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Sind Stromlieferverträge das Geschäftsmodell der Zukunft?

Große Solaranlagen errichten und allein über einen Stromliefervertrag mit einem Kunden wirtschaftlich betreiben – derzeit liegen viele Hoffnungen auf diesem Geschäftsmodell. Im Interview erläutert André Hückstädt von der Umweltbank den Status Quo und die Chancen.

Power Purchase Agreements, kurz PPA, regeln den Stromvertrieb zwischen einem Erzeuger und einem Abnehmer. In der traditionellen Energiewirtschaft gehören sie zur Tagesordnung. Jetzt entdecken auch große Projektierer dieses Geschäftsmodell, um beispielsweise Photovoltaikanlagen ohne EEG-Vergütung zu bauen und wirtschaftlich zu betreiben.

Die Umweltbank ist Gastgeber einer Veranstaltung zu diesem Thema. Am 10. September 2019 findet in Nürnberg die PPA-Tagung statt. Die photovoltaik-Redaktion hat André Hückstädt von der Umweltbank gefragt, welche Chancen kleinere Projekte haben, mit diesem Modell am Markt zu agieren. André Hückstädt ist Prokurist und Leiter der Abteilung Finanzierung Energie- und Infrastrukturprojekte bei der Umweltbank.

Wie sind PPA für Projekte mit erneuerbaren Energien einzuordnen?

André Hückstädt: Das Thema ist neu und alt zugleich. Für die Erneuerbare-Energien-Branche ist es ein Hoffnungsschimmer, vom EEG losgelöst Projekte zu realisieren. Bisher ist die Zahl der tatsächlich abgeschlossenen Verträge eher gering. Weil es keine Standards gibt, tastet sich jeder individuell heran mit dem Ergebnis, dass sehr hohe Transaktionskosten entstehen, insbesondere Kosten für Rechtsanwälte. Das rechnet sich für kleinere Projekte eher nicht.

Wie geht die Umweltbank damit um?

Die Umweltbank findet das Thema interessant. Stromlieferverträge sind ja in der traditionellen Energiewirtschaft gang und gäbe. So sehen die Verträge dann auch aus, sie sind sehr umfangreich. Für die erneuerbaren Energien braucht man zusätzlich Flexibilität, auch auf Vertragsseite. Deshalb haben wir begonnen, einen Mustervertrag zu entwickeln. Wir hoffen, dass dieses Muster zu einem Marktstandard werden kann, bei dem sowohl die Interessen der Erzeuger als auch der Abnehmer berücksichtigt sind.

Wer kann zuerst dieses Modell sinnvoll anwenden?

Jetzt in der Anfangsphase profitieren davon sicher nur Großprojekte. Aber perspektivisch können auch mittlere und kleinere Projekte dieses Geschäftsmodell wirtschaftlich nutzen. Aber das sehe ich für den aktuellen Markt noch nicht. Die aktuellen Börsenstrompreise sind einfach so niedrig, dass es sich nur bei großen Volumina lohnt. Dafür braucht man extrem niedrige Errichtungs- und Betriebskosten. Das erreicht man derzeit fast nur bei großen Freiflächenanlagen.

Wie sinnvoll sind lange Laufzeiten?

Die Laufzeiten werden derzeit noch sehr lang gewählt. Aber niemand weiß, wie sich die Strompreise in den nächsten zehn Jahren entwickeln. Seriöse Prognosen sind nur für die nächsten drei bis vier Jahre zu haben. Ganz sicher werden wir eine Transformation der Stromerzeugung erleben hin zu mehr Nachhaltigkeit. Da sind Photovoltaik und Windkraft die Arbeitspferde der Zukunft. Die Frage ist dann nur, wie passt sich Angebot und Nachfrage an. Im Kern glauben wir, dass die Nachfrage nach dieser Energie nicht weniger werden wird. Wenn zusätzlich fossile Energie mit Steuern oder Abgaben belegt wird, wird das auch Folgen auf die Preisentwicklung haben und Strom aus Wind und Solar sich auf einem vernünftigen Preisniveau einpendeln.

Spricht das nicht eher für kürzere Laufzeiten?

Man braucht tatsächlich keine zehn oder 15 Jahre Vertragslaufzeiten, sondern einen vernünftigen Markt. Die nächsten fünf Jahre werden wir eine Weichenstellung bei der Energieerzeugung erleben. Dazu gehören auch der Atomausstieg und die CO2-Bepreisung. Die größte Bedrohung ist vielleicht eher eine Art Kannibalisierung durch die Entwicklung noch günstigerer Energieerzeugungsarten. Wenn neue PV-Anlagen noch günstiger produzieren können, wird das auch Folgen für ältere teurere Anlagen haben.

Banken präferieren aber doch langfristige Verträge?

Ja natürlich. Jeder hat seine Komfortzone. Bisher hatten wir den Zeithorizont von 20 Jahren Vergütung aus dem EEG. Darauf haben sich alle Banken eingestellt. Und jetzt kommt eine neue Welt, wo das nicht mehr gilt. Die Banken werden deshalb möglichst lange Laufzeiten fordern. Aber das Produkt Strom ist ein sehr universelles Produkt, das mit hoher Sicherheit langfristig genutzt wird und damit auch auf eine stetige Nachfrage trifft. Da bleibt dann nur noch die Preisfrage im Raum. Wir fordern deshalb eine Mindestlaufzeit für PPAs von fünf Jahren.

Das Gespräch führte Petra Franke.

Mehr Informationen zur Veranstaltung:

PPA als neue Säule im Ausbau der Erneuerbaren

10. September 2019, Umweltbank AG, Nürnberg