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“Lücken in der Normung schließen“

Die Verbände bereiten einen Katalog mit Schutzzielen für diese stationären Stromspeicher vor. Thomas Timke ist Experte für elektrische Energiespeicher und Batterienormung. Seit Mai 2013  ist er im Forschungsbereich Competence E am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) insbesondere für Transport- und Betriebssicherheit elektrischer Stromspeicher zuständig. Im Interview geht er auf offene Fragen ein und gibt einen Ausblick auf die weitere Debatte.

Unser Augustheft hatten wir der Sicherheit von Lithium-Ionen-Speichern gewidmet. Das ist Thema ist brandaktuell, wie die Meldungen der Feuerwehren beweisen. Laufen auch bei Ihnen Anfragen und Anregungen ein?

Thomas Timke: Gehen wir von unserer Checkliste aus, mit der das Karlsruher Institut für Technologie vor der Intersolar an die Öffentlichkeit gegangen ist. Sie hat für Aufregung gesorgt, etliche Rückfragen und Vorschläge sind bei uns zu diesem Thema eingegangen. Häufig war nicht ganz klar, dass hinter den meisten Punkten der Checkliste elektrochemische Anforderungen stehen, auch wenn sich die Liste größtenteils elektrotechnisch liest. Doch im rein elektrotechnischen Bereich, wie zum Beispiel zur Isolation oder EMV, sind die bestehenden Vorgaben überwiegend klar.

Können Sie dafür Beispiele nennen?

Lücken in der Normierung bestehen beispielsweise, wenn eine Lithium-Ionen-Zelle außerhalb ihres Betriebsfensters betrieben wurde. Dann verändert sie sich elektrochemisch, wird bei weiterem Betrieb unsicherer und kann versagen. Das betrifft die Punkte 2, 3, 4 und 6 der Checkliste, bei denen es um die Überwachung bzw. Einhaltung der zellspezifischen Betriebsfenster sowie um die Abschaltung nach Zellschädigung geht. Auch ist das Gefährdungspotenzial im Versagensfall so hoch, dass die sichere  Abschaltung mindestens die Kriterien der Einfehlersicherheit erfüllen müssten bezogen auf die Abschaltelemente und deren Ansteuerung. Das gilt für die Punkte 1, 2, 3, 5 und 7 der Liste. Diese Punkte sind für ein eigensicheres Batteriesystem wichtig. Man kann sie unter Umständen in einem Gesamtsystem mit einem Umrichter auch teilweise anders lösen.

Die redundante Abschaltung muss sowohl für DC- als auch für AC-geführte Batteriesysteme möglich sein. Gibt es an dieser Stelle einen prinzipiellen Unterschied?

Dazu hat sich eine gewisse Debatte entwickelt, bei der es hauptsächlich um eine mögliche Überladung der Batterie durch defekte Leistungshalbleiter bei DC/DC-Stellern, speziell Tiefsetzstellern, geht. Bei der redundanten Abschaltung geht es generell um eine dem Gefährdungspotential falsch betriebener Li-Ionenzellen angemessen sichere Abtrennung. Die sollte bei Systemen mit mehreren kWh Kapazität nicht auf einem einzigen Relais oder dessen Ansteuerung beruhen, schon gar nicht auf einem einzigen Halbleiterschalter. Die redundante Abschaltung von DC-geführten Batterien ist meines Erachtens unstrittig. Doch auch bei AC-gekoppelten Systemen ist die Redundanz unverzichtbar, weil die IGBTs der Umrichter die Batterie oder auch einzelne ihrer Zellen durchaus überladen können, ohne dass sie dafür gleich durchbrennen müssen. Auch in diesem Fall muss das System sicher abschalten. Überladung ist nur einer von mehreren Fehlerfällen in denen sich eine Batterie durch Abschaltung schützen können muss.

Immerhin nutzen viele Anbieter die Liste, um ihre Systeme zu überprüfen. Auch wenn es sich nicht um einen offiziellen Standard handelt...

Das stimmt. Die Checkliste war der Versuch, auf die Lücken aufmerksam zu machen und die entsprechenden Fragen zu stellen. Uns ging es darum, minimale Anforderungen zu formulieren. Es ist aber auch auffällig, dass sich einige Firmen selbst eine Punktzahl attestieren, die bei genauerer Betrachtung nicht unbedingt haltbar ist. Ebenso ist es heikel, wenn auf einigen Webseiten behauptet wird, dass Lithium-Eisenphosphat-Batterien nicht thermisch durchgehen können, also nicht durch den Thermal-Runaway-Effekt, Brand, Ausgasen  oder andere Fehler gefährdet seien und deshalb unter Umständen sogar auf notwendige Schutzmaßnahmen verzichtet werden kann. So eine Fehlinformation können Sie sogar bei Wikipedia lesen.

Die angestoßene Diskussion hat dazu geführt, dass sich nun die Verbände intensiv mit der Sicherheit der Lithium-Ionen-Speicher befassen. Wie ist der Stand in der Arbeitsgruppe?

Die verschiedenen Verbände wollen sich auf einen gemeinsamen Schutzzielkatalog einigen..  Das verleiht ihm entsprechendes Gewicht, auch wenn er keine verbindliche Norm ist. Der Katalog soll die wichtigsten Schutzziele darstellen verbunden mit Informationen, die den Stand der Technik ergänzen.

Welche sind die wichtigsten Eckpunkte des Katalogs?

Es ist ein Katalog von Schutzzielen. Seine Einhaltung kann durch Schutzmaßnahmen, die nicht vorgegeben sind, weil es verschiedene technische Lösungen gibt, erreicht werden. Der Katalog schließt bestehende Normenlücken und enthält daher neue Anforderungen, er listet nicht bestehende Normenverweise auf. Er ist eine Ergänzung zur bereits existierenden Normung und den verfügbaren Informationen, die bei Entwicklung und Betrieb von Lithium-Ionen-Batterien bei Photovoltaikanwendungen berücksichtigt werden sollten.

Das vollständige Interview lesen Sie im Oktoberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 2. Oktober 2014 erscheint.