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Bis zu 252 Kilometer pro Stunde

Der Kleinwindanlagenhersteller Easywind aus Nordfriesland vertreibt eine zertifizierte und sturmfeste Kleinwindanlage. In Deutschland decken vor allem Landwirte und kleine Betriebe so ihren Eigenbedarf mit Windstrom.

Das Wetter passt zur Küste. Regen, grauer Himmel und eine steife Brise. Was Touristen schreckt, ist das Lebenselixier eines Herstellers von Kleinwindanlagen. Der Firmensitz von Easywind liegt auf einem alten Gelände der Bundeswehr im nordfriesischen Sande, wenige Kilometer vor der dänischen Grenze. Wo gestern noch Munitionslager waren, soll nun ein Stück Energiezukunft wachsen. Die Unternehmen auf dem Green-Tec-Campus, so heißt das Gelände offiziell, setzen auf erneuerbare Energien, Elektromobilität und Speichersysteme.

Ab 40 Stundenkilometern volle Leistung

Vor dem Büro von Easywind dreht eine Kleinwindanlage aus dem eigenen Hause ihre Kreise. Das freut Gunnar Kaletzke sichtlich. Der Elektro-Ingenieur ist seit Februar 2013 neuer Geschäftsführer der Firma. Im Besprechungszimmer mit großem Holztisch steht ebenfalls eine Modellversion des Vierflüglers in einer Raumecke. Draußen thront die Easywindanlage, 13 Meter hoch auf einen Stahlturm geschraubt und mit Stahlseilen fixiert. Die standardmäßig installierte Anlage befindet sich in 19 Meter Höhe. „Innerhalb eines Tages ist die Anlage komplett aufgebaut“, sagt Kaletzke. Die erste sturmsichere Anlage steht bis 70 Meter pro Sekunde hart im Wind. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 252 Kilometern pro Stunde. Orkanstärke. „Die Anlage braucht ordentlich einen vor die Mütze“, verbildlicht Kaletzke. Das lohnt sich: Der doppelte Windertrag bringt immerhin die achtfache Energiemenge. Bei mehr als 40 Stundenkilometern liefert die Anlage die volle Leistung von sechs Kilowatt. Sie läuft eben „easy“, also ohne Probleme. „Easy“ ist eines von Kaletzkes Lieblingsworten.

Die erste Anlage von Easywind wird im nächsten Jahr 30 Jahre alt. Sie trägt den früheren Namen der Firma, Inventus, und steht in Troisdorf bei Köln. 2008 kaufte der aus der Großwindkraft kommende Marten Jensen die Kleinwindsparte des Unternehmens Conergy aus Hamburg, das sich damals mehr auf Photovoltaik konzentrieren wollte. Bis vor kurzem produzierte Easywind die Flügel und Hauben noch in Troisdorf. Nun soll alles zusammen auf dem alten Kasernengelände der Bundeswehr seinen Platz finden. Drei große Hallen schließen an das Bürogebäude mit Flachdach an – genug Platz ist da. Künftig entstehen hier Kleinwindanlagen „Made in Nordfriesland“.

Ein Jahr lang auf Herz und Nieren getestet

Die Anlage Easywind 6 ist in Deutschland nach der internationalen Norm IEC 61400-2 zertifiziert. Sie erfüllt damit die Voraussetzungen der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC). Denn bislang gibt es hierzulande kein eigenes Qualitätslabel für Kleinwindräder. Ein Jahr lang prüfte das Windinstitut DEWI die Anlage in Cuxhaven auf Herz und Nieren. „Die Zertifizierung hat eine Menge Geld gekostet“, sagt der drahtige Geschäftsführer. Aber sie ist wichtig, in einem Markt, in dem nur wenige seriöse Anbieter unterwegs sind. Anbieter, die in einem Jahr auf der Husum New Energy ausstellen und schon im nächsten Jahre nicht mehr existieren. „Richtet eine Anlage Schaden an, fällt das auf die gesamte Branche zurück“, ärgert sich Kaletzke. Ein Ampelsystem für die Branche würde er begrüßen. Ein grünes Licht stehe dann beispielsweise für eine zertifizierte Anlage. Und gelb für eine bereits langjährig erprobte Anlage.

Eine Feder ist das Gehirn der Easywindanlage: Das passive Pitchsystem dreht die Flügel bei starkem Wind, sodass die Fläche der Flügel immer kleiner wird, je stärker der Wind bläst. „Die Steuerung erfolgt nicht über die Drehzahl, sondern die Böe drückt auf eine Feder, die den Winkel aller vier Flügel aus dem Wind nimmt, erklärt Kaletzke. Ein einzelner Flügel wiegt immerhin 16 Kilogramm. Die Techniker stellen den Pitchregler mit einem Drehmoment exakt ein. Dabei handelt es sich um ein rein mechanisches System, ohne empfindliche Elektronik. (Niels Hendrik Petersen)

In der Novemberausgabe des Magazins photovoltaik finden Sie die komplette Reportage über den Bauer von Kleinwindanlagen Easywind.