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Bundesrat fordert umfangreiche Änderung des EEG-Entwurfs

Der Bundesrat hat umfangreiche Änderungsvorschläge für die derzeit anstehende EEG-Novelle gemacht. Es soll mehr Wert auf Akteursvielfalt und Eigenverbrauch gelegt werden. Damit legen die Länderchefs zumindest im parlamentarischen Prozess weit vor, nachdem sie bei der Kanzlerin abgeblitzt sind.

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben im direkten Gespräch mit der Bundesregierung nichts in Sachen Verbesserung des Entwurfs für die EEG-Novelle erreicht. Aber zumindest im parlamentarischen Prozess legen sie jetzt weit vor. Pünktlich zum Beginn der Beratungen zur EEG-Novelle im Bundestag verabschiedet der Bundesrat eine Stellungnahme, die es an klaren Worten nicht fehlen lässt. So kritisiert der Bundesrat, dass mit den jetzt vorgesehen Änderungen am EEG die in Paris versprochenen Klimaschutzziele überhaupt nicht erreicht werden können und die Bundesregierung hier die Energiewende sehenden Auges an die Wand fährt.

Technologiestandort Deutschland steht auf dem Spiel

Doch nicht nur die Energiewende ist in Gefahr, wenn der Bundestag tatsächlich die EEG-Novelle so beschließt, wie sie jetzt auf dem Tisch liegt. Es stehen auch Hunderttausende von Arbeitsplätzen und vor allem die technologische Kompetenz Deutschlands auf dem Spiel. „Die bereits in der Photovoltaikbranche verloren gegangene Technologieführerschaft und der massive Verlust von Arbeitsplätzen in der Photovoltaik- und Bioenergiebranche drohen nun auch in der Windenergiebranche“, warnen die Länderchefs. Sie verweisen darauf, dass im Jahr 2014 satte 350.000 Menschen im Bereich der erneuerbaren Energien beschäftigt waren. Mit dieser Zahl kann die alte Energiewirtschaft nicht mithalten.

Wirtschaftsstandort Deutschland braucht Erneuerbare

Die Energiepolitik der Bundesregierung droht damit zu industriepolitischen Desaster zu werden. Im Jahr 2014 wurden nahezu 19 Milliarden Euro in die Ökostromanlagen investiert. Dazu kommt noch, dass durch den Bau der Anlagen, der mit diesen Investitionen realisiert wurde, mehr als acht Milliarden Euro eingespart wurden, die andernfalls für Importe von Strom aus fossil betriebenen Kraftwerken hätte importiert werden müssen. „Die erneuerbaren Energien sind damit ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, betonen die Wirtschaftsminister der Bundesländer. „Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die wirtschaftliche Stärke in diesen Bereich verloren geht.“

Ausnahmen bei Ausschreibungen großzügiger regeln

Konkret fordert der Bundesrat, die EEG-Novelle derartig zu ändern, dass der in den vergangenen Jahren ins Stocken geratene Ausbau der Photovoltaik wieder forciert und die der Ausbau der Windenergie gar nicht erst gebremst wird. Letzteres sollte durch großzügigere Ausnahmen bei den Ausschreibungen sowie die Anhebungen des Zubaudeckels erreicht werden. Vor allem der zu eng definierte Begriff der Bürgerenergiegesellschaft stößt auf die Kritik des Bundesrates. Hier sollte die Teilhaberschaft an solchen Projekten auf die Grenze eines Landkreises beschränkt werden. Auch Bürger aus benachbarten Landkreisen sollten sich an solchen Projekten beteiligen können. Zumal die starre Kreisgrenze der Lebenswirklichkeit nicht gerecht wird.

Mehr Eigenverbrauch zulassen

Die Photovoltaik wieder in Schwung zu bringen, ist auch gar nicht so schwer. Vor allem müsse die Bundesregierung die Hürden für Mieterstromprojekte beseitigen, auf die der Bundesrat besonderen Wert legt, um die Energiewende endlich auch in die Städte zu bringen. Damit werde nicht nur die viel diskutierte soziale Schieflage bei der Energiewende und Entsolidarisierung zwischen Eigentümern von Gebäuden und den Mietern als Stromverbraucher weg. Die Mieterstromprojekte tragen auch zur Systemintegration und zur Akteursvielfalt bei, die dem Bundesrat offensichtlich am Herzen liegt. Um das Problem zu lösen müsste die Bundesregierung einfach nur den Begriff des Anlagenbetreibers anders formulieren und die Nutzung des Solarstroms in unmittelbarer Nähe des Generators als Eigenverbrauch zulassen.

Kein Konzept für den Kohleausstieg

Ein großer Kritikpunkt ist zudem, dass die Bundesregierung überhaupt kein Konzept hat, wie sie das Problem lösen will, dass der Kohlestrom immer noch die Netze verstopft und die erneuerbaren Energien dort zu wenig Platz finden. Zudem hat die Bundesregierung bisher nicht nachgewiesen, dass die Kosten für Redispatchmaßnahmen und das Einspeisemanagement im Jahr 2023 mehr als vier Milliarden Euro kosten soll. Das bleibt eine bloße Behauptung der Bundesregierung, die an keiner Stelle belegt ist.

Bundestag sollte Hinweise der Länder ernst nehmen

Das EEG ist allerdings kein Gesetz, dem der Bundesrat zustimmen muss. Die Länderkammer kann nur den Vermittlungsausschuss anrufen, um mit dem Bundestag zu einem Konsens zu kommen. Im Grunde ist der Bundestag aber die entscheidende Kammer. Doch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) fordert die Parlamentarier auf, die Kritik aus dem Bundesrat ernst zu nehmen. „Die Industrienation Deutschland kann sich ein Scheitern der Energiewende nicht leisten“, warnt Mario Ohoven, Präsident des BVMW. „Es sollte die Parlamentarier alarmieren, dass der Bundesrat deutliche Bedenken gegenüber dem EEG-Entwurf der Bundesregierung geäußert hat.“

Speicher nicht als Letztverbraucher behandeln

Ohoven verweist dazu auf die Hürden, die insbesondere die Eigenversorgung mit Ökostrom durch die mittelständischen Betriebe behindern. Zudem sei die Akteursvielfalt und die Speicherung von Strom für den Mittelstand von entscheidender Bedeutung. Die Akteursvielfalt darf auch durch Ausschreibungen nicht gefährdet werden, betont Ohoven mit Blick auf die Absenkung der Bagatellgrenze für Photovoltaikausschreibungen auf 750 Kilowatt Anlagenleistung. Außerdem müsse im EEG eindeutig klar gestellt werden, dass Speicher keine Letztverbraucher sind.

In diesem Punkt ist sich der Mittelstand mit dem Bundesverband Energiespeicher (BVES) einig. Dieser fordert ebenfalls, endlich das Problem zu beheben, dass Stromspeicher doppelt Netzgebühren bezahlen, wenn sie Strom aus dem Netz aufnehmen, wenn er im Überschuss vorhanden ist und dann wieder einspeisen, wenn er gebraucht wird. Dieses Problem geht die Bundesregierung mit der EEG-Novelle überhaupt nicht an, was auch der Bundesrat schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate heftig kritisiert. „Nun ist es Aufgabe der Bundesregierung, diese erneute Positionierung der Länder endlich aufzunehmen“, betont Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des BVES. (Sven Ullrich)