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Mehr als ein Pinselstrich

Prominent schauen die Gesichter vom Laubengang der Kantonalbank in Neuchâtel. Der nichts ahnende Betrachter mag sich fragen: Wer sind die Menschen auf den Bildern? Was haben sie mit der Bank zu tun? Was steckt hinter der Installation? Die Antwort auf die letzte Frage ist schnell gegeben: Photovoltaik.

Es ist ein neues Druckverfahren, das in Neuchâtel entwickelt wurde, am Centre Suisse d‘Electronique et de Microtechnique (CSEM). Es zeigt, was mit der Photovoltaik alles möglich ist, auch wenn sie hier sozusagen in der High-end-Variante von der Fassade des Bankgebäudes prangt. (Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag auf Seite 80.) So kompliziert wollen es Architekten nur äußerst selten, und der Markt für solche Anwendungen wird wohl sehr klein bleiben.

Geringere Brechzahl genutzt

Größer hingegen ist schon jetzt die Nachfrage nach farbigen Solarmodulen, wenn Architekten auf der Suche nach Möglichkeiten sind, die Photovoltaik in ihre Fassadenentwürfe zu integrieren und die Technologie unsichtbar zu machen. Inzwischen sind viele ästhetisch anspruchsvolle Lösungen auf dem Markt, die sich den Wünschen der Architekten andienen.

Die ursprüngliche Idee war, die Wafer einzufärben und so Zellen in unterschiedlichen Farben herstellen zu können. Die Entwicklung haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) im thüringischen Jena maßgeblich vorangetrieben. Sie haben die unterschiedlichen Farben mit einer Variation der Dicke der eigentlich transparenten, leitfähigen Oxidschicht auf dem Wafer erzeugt. Diese hat eine geringere Brechzahl als Silizium. Dadurch leitet sie mehr Licht in den darunterliegenden Halbleiter und wirkt als Antireflexschicht.

Zellen einfärben

Einige Hersteller bieten solche Möglichkeiten immer noch an. „Aber das Problem ist die Farbvarianz, da muss man als Modulhersteller gut aufpassen, wenn man solche Zellen bestellt“, weiß Dieter Moor von Ertex Solar. „So ist die Farbe, in der die Zellen im Katalog abgebildet sind, nicht immer mit der gelieferten Farbe oder Struktur identisch. Damit hat der Hersteller schon mal Probleme, die Module in der geforderten Farbe zu liefern. Selbst wenn er ein Muster bestellt und so die Originalfarbe sieht, ist längst nicht garantiert, dass alle Zellen auch in der gleichen Farbe geliefert werden. Selbst ein feiner gradueller Unterschied in der Farbgebung führt dazu, dass man keine homogenen Module herstellen kann.“

Deshalb greifen die meisten Hersteller auf solche gefärbten Zellen nur noch zurück, wenn es vom Kunden ausdrücklich gewünscht ist. Auch die Möglichkeit, die Zellen mit Farbstrukturen und Mustern zu versehen, relativiert das Problem der einheitlichen Farbgebung und erzeugt optisch einen ganz besonderen Eindruck an der Fassade.

Die vierte Eigenschaft von Farbe

Eine zweite Lösung ist die Nutzung von gefärbten Folien oder Deckgläsern. Der aktuelle Trend geht aber hin zu bedruckten Modulgläsern. So hat der Modulhersteller Sunovation im hessischen Elsenfeld Glas-Glas-Module im Portfolio, die sich farblich und gestalterisch in das Gesamtbild einer vorgegebenen Fassade integrieren. „Prinzipiell sind alle Farben möglich, die sich im Vierfarb-Siebdruck erzeugen lassen“, sagt Heribert Ley, Geschäftsführer von Sunovation.

Die eingesetzten Farben sind transluzent, also teilweise lichtdurchlässig, ohne dass die darunterliegende Struktur zu sehen ist. Diese neben dem Farbton, der Sättigung und der Helligkeit vierte Eigenschaft von Farbe ist wichtig. Denn der Einsatz von opaken, also lichtundurchlässigen Oberflächen würde dazu führen, dass kein Sonnenstrahl mehr auf die unter der Farbschicht liegenden Zellen trifft.

Stromproduktion erhalten

Mit transluzenten Oberflächen bleibt aber die Möglichkeit der Stromproduktion erhalten, wenn auch etwas geringer, als wenn das Modul mit einem normalen Solarglas versehen wird. Ähnliche Druckverfahren nutzen auch andere Hersteller wie PVP Photovoltaik in Wies in der Steiermark und Megasol im schweizerischen Deitingen. Ertex Solar hat neben dem Digitaldruck auch noch Siebdruck im Portfolio, der sich vor allem für größere Stückzahlen rechnet.

Mit den Druckverfahren sind auch Bilder möglich, wie sie jetzt an der Fassade der Bank in Neuchâtel hängen, wenn auch vielleicht nicht so hoch aufgelöst wie diese. Bis die Kaleo-Drucktechnik tatsächlich am Markt ankommt, wird es wohl noch eine Weile dauern.

Wie lange der Weg aus dem Labor in die Serienfertigung ist, wissen die Entwickler von Solaxess. Sie fangen jetzt an, die Spezialfolie herzustellen, mit der in Zukunft auch weiße Module möglich werden. Das war bisher physikalisch unmöglich. Denn die Farbe ist immer der Teil des reflektierten Lichtspektrums, der nicht zur Stromproduktion verwendet werden kann. Da Weiß eine Reflexion des gesamten Lichtspektrums ist, könnte ein solches Modul niemals Strom erzeugen.

Forscher haben eine Möglichkeit gefunden. Sie greifen einfach darauf zurück, dass Weiß nur das sichtbare Lichtspektrum ist. Den infraroten Anteil hingegen sieht ohnehin niemand. Das ist auch der Anteil, der dafür verantwortlich ist, dass ein weißes Modul trotzdem Strom erzeugt.

Den Preis im Zaum halten

Wie der neue Kaleo-Druck stammt auch diese Entwicklung aus den Laboren des CSEM in Neuchâtel. Auf der Conference on Advanced Building Skins im Jahr 2014 wurde sie vorgestellt. Doch hat es weitere drei Jahre gedauert, bis die Technologie tatsächlich auf den Markt kommt. „Das Produkt selbst ist seit zwei Jahren fertig“, erklärt Peter Röthlisberger, kaufmännischer Leiter von Solaxess mit Sitz in Neuchâtel. „Wir mussten aber einen Hersteller finden, der zu einem vernünftigen Preis überhaupt die Maschine produzieren kann.“

Diese muss verschiedene, wenige Nanomillimeter dicke Schichten absolut gleichmäßig auf das hauchdünne Kunststoffsubstrat aufbringen. Das ist gar nicht so einfach. „Auf Labormaschinen mit einer Substratbreite von 0,5 Metern läuft der Prozess schon sehr gut“, sagt Röthlisberger. „Ihn jetzt auf große Maschinen aufzuskalieren und gleichzeitig die Qualität und den Preis im Zaum zu halten, diese Herausforderung haben wir auch gelöst.“

In Zukunft wird Solaxess die Spezialfolien mit einer Arbeitsbreite von 1,65 Metern herstellen. Damit sind die Schweizer in der Lage, mit ihrer Folie alle gängigen Module mit 60 Zellen zu bedecken. Die Breite kommt nicht von ungefähr. Denn Solaxess will nicht selbst fassadenintegrierte Module produzieren, sondern nur die Folie an Modulhersteller liefern.

Auf helle Farben konzentrieren

Diese kann dann mit einem einzigen weiteren Produktionsschritt relativ einfach in eine laufende Fertigung integriert werden. Der hauchdünne Folienverbund wird auf die Oberseite des Modulglases gelegt und dann einfach mit diesem verschmolzen. „Dadurch könnte der Laminierprozess etwas länger dauern“, sagt Röthlisberger.

Auf diese Weise kann jeder Modulproduzent potenziell ein weißes Solarmodul herstellen. Interessant ist die Technologie aber vor allem für die Hersteller, die ohnehin schon Fassadenmodule im Programm haben. Sie können mit der Folie problemlos eine farblich homogene Moduloberfläche anbieten, und das auch noch in extrem hellen Farben, bis hin zu Weiß.

Möglich sind im Prinzip alle Farben. „Wir konzentrieren uns auf die hellen Farben, weil es das ist, was man nicht ohne immense Verluste vollflächig drucken kann“, sagt Röthlisberger. Derzeit bieten die Schweizer deshalb neben den verschiedenen Weißstufen bis hin zum hellen Grau auch beige- und sandfarbene Folie an. In Diskussion ist, ob auch noch eine grasgrüne Folie hinzukommen kann. Die verschiedenen Farben erreicht Solaxess mit unterschiedlichem Aufbau der Schichten. Nur in ganz speziellen Fällen werden einzelne Farbpigmente beigemischt.

Hersteller testen die Folie

Sehr viele Hersteller testen derzeit die Folie schon. Es ist aber unwahrscheinlich, dass jetzt jeder Modulhersteller tatsächlich über die Produktion weißer Solarmodule nachdenkt. Denn zur Fassadenintegration gehört mehr als einfach nur Farbe. Hier gelten ganz andere Sicherheitsstandards als auf dem Dach oder auf dem freien Feld. „Zudem ist für die Modulhersteller der mentale Schritt recht groß“, weiß Röthlisberger. „Denn sie wurden in den letzten 20 Jahren auf maximale Modulleistung zu minimalen Kosten getrimmt. Wir tun aber das Gegenteil.“

Denn momentan würde die Folie den Preis eines Standard-Glas-Glas-Moduls nahezu verdoppeln. Das klingt viel. Doch entscheidend ist hier nicht der Vergleich zu anderen Modulen, sondern zu anderen Fassadenmaterialien. Wenn diese hochwertig sind, ist ein Solarmodul auch mit der Folie immer noch sehr konkurrenzfähig, weil es eben zusätzlich Strom produziert. Zudem sehen die Schweizer ein immenses Potenzial zur Kostenreduzierung um ein Drittel bis 50 Prozent innerhalb der nächsten zwei Jahre.

Aber auch die Folie sorgt für eine geringere Leistung. Peter Röthlisberger beziffert diesen Rückgang auf etwa 35 Prozent, wenn die Folie klinisch weiß ist. Wird sie dunkler, bleiben 85 Prozent der ursprünglichen Modulleistung ohne Folie übrig.

Städte weniger aufheizen

Das sind aber die Leistungseinbußen unter Standardtestbedingungen. In der Realität verhindert die helle Farbe an der Oberfläche, dass die Temperatur der Zellen darunter übermäßig ansteigt, was sich positiv auf die Leistung und die Lebensdauer des Moduls auswirkt. Zwischen zehn und 15 Prozent niedriger liegt die Abwärmeentwicklung der Zellen durch die helle Moduloberfläche – Städte werden weniger aufgeheizt.

Die Abstriche bei der Leistung muss der Architekt hinnehmen – unabhängig vom jeweiligen Druckverfahren oder anderen eingesetzten Technologien. Allerdings haben Architekten die Leistungsminderung nicht primär im Blick. Das ist eher ein Thema für den Planer der gesamten Haustechnik. „Die Leistungsausbeute wird für Architekten erst relevant, wenn das Gebäude eine Energiezertifizierung wie LEED, BREEAM DGNB oder andere erreichen soll“, weiß Heribert Ley. Für den Architekten sind die Ästhetik und der Preis zunächst viel wichtiger. Das Modul muss zum jeweiligen Ort passen – entweder homogen oder im Kontrast zu diesem Ort.

Denn neben der eigentlichen Farbe und Schichtdicke kommt es auf den optischen Gesamteindruck an. Das ist eine der Hürden, über die Architekten oder Bauherren oft nicht springen, wenn aus einem bedruckten Modul immer noch die Solarzellen schimmern.

Pop-Art-Tricks fürs Modul

Allerdings ist dies auf große Distanz nicht mehr wahrnehmbar, sondern nur, wenn der Betrachter unmittelbar davorsteht. Hier müssen die Hersteller viel Überzeugungsarbeit leisten, damit sie die Architekten auf die richtige Spur bekommen. „Das ist eine Gratwanderung“, sagt Dieter Moor von Ertex Solar. „Denn auf der einen Seite kann man mit einer dicken Schicht zwar die Technologie gut kaschieren, muss aber mit größeren Leistungseinbußen rechnen. Je dünner man die Schicht macht, desto mehr kommt aber die Solarzelle zum Vorschein.“

Hier gilt es, das richtige Maß zu finden. Ertex Solar erreicht das unter anderem mit einem feinen Raster, mit dem die Farbe auf die Moduloberfläche gedruckt wird. Dann kann durch die nicht bedruckten Stellen das Sonnenlicht auf die Zellen dringen. Je nach Wunsch des Architekten kann das Raster eher grob oder eher fein ausgelegt werden. Doch selbst die grob ausgelegten Raster überlisten das Auge, wie es der Pop-Art-Künstler Roy Lichtenstein mit seinen Bildern gemacht hat. Auch er hat diese oft nur in einem groben Raster gedruckt. In der Gesamtansicht sind diese Raster aber nicht mehr zu sehen.

Einen ähnlichen Effekt nutzt Ertex Solar auch, indem mit dem Aufdruck von Streifen oder Punkten der Blick auf der Oberfläche hängen bleibt und die darunterliegende Technologie zwar sichtbar bleibt, aber nicht mehr wahrgenommen wird. „Damit kann man den Architekten überzeugen, dass nicht zu viel Fläche und zu dick bedruckt wird, der Betrachter aber trotzdem die Solarzelle nicht wahrnimmt“, sagt Dieter Moor.

Muster lockern die Fassade auf

Dieses Problem hat Solaxess mit der Folie nicht. Sie kaschiert sicher und vollflächig die dahinterliegende Technologie. Röthlisberger merkt das ganz genau, wenn er mit Architekten spricht. „Ich gebe den Architekten ein Muster in die Hand und die meisten merken gar nicht, dass es ein Solarmodul ist, oder erst wenn sie die Anschlüsse auf der Rückseite bemerken“, berichtet er. „Dadurch sinkt ganz schnell die Hemmschwelle.“

Auf der anderen Seite sind derzeit gemusterte Oberflächen oder gar Porträts, wie sie mit einem Druck möglich sind, noch nicht drin. Genau das kann aber durchaus eine Fassade auflockern und der Architekt kann es als Stilmittel nutzen.

Eine Herausforderung müssen aber alle Hersteller meistern: die Wahrnehmung der Farben. „Das Licht wirkt immer und an jedem Ort anders“, sagt Heribert Ley von Sunovation. Soll heißen: Ein farbiges Modul nimmt der Betrachter anders wahr, wenn es an der Fassade installiert ist, als wenn er das Modul in einem künstlich beleuchteten Raum von der Nähe betrachtet. Außerdem sieht die Farbe am Morgen scheinbar anders aus als mittags oder abends, wenn die Sonne in einem anderen Winkel zum Modul steht.

Immer wieder Muster herstellen

Zudem ist Weiß nicht gleich Weiß. „Unser Weiß ist relativ kalt“, sagt Peter Röthlisberger. „Es gibt aber Architekten, die tendieren zu einem eher gelblichen und damit wärmeren Weiß oder gar zu einem Grau.“ Hier findet Solaxess genau den richtigen Ton für den Architekten oder Bauherrn.

Doch auch in Zukunft werden die Hersteller nicht darum herumkommen, eine ganze Reihe von Mustern herzustellen und sich so den ästhetischen Ansprüchen der Architekten zu nähern. Ein solches Vorgehen kennt die Glasindustrie schon seit Langem. Denn am Ende ist ein fassadenintegriertes Modul nichts anderes als ein Verbundsicherheits- oder Isolierglas, bedruckt oder anders eingefärbt, mit einem Halbleiter zwischen den Schichten und einer Anschlussdose auf der Rückseite.

www.solaxess.com

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