Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Fünf Vorschläge für den Durchbruch beim Mieterstrom

Der Kohleausstieg ist ein Einstieg in die erneuerbare Welt. Solarenergie und Windenergie werden die Basis unserer Stromversorgung. Neben den ländlichen Regionen müssen in Zukunft auch die Städte einen Beitrag leisten. Bislang ungenutzte Dachflächen bieten hier große Potentiale. Aber dafür muss der Rechtsrahmen aktualisiert werden. Auf Basis unserer täglichen Praxis haben wir fünf Vorschläge erarbeitet, mit denen der Rechtsrahmen im Jahr 2020 Solaranlagen in den Städten möglich machen wird. Um die Welt unserer Kinder zu schützen.

1. Steuerliche Barrieren für Solarenergie beseitigen

Problem: Für Immobilienbesitzer sind Solaranlagen mit großen steuerlichen Risiken verbunden. Sie dürfen im Keller eine Ölheizung betreiben und die Energie an die Mieter verkaufen, ohne steuerliche Risiken. Wer auf seinem Dach hingegen erneuerbare Energie erzeugt, riskiert erhebliche steuerliche Nachteile. Aus der Praxis können wir berichten, dass dies der Hauptgrund vieler Entscheidungen gegen eine Investition in Solaranlagen ist.

Lösung: Eine klimafreundliche Steuergesetzgebung muss als Basis anerkennen, dass mit dem Betrieb einer Immobilie im Jahr 2020 üblicherweise auch der Betrieb einer Solaranlage einhergeht — so wie in den 50er Jahren der Betrieb einer zentralen Ölheizung normal wurde. Die Einnahmen aus dem Betrieb der Solaranlage sollen dabei, wie bisher, vollständig versteuert werden. Aber Sie dürfen kein Risiko darstellen, welches die bereits bestehenden Einnahmen aus dem Betrieb der Immobilie negativ beeinflusst.

Gesetzliche Änderungen:

Gewerbesteuergesetz § 9 (1): Hier muss der Betrieb einer Solaranlage dem Betrieb einer Heizung gleichgestellt werden.

Körperschaftssteuergesetz § 5 (1): Hier muss gewährleistet werden, dass Einnahmen, die direkt oder indirekt mit dem Betrieb einer Solaranlage verbunden sind, nicht schädlich sind.

2. Verzögerungen durch Netzbetreiber reduzieren

Problem: Für viele lokale Verteilnetzbetreiber sind PV-Anlagen mit Mieterstrom ein unbekanntes neues Konzept und zusätzlicher Aufwand. In einigen Fällen sind zudem PV-Anlagen mit Mieterstrom unerwünschte Konkurrenz für den lokalen Energieversorger, welcher gleichzeitig der Eigentümer des lokalen Verteilnetzes ist. Im Ergebnis sind in der Praxis Verzögerungen bei der Inbetriebnahme des PV-Mieterstromprojektes von 6 Monaten und mehr weit verbreitet. Typische Herausforderungen sind unverhältnismäßige und rechtlich nicht begründbare technische Anforderungen, schwere Erreichbarkeiten der Ansprechpartner, Verzögerungen in der Freigabe von Schaltplänen und in der Terminfindung. Die Erfahrung spiegelt sehr stark die Situation im ländlichen Raum in den Jahren 2004–2006 wieder, als dezentrale Erneuerbare-Energie-Anlagen erstmals in großer Zahl an die Verteilnetze angeschlossen wurden. Auch damals wurden regionale Monopolunternehmen mit neuen Herausforderungen konfrontiert, hatten aber kein großes Interesse and der Kooperation. Gelöst wurde diese Situation durch zwei Dinge: Zum Einen durch eine zeitliche Frist von 8 Wochen, innerhalb derer der Netzantrag für eine Erneuerbare Energieanlage positiv oder negativ beschieden werden muss. Zum Zweiten durch die Einrichtung einer Clearingstelle EEG, bei welcher auftretende Detailfragen zentral geklärt werden und eine Vielzahl an parallelen gerichtlichen Klärungen in allen Regionen Deutschlands vermieden wird.

Lösung: Eine klimafreundliche Energiegesetzgebung muss sicherstellen, dass PV-Mieterstromprojekte in der Stadt in der gleichen zeitlichen Geschwindigkeit wie PV-Anlagen auf dem Land in Betrieb genommen werden können. Hierzu sollten zwei Dinge eingeführt werden: Erstens eine Pflicht zu einem unverzüglichen Anschluss von PV-Mieterstromprojekten, inklusive der Umsetzung des Summenzählermodells. Zweitens sollte eine zentrale Anlaufstelle bei der Bundesnetzagentur eingerichtet werden, bei der sich ergebende Fragen technischer Natur, insbesondere betreffend einer Vielzahl an technischen Normen, einvernehmlich oder in einem Klärungsverfahren zwischen Netzbetreiber und PV-Mieterstrombetreiber geklärt werden kann. Als kontrollierendes Organ über die lokalen Monopole der jeweiligen Verteilnetzbetreiber ist die Bundesnetzagentur hier die geeignete Stelle. Darüber hinaus kann die Clearingstelle EEG/KWKG als Vorbild dienen, wobei die Dauer einer fallspezifischen Klärung nicht über 3 Monaten liegen darf.

Gesetzliche Änderungen: In EEG § 8 (1) muss dringend klargestellt werden, dass nicht nur Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, sondern auch Kundenanlagen mit erneuerbaren Energien nach EnWG § 20 (1d) unverzüglich und vorrangig durch die Netzbetreiber anzuschließen sind.

3. Flexible Umsetzungsmodelle für PV-Mieterstrom ermöglichen

Problem: Eine kleine Genossenschaft, die zwar eine Solaranlage auf dem Dach betreiben möchte, aber den administrativen Aufwand scheut, selber zum Stromversoger zu werden, hat nach heutiger Rechtslage kein Anrecht auf den Mieterstromzuschlag. Denn hierzu ist aktuell eine Personenidentität zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Verkäufer von PV-Mieterstrom erforderlich. Sobald ein Dienstleister mit dem Verkauf des Stroms beauftragt wird, entfällt diese Personenidentität und damit der Anspruch auf Förderung. Die einzige Lösung stellt die Verpachtung der gesamten Anlage an einen Mieterstromanbieter dar. Damit einher gehen aber viele komplexe Vertragsabstimmungen für eine Anlagenpacht über 20 Jahre – mit dem einzigen Ziel eine nicht nachvollziehbare Intention des Gesetzgebers zu erfüllen.

Lösung: Immobilienbesitzer müssen in der Lage sein, einen Drittanbieter mit dem Verkauf des Stroms aus der von Ihnen betriebenen Solaranlage zu beauftragen.

Gesetzliche Änderungen: EEG § 21 (3): Hier muss explizit klargestellt werden, dass Fördervoraussetzung für den Mieterstromzuschlag nicht eine unmittelbare Lieferbeziehung zwischen Erzeuger und Letztverbraucher ist.

4. Einzelne PV-Anlagen als einzelne PV-Anlagen behandeln

Problem: Die gesetzliche Regelung der sogenannten Anlagenzusammenfassung wurde für PV-Anlagen auf dem Land erstellt, aber bislang nicht auf PV-Anlagen in der Stadt angepasst. Bei Freiflächenanlagen ist es sinnvoll, dass der Gesetzgeber vermeidet, dass statt einer einzelnen großen PV-Anlage eine Vielzahl an kleinen Anlagen errichtet wird. Wenn auf innerstädtischen Gebäuden aber eine Vielzahl an PV-Anlagen errichtet wird, sollte der Gesetzgeber diese Realität als solche anerkennen. Eine künstliche Zusammenfassung, jenseits von jeglicher technischer Logik und Realität, ist nicht sinnvoll. Eine 20-kW Solaranlage auf dem Dach eines Gebäudes sollte gesetzlich als solche gewertet werden. Und wenn die Häuser der Nachbarn, die zufälligerweise auf dem gleichen Flurstück liegen, ebenfalls Solaranlagen haben, so sollte der Gesetzgeber hier ungerechtfertigte Nachteile für die einzelne Solaranlage vermeiden.

Lösung: PV-Anlagen, die auf unterschiedlichen Gebäuden errichtet werden und welche technisch nicht zusammenhängen, sollten auch in der gesetzlichen Sichtweise nicht zusammengefasst werden.

Gesetzliche Änderungen: EEG § 24 (1): Hier muss explizit aufgenommen werden, dass PV-Anlagen auf unterschiedlichen Gebäuden nicht zusammengefasst werden, wenn die PV-Anlagen technisch nicht zusammenhängen.

5. PV-Eigenverbrauch von Mietern gleichstellen mit dem von Eigenheimbesitzern

Problem: Ziel des Mieterstromgesetzes war es, dass Mieter von Mehrfamilienhäusern mit den Besitzern von Eigenheimen gleichgestellt werden im Hinblick auf den lokalen Verbrauch von PV-Strom. Durch die detaillierte Gestaltung der Rechenlogik und die Reduktion der Vergütungen für PV-Anlagen ist dies nicht mehr gegeben. Ein Eigenheimbesitzer zahlt, falls er eine PV-Anlage mit mehr als 10 Kilowatt betreibt, 40% der EEG-Umlage (heute: 2,6 ct/kWh oder 51 EUR bei einem typischen Verbrauch von 2000kWh/Jahr) für den von ihm vor Ort verbrauchten Solarstrom. Ein Mieter zahlt grundsätzlich 100% der EEG Umlage (heute 6,4 ct/kWh oder 128 EUR bei einem typischen Verbrauch von 2000kWh/Jahr). Um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, wurde über den Mieterstromzuschlag etwa die Hälfte der EEG-Umlage erstattet, so zumindest der Stand bei der Einführung im Jahr 2017. Heute beträgt der Mieterstromzuschlag häufig unter 1 ct/kWh, so dass lediglich ca. 15% erstattet werden und die Ungerechtigkeit zwischen Mietern und Besitzenden wieder besteht.

Lösung: Die Höhe des Mieterstromzuschlags muss definiert werden mit dem Ziel der Gleichberechtigung der Mieter und Eigenheimbesitzer. Aktuell ist hierfür ein Mieterstromzuschlag in Höhe von 3,84 ct/kW erforderlich bei einer 30kW Solaranlage: Eigenheimbesitzer zahlen 40% auf die EEG-Umlage von 6,8 ct/kWh, also 2,7 ct/kWh. Mieter zahlen 100% der EEG-Umlage, entsprechend 6.8 ct/kWh. Die Differenz der beiden ergibt 4.1 ct/kWh, dass heißt die Mieter benötigen eine Kompensationszahlung von 4,1 ct/kWh.

Gesetzliche Änderungen: EEG § 23 (1): Hier muss die Höhe des Mieterstromzuschlags definiert werden mit dem Ziel der Gleichberechtigung der Mieter. Aktuell ist hierfür ein Mieterstromzuschlag in Höhe von 3,84 ct/kWh angemessen.

Darüber hinaus muss beachtet werden, dass bei einer Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß ein weiterer Anpassungsbedarf bei der Mieterstromförderung entstehen könnte.

Der Autor:
Daniel Fürstenwerth ist Geschäftsführer und Mitgründer der Solarimo GmbH, einem Anbieter von Mieterstromprojekten in Deutschland. Er arbeitet seit über zehn Jahren in der Energiewirtschaft und Energiepolitik, unter anderem bei einer großen Unternehmensberatung und bei Agora Energiewende.

www.solarimo.de

 

Daniel Fürstenwerth