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Volle Pulle aus der Region

Ist eine Vollversorgung mit Grünstrom aus einem Kombikraftwerk möglich? Forscher beantworten diese Frage mit einem klaren Ja. Zudem können die dezentralen Generatoren auch Netzreserven beisteuern und die Versorgung stabilisieren.  

Systemleistungen für das Stromnetz können künftig auch von Ökostromquellen stammen – zumindest technisch ist das möglich. „Wenn in Zukunft erneuerbare Energien in Kombikraftwerken verknüpft und gesteuert werden, können sie zusammen mit Speichern jederzeit den Bedarf decken und für eine stabile Frequenz und Spannung im Netz sorgen“, resümiert Kurt Rohrig, stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). Unter der Federführung des IWES arbeiteten unter anderem der Deutsche Wetterdienst, der Windanlagenbauer Enercon, Wechselrichterhersteller SMA, das Solarunternehmen Solarworld und der Siemens-Konzern an dem ambitionierten Vorhaben mit. Das Budget in den drei Jahren belief sich auf insgesamt rund drei Millionen Euro, wobei das Bundesumweltministerium das Projekt mit 1,8 Millionen Euro förderte. Die beteiligten Unternehmen gaben immerhin 1,2 Millionen Euro dazu.

Die Partner des Forschungsprojekts Kombikraftwerk 2 haben die Ergebnisse ihrer dreijährigen Arbeit im Dezember 2013 vorgestellt. Sie schlossen diverse Ökostromanlagen zu einem sogenannten virtuellen Kraftwerk zusammen und steuern diese nun zentral von einer Leitwarte in Kassel aus. Ein übertragener Feldtest zeigte unter Echtzeitbedingungen, dass Erneuerbare bereits heute Regelenergie und weitere Systemdienstleistungen wie Blindleistungen für das Stromnetz zur Verfügung stellen können.

Die derzeitige Achillesferse: Ein Back-up-System von fossilen Kraftwerken ist weiter nötig. Um die nötigen Leistungsreserven vorzuhalten, fahren die Wissenschaftler in dem Szenario Windkraftanlagen über die Rotorstellung gedrosselt und können die Photovoltaikanlagen über die Wechselrichter abregeln. Die Simulationen zeigen, dass ein Kombikraftwerk aus erneuerbarer Erzeugung, Gasturbinen und Speichern innerhalb von Sekunden die nötige Leistung liefern kann. Später könnte die Leistung von Gasturbinen auch von Bioenergie- und Methankraftwerken erbracht werden – und somit aus erneuerbaren Quellen kommen. Der Anteil von erneuerbaren Energien bezogen auf die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität macht insgesamt erst zehn Prozent aus. Auch wenn der Ökostromanteil im Strommix bereits im vergangenen Jahr bei 22 Prozent lag.

133 Gigawatt Photovoltaikleistung

Der virtuelle Energiemix des Forschungsprojekts sieht etwas anders aus: 60 Prozent Windenergie, ein Fünftel Photovoltaik, je ein Zehntel Bioenergie und Geothermie. Angenommen werden 87 Gigawatt Onshore- und 40 Gigawatt Offshore-Windleistung. Bei Photovoltaik sind es sogar 133 Gigawatt installierte Solarpower. Zum Vergleich: Derzeit sind in Deutschland 35 Gigawatt Photovoltaik am Netz. Zudem unterstellten die Forscher den heutigen Stromverbrauch von 532 Terawattstunden, hinzu kommen allerdings Speicherverluste von 69 Terawattstunden.

Dass die Vollversorgung mit Ökostrom technisch möglich ist, freut alle Beteiligten. Doch rechnet sich das auch? Peter Ritter von der Firma Cube Engineering aus Kassel hat sich deshalb im Rahmen des Projekts mit ökonomischen Modellen beschäftigt. Im Prinzip sieht Ritter unseren Nachbarn im Norden als ein mögliches Beispiel. In Dänemark gibt es bei dem Regelenergiemarkt einen zusätzlichen innertägigen Markt für die Arbeit, also die produzierten Kilowattstunden, ergänzend zu dem für Leistung. Auch ein hoher Anteil von flexiblen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) mit großen Wärmespeichern wie in Dänemark sei hilfreich, so Ritter.

Eine 14-tägige Windflaute im Winter mit bewölktem Himmel sei allerdings nicht mehr durch kurzfristige Speicher zu decken. Power to Gas, also die Speicherung von Ökostrom in Form von erneuerbarem Wasserstoff oder auch die anschließende Reaktion von Wasserstoff mit Kohlendioxid zu Methan, könnte dafür eine Lösung bieten. Das Erdgasnetz in Deutschland besitzt eine gut ausgebaute Infrastruktur und kann eine enorme Menge an Ökostrom von bis zu 120 elektrischen Terawattstunden aufnehmen. „Besser wäre es dann natürlich, das erneuerbare Gas nicht nur zurückzuverstromen, sondern als Kraftstoff in Fahrzeugen oder zum Heizen in KWK oder Gaskesseln einzusetzen“, erklärt Ritter. Wenig Sinn mache auch die regionale Optimierung für einzelne Städte oder Kommunen oder gar jedes Haus und Unternehmen, sagt Ingenieur Ritter. Ein besserer Ausgleich der Erzeugung und des Verbrauchs ergebe sich automatisch, wenn ein System über ein größeres Gebiet wie Deutschland oder sogar Europa optimiert werde. (Niels Hendrik Petersen)

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Januarausgabe der photovoltaik, die am 9. Januar 2014 erscheint.