerbare Energien im Netz nötig

Der weitaus größte Teil des konventionellen Erzeugungssockels sei netztechnisch nicht erforderlich und blockiert die Einbindung erneuerbarer Energien, sagt Harald Uphoff, kommissarischer Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). „Das Bundeswirtschaftsministerium sollte die Bundesnetzagentur dazu auffordern, den gesetzlichen Vorrang erneuerbarer Energien gegenüber den konventionellen Kraftwerken durchzusetzen, anstatt diesem Marktversagen nur zuzuschauen und Berichte zu schreiben.“

Leider mache die Bundesnetzagentur keine Vorschläge, wie der gesetzliche Einspeisevorrang Erneuerbarer Energie gegenüber konventioneller Erzeugung in der Praxis durchgedrückt werden kann. Genau das wäre jedoch Aufgabe der Bundesnetzagentur und der Netzbetreiber, kritisiert der BEE. (nhp)