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AKTUELLE NEUHEITEN BEI ENERGIEMANAGERN

Energiemanager als offener Verteiler

Bei der Steuerung der Versorgung im Gebäude spielen digitale Dirigenten eine entscheidende Rolle. Sie stellen die Steuersoftware, verbinden Systeme und verteilen effektiv den Solarstrom. Ein Überblick über die wichtigsten Innovationen.

Detlef Neuhaus hält die schwarze Box wie ein kleines Schmuckkästchen. Er präsentiert das neue Energiemanagementsystem (EMS) beim 25-jährigen Firmenjubiläum Ende Oktober auf der Bühne. Wenn es nach dem Chef der Firma Solarwatt geht, soll der Energy Manager X künftig als intelligente Kommandozentrale in jedem häuslichen Domizil agieren. Wie ein Dirigent steuert er die einzelnen Komponenten einer Photovoltaikanlage, sodass möglichst viel selbst erzeugter grüner Strom vor Ort verbraucht wird.

Ohne zusätzliche Kabel ins Netzwerk

Zwei Varianten des Energy Managers hat die Dresdener Firma in petto: erstens die Plug-and-play-Lösung für Privathaushalte. Der Dirigent wird nicht mehr in den Schaltschrank integriert, sondern kann an einem beliebigen Ort im Haus untergebracht werden. Seine Funktionsweise ähnelt der eines Routers: Automatisch erkennt er alle Komponenten wie etwa Wechselrichter, Stromspeicher oder smarte Steckdosen. Schaltbare Geräte ohne eigenen Netzwerkzugang wie beispielsweise eine Wärmepumpe werden ohne zusätzliche Verkabelung ins Energienetzwerk eingebunden. Die zweite Variante soll zum Jahresende 2018 verfügbar sein. Der Energy Manager Pro wird zu einem EMS für Gewerbebetriebe weiterentwickelt.

Nicht erst seit dem Einstieg des Investors Stefan Quandt (BMW) hat Solarwatt das Thema Elektromobilität auf dem Schirm. Deshalb sind die Schnittstellen des Energy Managers offen für die große Mehrheit aller in Deutschland verbauten Ladeboxen für Stromer. Neben der direkten Anbindung zu Herstellern wie Mennekes oder Keba wird auch das typenoffene Open Charge Point Protocol, kurz OCPP, unterstützt. Der Kunde hat so auch im Falle einer Nachrüstung die Entscheidungsfreiheit. „Elektrofahrzeuge können mit Solarstrom schon für rund zehn Cent pro Kilowattstunde betankt werden. Die Kosten liegen bei nur noch einem Drittel im Vergleich zu grauem Netzstrom“, sagt Neuhaus. „Zudem sind sich Verbraucher nur hier zu 100 Prozent sicher, dass das Fahrzeug wirklich mit grünem Strom betankt wurde.“

Mehrere Ladepunkte ansteuern

Das Schweizer Technologieunternehmen Ecocoach hat auf der Intersolar in München ein neues System zur Gebäudeautomatisierung vorgestellt. Es kombiniert eine technologieoffene Smarthome-Lösung mit aktivem Energiemanagement. Erneuerbare Energien und E-Mobilität lassen sich problemlos einbinden. Das Herzstück bildet ein Lithium-Ionen-Batteriespeicher, der die Energieströme im Haus optimiert.

Das System nutzt Hardware im Industriestandard, um die Datensicherheit und die langfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen sicherzustellen. Das Ecobattery-System mit 13 bis 65 Kilowattstunden verbindet das Energiemanagement und Funktionen des Smarthomes. Die Energiezentrale lässt sich schnell installieren und ist mit allen Arten von Energieerzeugern und Verbrauchern kompatibel. Das System verfügt zudem über einen Netztrennschalter und kann bei einem Stromausfall ein gebäudeeigenes Netz mit Inselbetrieb aufbauen.

Ebenfalls im Speicherschrank befinden sich die Sensoren zur Messung der Energieströme im Haus: Der Ertrag der Photovoltaikanlage, die großen Verbraucher im Haushalt wie etwa ein Boiler und eine Ladestation für E-Mobile werden überwacht und miteinander verzahnt. „Mithilfe der offenen Ecocoach-Technologie können neue Funktionen und Energiequellen jederzeit und Stück für Stück ergänzt werden“, sagt Pirmin Reichmuth, Geschäftsführer von Ecocoach. Dass die Ersatzteile für mindestens 15 Jahre lieferbar seien, mache das System zukunftssicher.

Batterie als Puffer und Verteiler

Durch die Integration von Speicher und Ladestation sind Ladeleistungen von bis zu 25 Kilowatt möglich. Elektrofahrzeuge werden so auch ohne leistungsfähigen Hausanschluss schnell geladen. Ein besonderer Clou des Systems: Der Batteriespeicher wirkt als Leistungspuffer, auch wenn der Hausanschluss nur geringe Ladeleistungen erlaubt. Sind mehrere Ladepunkte angeschlossen, verteilt der Energiemanager die verfügbare Leistung aus dem Stromspeicher.

Eine Aus- und Nachrüstung von gemeinsam genutzten Tiefgaragen mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge ist ebenfalls möglich. Durch den Einsatz der Ecocoach-Steuerung in Verbindung mit der Smart Energy App und der Ecocoach-Abrechnungssoftware werden die Ladestationen individuell freigegeben und ihre Verbräuche individuell abgerechnet. Die Abrechnungsfunktion soll ab 2019 verfügbar sein, verspricht das Unternehmen.

Energiemanagement ist ein boomendes Geschäftsfeld: Erst Mitte Oktober ist der soziale Risikokapital-Fonds Bonventure aus München mit einer siebenstelligen Summe beim niederbayerischen Unternehmen Fenecon eingestiegen. Der Hersteller von Speichersystemen aus Deggendorf will mit dem Kapital insbesondere das Energiemanagementsystem Open EMS voranbringen.

Ein offenes Betriebssystem

Das Betriebssystem ist eine offene, sogenannte Open-Source-Lösung. Der Vorteil: Es lässt es sich jederzeit mit Apps erweitern – und kann so von allen Herstellern genutzt werden. Das ist vergleichbar mit dem Google-Betriebssystem Android, das auf vielen Smartphones installiert ist.

Der Vorteil des offenen Standards für die Kunden: Sie sind nicht mehr länger auf herstellereigene, untereinander nicht kompatible Lösungen angewiesen. Besonders wichtig ist Fenecon-Chef Franz-Josef Feilmeier, dass sein EMS Fems einfach zu bedienen ist und offene Schnittstellen für eine netzdienliche Nutzung des angeschlossenen Batteriespeichers hat.

Nach der in Deutschland geltenden Wirkleistungsbegrenzung müssen Photovoltaikanlagen mit Batteriespeicher die Wechselrichter abregeln, wenn mehr als die Hälfte der installierten Photovoltaikleistung ins Netz eingespeist wird. Mit seiner Erzeugungsprognose für Solarstrom und dem gemessenen Haushaltsverbrauch weiß der Sunny Home Manager 2.0 genau, ob er beispielsweise in der Mittagszeit abregeln muss. Denn auch wenn an sonnigen Tagen die volle Solarpower verfügbar wäre: Wenn niemand zu Hause ist, um den Strom auch zu nutzen, muss er quasi als Überschuss weggeworfen werden.

EMS steuert mit Smart-Meter-Gateway

Um den eigenen Solarstrom dennoch zu nutzen, empfiehlt es sich, den Strom in eine Batterie zu laden. Der Sunny Home Manager 2.0 von SMA sorgt dabei für den nötigen Platz in den Akkus. Anstatt die Batterie am Morgen bereits mit überschüssigem Solarstrom zu füllen, steuert der Manager den Batteriewechselrichter so, dass möglichst viel abzuregelnde Solarenergie aus der Mittagsspitze in die Batterie geladen wird. SMA koordiniert seine Produkte fürs Smarthome mit den Wärmepumpen vom Hersteller Stiebel Eltron, der Wandladestation Amtron von Mennekes sowie mit den Hausgeräten, die mit dem EEBus-Kommunikationsstandard ausgestattet sind, wie unter anderem die Hausgeräte von Bosch-Siemens.

Durch die Verbindung des EMS mit einem Smart-Meter-Gateway kann das Gateway nicht nur zur Übertragung von Verbrauchsdaten genutzt werden. Auch die Ansteuerung von Erzeugungsanlagen, Energiespeichern und Verbrauchern, beispielsweise aus den Bereichen Photovoltaik, stationäre und mobile Speicher sowie Haushaltsgeräte, kann über die sichere Infrastruktur des Gateways erfolgen. Durch die Einführung des anspruchsvollen BSI-Schutzprofils und der entsprechenden Zertifizierung profitiert die IT-Sicherheit im Smarthome insgesamt.

Redundanz bei Datensignalen

IT-Sicherheit und schnelle Datenübertragung sind auch bei Forschern des Karlsruher KIT im Fokus. Sie haben nun ein neues Kommunikationssystem für Anwendungen im Smart Grid und Smarthome getestet. Zwei bereits etablierte Kommunikationstechnologien sollten so kombiniert werden, dass jederzeit ein robuster Datenverkehr garantiert sei, sagt Friedrich Wiegel vom Institut für Automation und angewandte Informatik (IAI) am KIT.

Das neue System bringe dabei drahtlose Funktechnologien, wie sie heute in vielen Smarthome-Anwendungen eingesetzt werden, mit der sogenannten Powerline-Communication zusammen, bei der Datensignale auf die Spannung in Stromleitungen aufgespielt werden. Intelligent kombiniert könnten beide Übertragungswege Stärken nutzen und Schwächen ausgleichen, erklärt Wiegel. Neben einer größeren Ausfallsicherheit durch Redundanz sowie einem größeren Abdeckungsbereich werde die neue Methode im realen Einsatz vermutlich auch eine höhere Übertragungsrate erzielen. (Niels Hendrik Petersen)

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