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S wie Sicherheit, S-Klasse oder S-Energy

Es besteht Brandgefahr, also Gefahr für Leib und Leben. Brände verursachen können auch die Solarmodule des koreanischen Herstellers S-Energy. Der Fall liegt etwas anders als beim Hersteller der S-Klasse: Es geht um Solarmodule aus den Jahren 2011 und 2012, möglicherweise sind auch Module aus 2009 und 2010 betroffen. Damals wurden Paneele mit unsauber gelöteten Zellstrings und Anschlüssen ausgeliefert.

Pah, kann man sagen, ist doch Pillepalle – im Vergleich zu den teuren Boliden von Mercedes. Ist es eben nicht: Denn an den Lötstellen bilden sich Hotspots aus, die durch die Rückseitenfolie schmoren. So wurden bereits einige Solaranlagen stillgelegt, weil unter den Dächern leicht brennbare Substanzen lagern: Getreide oder Maschinen. 200 Kilowatt – eben mal so stillgelegt. Und das nicht nur bei einer Anlage.

Koreaner sitzen die Sache aus

Anders als Mercedes sitzt S-Energy die Sache bislang aus. Ausreichend Gutachten wurden geschrieben, monatelang liefen E-Mails zwischen den deutschen Installateuren, den deutschen Betreibern und der Unternehmenszentrale in Korea hin und her. Allein: Es passiert kaum etwas. Nur sehr zögerlich schicken die Koreaner ein paar reparierte Module, von denen manche zwei Wochen später erneut repariert werden müssen. Die Kunden bleiben auf dem Schaden sitzen: Ertragsausfälle, Inspektionen, Demontage schadhafter Module, Remontage von reparierten Paneelen, zwei Wochen später wieder aufs Dach, mit Gerüst oder Hebebühne und so weiter.

In der Summe geht um einige Megawatt, so viel ist bereits klar. Als unsere Redaktion erste Verdachtsmomente veröffentlichte, setzte ein regelrechter Shitstorm betroffener Solarkunden ein. S-Energy hat seine Module damals fremdfertigen lassen, offenbar waren die Qualitätsmängel gravierend. Mittlerweile hat sich das Unternehmen von seinem Zulieferer getrennt. Aber die deutschen Kunden warten noch immer auf Ersatz.

Gutachten bestätigen Mängel in der Produktion

Uns liegen mehrere Gutachten vor. Sie legen den Schluss nahe, dass es sich tatsächlich um Produktionsfehler handelt. Also um Probleme, die schon im Werk entstanden sind, schon vor der Auslieferung der Module an die Kunden, seinerzeit durch den Solarhändler Donauer. Donauer ist mittlerweile insolvent, derzeit werden Module von S-Energy noch von zwei Fachhändlern verkauft.

Vor 2010 und seit 2012 waren die Solarmodule der Koreaner weitgehend in Ordnung. Wir gehen davon aus, dass aktuell ausgelieferte Ware keine Mängel aufweist. Also geht es um Fehler aus der Vergangenheit. Wir sind im Technologiegeschäft unterwegs, da können solche Fehler passieren – siehe Daimler.

Hersteller muss Farbe bekennen

Um weiterhin Produkte verkaufen zu können, muss der Hersteller in einem solchen Fall unbedingt Farbe bekennen. Wenn Autos in Brand geraten können, werden sie zurückgerufen – auf Kosten des Anbieters. Man muss sie zurückrufen, weil Gefahr für Leib und Leben besteht. Nicht anders ist es mit den Solarmodulen von S-Energy: Es besteht Gefahr für Leib und Leben, denn Funkenflug kann die Hallen in Brand stecken. Also muss S-Energy die Module von den Dächern nehmen und durch neue ersetzen – inklusive der damit verbundenen Kosten. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Und zumindest die Kosten für Gutachten, Demontage und Remontage muss der Hersteller schlucken. Denn die Marke S-Energy stand und steht für Qualität. Gilt das nicht mehr? Da hilft es nicht, sich hinter den AGB zu verstecken. Nach unseren Informationen wird es immer schwieriger, Anlagen mit solchen Modulen zu versichern. Da stellt sich doch die Frage, ob die Solarmodule dieses Anbieters überhaupt noch handelbar sind.

Ein schwerer Schaden für alle Seiten

Das ist ein schwerer Schaden für die Marke S-Energy, aber vor allem für die Solarkunden. Der koreanische Hersteller hat es selbst in der Hand, ob er die Altlasten aus der Welt schafft. Andernfalls drohen jahrelange Prozesse vor Gerichten in Deutschland und Korea. Die Kosten werden ausufern, Frust und Ärger laden sich auf der Marke ab.

Um es klar zu sagen: Die Solarmodule von S-Energy sind in Ordnung. Es geht um historische Fälle, allerdings in erheblicher Größenordnung. Was überhaupt nicht geht, ist der Service der Koreaner, die sich bislang hinter ihren AGB verschanzen und die Kunden auf den Gerichtsstand in Fernost verweisen. Solcherlei Geschäftsgebaren sollte der Vergangenheit angehören.

Die Botschaft in den Markt

Erinnern wir uns: BP Solar hatte ein Problem mit Anschlussdosen, auch sie waren durch Überhitzung gefährdet. Also rief der Hersteller seine Module seinerzeit zurück. First Solar hat ebenfalls Module zurückgerufen, die schwächelten. Fehler passieren, Fehler kann man beheben. Gerade in einer solchen Situation zeigt sich der Wert einer Marke: Die Fahrer eines Daimler können ihrem Hersteller vertrauen. Das ist die Botschaft der Rückrufaktion.

Welche Botschaft S-Energy in den Markt sendet, haben die Koreaner allein in der Hand. Natürlich schmerzt es, einige Megawatt Schundware austauschen zu müssen. Das muss ja nicht von heute auf morgen passieren, Knall auf Fall. Aber die Kunden müssen wissen: Dieser Hersteller steht zu seinem Versprechen, Qualität zu liefern. Tut er es nicht, muss er seine Ware anderswo unter die Leute bringen. Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Das ist nun einmal so in Märkten, die erwachsen werden.

Kommt endlich Bewegung in die Sache?

Was wünschen wir uns? Dass S-Energy ein starker Markenpartner des deutschen Handwerks bleibt – und ein starker Partner des Solarhandels. Dass Bewegung in die Sache kommt. Es gilt, ein Problem zu lösen. Da nützt es nichts, jemanden an den Pranger zu stellen. Aber es nützt auch nichts, die Probleme auf die lange Bank zu schieben. In der nächsten Ausgabe unseres Fachmagazins werden wir den Fall ausführlich dokumentieren. Sie erscheint am 23. März 2017.