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Systemdienstleistungen bei Erneuerbaren verbessern

Gut 150 Teilnehmer der Branche diskutierten an zwei Tagen in Berlin über die künftigen Stromnetze und die Verantwortung der Ökostromanlagen für die Systemstabilität. So wird unter anderm die Verschiebung der großen Verbrauchslasten eine wichtige Rolle spielen, um das Stromsystem flexibler auszurichten.

Mit knapp 80 Gigawatt installierter Leistung an erneuerbaren Energienanlagen von insgesamt 160 Gigawatt Leistung, stellen Ökostromanlagen bereits fast die Hälfte der Erzeugungskapazitäten. Ihr Anteil am Strommix beträgt laut aktuellen Zahlen des Branchenverbands BDEW 23,4 Prozent – Tendenz steigend. Bis 2035 sollen Erneuerbare immerhin 55 bis 60 Prozent des Strommixes stellen. „Nun kommt erst die Herausforderung“, kommentiert Philipp Strauß. Er leitet den Bereich Anlagentechnik und Verteilnetze beim Fraunhofer IWES-Institut in Kassel. Zudem ist er fachlicher Leiter der Otti-Veranstaltung „Zukünftige Stromnetze für erneuerbare Energien“.

Systemdienstleistungen müssen nun schrittweise von den Erneuerbaren übernommen werden. Nur so könne die Erzeugungsleistung aus fossilen Kraftwerken weiter gesenkt werden, die so genannte „Must-run-Kapazität“. „Um das zu erreichen, müssen wir in den Prognosen und in den Systemdienstleistungen sowie der Verwaltung dieser Dienstleistungen besser werden“, sagt Strauß. Momentan würden unnötig viele fossile Kraftstoffe verbrannt. Allerdings sei das ein Lernprozess. „Künftig müssen auch die steuerbaren Lasten von Großverbrauchern mit einbezogen werden“, erklärt Strauß.

Vorgaben zum Smart-Meter-Ausbau

Der norddeutsche Energieversorger EWE aus Oldenburg hat bereits heute teilweise 70 Prozent Erneuerbarenanteil im Netz und wendet 30 Prozent der neuen Investitionen für den Bereich Netzintegration auf. Auch mit der Lastverschiebung von privaten Verbrauchern hat EWE Netz bereits Erfahrungen gemacht: Rund zehn Prozent der Last ließe sich demnach zeitlich versetzen. Viele der privaten Beteiligten verloren jedoch nach einem Jahr das Interesse und verfolgten das Smart Meter kaum noch, resümiert Marcus Merkel, Berater des Vorstands von EWE Netz. Es fehlten neue Anreize. „Nach dem Hype kam allerdings die Ernüchterung“, sagt Merkel. Das Produkt der EWE-Box habe trotz „intensiver Werbung“ erst 150 Kunden gefunden. „Der Roll-out von Smart Meter ist gescheitert“, folgert er. Nach einer EU-Vorgabe soll bis 2020 in 80 Prozent der Haushalte ein intelligenter Zähler installiert sein.

Deutschland sehe sich immer noch als „first Mover“ beim Thema Klimaschutz, verkündete Kerstin Deller vom neu strukturierten Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, kurz BMUB. Bis 2020 würden 120 Gigawatt Ökostromanlagen am Netz sein, bei einem Bedarf zwischen 40 und 80 Gigawattstunden, gebe es immer öfter Überschussstrom. „Mehr Flexibilität im Gesamtsystem ist daher wichtig“, sagte Deller, die das Referat Forschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien im BMUB leitet. Der „Förderbereich System“ am BMUB habe 2013 immerhin 66 Projekte mit insgesamt 39 Millionen Euro gefördert, darunter innovative Vorhaben im Bereich Stromnetz und Speicher.

Akzeptanz ist entscheidend

Zudem betonten diverse Akteure die Bedeutung der Akzeptanz für den Netzausbau. „Energiewende wird es nicht ohne sichtbare Technik geben“, sagt Professor Jochen Kreusel vom Schweizer ABB-Konzern. „Das müssen wir den Menschen auch klar sagen.“

Rund 150 Vertreter der Branche trafen sich im Berliner Hilton Hotel. Unter den Teilnehmern befanden sich Netzbetreiber, Stadtwerke und Energieversorger sowie Wissenschaftler von Hochschulen und Forschungsinstituten – letztgenannte waren mit rund 40 Prozent am häufigsten vertreten. Das zeigt auch, das es noch einigen Forschungsbedarf bei den verschiedenen Themen gibt. Dabei standen sowohl die Systemintegration von Ökostrom , Versorgungssicherheit, Netzbetrieb als auch Smart Grid, Energiespeicher und ein künftiges Marktdesign sowie politische Rahmenbedingungen im Fokus. (Niels H. Petersen)