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Bezahlter Widerstand?

Gemeint ist das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Mit dem regionalen Energieversorger RWE verbindet dieses Institut offenbar mehr als nur eine Namensähnlichkeit.

Nicht gerade der Häuptling, aber doch einer der wichtigsten Krieger dieses Widerstandsnestes gegen die Förderung erneuerbarer Energien ist Dr. Manuel Frondel, Diplom-Physiker und Diplom-Wirtschaftsingenieur. Frondel ist der Forschungskoordinator und Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI. Seit einigen Monaten zieht er in wissenschaftlichen Publikationen und Medien gegen die Förderung der PV zu Felde. Tenor: Die Förderung ist zu hoch, führt nur dazu, dass sich die Hersteller die Taschen vollstopfen und der Stromkunde das alles mitbezahlen muss. Insgesamt sei das EEG kein geeignetes Instrument gegen den Klimawandel.

Damit tritt Frondel zu einer Zeit in die Öffentlichkeit, in der über die Zukunft der Degression bei PV-Anlagen neu entschieden wird. Der RWI-Forscher rechnet vor, dass das EEG nicht zu einer CO2-Einsparung führt. Der Grund dafür sei der europäische Emmisionshandel, der zu mehr Einsparung an Klimagasen führe, als es das EEG je vermöge, und die PV spiele bei der Einsparung von Klimagasen sowieso praktisch keine Rolle. Auch das Argument der entstehenden Arbeitsplätze in der PV-Branche sei ein Märchen. Nach Ansicht Frondels führen die durch die Förderung der Erneuerbaren gestiegenen Energiepreise zu einem Nettoverlust an Jobs. Unter anderem deshalb, weil sich die von allen Stromkunden zu tragenden höheren Preise als Jobkiller auswirkten. An dieser Stelle fällt auf, wie sehr seine Argumentation den Standpunkten der Energieriesen ähnelt. Diese haben sich lange gegen dezentral erzeugten Strom aus Wind und Sonne gewehrt und tun dies immer noch. Eines ihrer Hauptargumente ist die Aussage, dass Energie vor allem deshalb so teuer sei, weil man die Anlagen kleinerer Betreiber mitfinanzieren müsse. Das RWE droht seinen Kunden bis heute damit, dass es eines Tages möglicherweise die Vergütung für solare Energie zurückfordern wird.

Ob Bayerischer Rundfunk, Spiegel Online, Handelsblatt, F.A.S., Brand Eins oder Focus: Alle haben sie die PV als Geldvernichtungsmaschinerie erkannt. Und alle stützen sich immer auf die eine gleiche Quelle – RWI-Experte Manuel Frondel. Die Folgerung aus Frondels Ergebnissen ist klar: Die Förderung der PV muss drastisch reduziert werden. Um satte 30 Prozent ab 2009, und wer Frondel richtig liest, weiß: Er meint eigentlich: Sie muss abgeschafft werden.

Einsamer Krieger

Aber Frondel ist ein einsamer Krieger. Außerhalb seines Stammes RWI findet er kaum Mitstreiter. Denn praktisch alle anderen Experten aus Wirtschaft und Technik führen den großen Erfolg der Erneuerbaren und vor allem den der PV auf die sichere und hohe Einspeisevergütung durch das EEG zurück. „Die Geschichte der PV ist eine Erfolgsgeschichte, sagt Frank Merten vom Wuppertalinstitut. „Der Erfolg ist allerdings so groß, dass damit niemand gerechnet hat. Die Branche boomt in Deutschland, und das ist gut. Daher kann man die Höhe der Förderung durchaus schneller zurückfahren als ursprünglich geplant, aber natürlich muss die PV durch das EEG weiter gefördert werden.“ Ähnlich sieht es auch Claudia Kemfert vom DIW in Berlin. „Eine Förderung im bisherigen Umfang ist sicher nicht mehr notwendig, die Einspeisevergütung kann also schneller gesenkt werden als geplant, aber wir müssen unser Energiesystem umbauen, und die PV wird in der Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten. Sie hat ein großes Entwicklungspotenzial.“ Die Professorin für Umweltökonomie räumt ein, dass die Förderung der Erneuerbaren Geld kostet, „aber eine sichere Energieversorgung war niemals ohne Förderung und Subventionierung möglich. Steinkohle und Atomenergie wurden auch gefördert mit Forschungsgeldern sowie direkten und indirekten Subventionen. Das kann der Markt alleine nicht regeln.“

Merten und Kemfert widersprechen der Aussage Frondels, dass das EEG Arbeitsplätze vernichte. „Die erneuerbaren Energien sorgen als heimische Energieträger für Versorgungssicherheit und erhöhen als Wachtums- und Jobmotor die Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Kempfert. Sie ist davon überzeugt, dass PV viel schneller wettbewerbsfähig sein wird, als ursprünglich angenommen. Der Grund: der steigende Ölpreis.

Wolf von Fabeck vom Solarenergie-Förderverein sieht die Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit so: „Das ist, als wenn Sie ein Kind durch Schule und Uni gefördert haben, und kurz vor der letzten Prüfung sagen Sie – du trägst nichts zum Familieneinkommen bei, jetzt ist Schluss mit der Förderei.“

Was aber wird passieren, wenn die Einspeisevergütung tatsächlich schneller sinkt als geplant? Kempfert sieht zwei Möglichkeiten: „Entweder geben die Hersteller etwas von ihren durchaus vorhandenen Gewinnen an die Installateure weiter und die Preise sinken oder wenn sie das nicht wollen oder können, verkaufen sie ihre Anlagen im Ausland, da ist die Nachfrage nämlich groß, und sie wird noch steigen. Das ist doch gut, wenn deutsche Technik weltweit exportiert wird, auch wenn das für den einzelnen Installateur hier zu Lande nicht so schön ist.“

Noch ist die Nachfrage im Inland ungebremst hoch. Der Markt ist damit in Deutschland, und daher ist es auch für die Hersteller der Module sinnvoll, in Deutschland zu bleiben und hier Arbeitsplätze zu schaffen. Eine zu starke Senkung der Förderung wird zu weniger Nachfrage führen und dazu, dass sich die Industrie vermehrt dem Ausland zuwenden wird. Für Manuel Frondel ist die derzeit hohe Nachfrage ein künstliches Phänome und ökonomisch nicht gerechtfertigt. Dabei wird niemand bestreiten, dass die hohe Nachfrage nach PV ein „künstliches“ Phänomen ist. Der freie Markt hat sie nicht hervorgebracht. Sie ist politisch gewollt, weil eine Energiewende unerlässlich ist. Es hat zu lange gedauert, bis wir das begriffen haben und die Einsicht in politisches Handeln umgesetzt wurde. Jetzt ist Deutschland Vorreiter, und die Welt schaut darauf, wie wir mit den neuen umweltfreundlichen Technologien umgehen. Das EEG selbst war der erste Exportschlager.

RWI-Mann Frondel hält den europäischen Zertifikatehandel für ein geeigneteres Instrument, um CO2-Emmissionen einzusparen, als das EEG. Nur das EEG führt aber zu einer beschleunigten Veränderung unseres Energiemixes, und da haben wir keine Zeit zu verlieren.

Aus der Sicht Frondels ist die ganze PV-Förderung eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Was aber soll das heißen? Es ist ja gerade die Absicht des EEG, die Nachfrage nach umweltfreundlichen Anlagen zu erhöhen. Und die Förderung wird nicht dafür eingesetzt, dass Arbeiter Steine von links nach rechts und anschließend wieder nach links tragen, sondern es werden Werte geschaffen. Der Mann vom RWI weist zu Recht darauf hin, dass zunehmend Module aus China und Japan auf den deutschen Markt drängen. Frondel weckt niedrige Instinkte, indem er hervorhebt, dass mit deutschen Gebühren Arbeitsplätze im Ausland geschaffen werden. Was ist so besonders daran? Was passiert mit dem Geld, das deutsche Stromkunden für russisches Gas, für chinesische Kohle oder australisches Uran ausgeben?

PV kann neben anderen Erneuerbaren zu einer sicheren und vor allem heimischen Versorgungssicherheit beitragen. Das ist einer der Hauptgründe für DIW-Ökonomin Kempfert, das EEG beizubehalten und auch die PV weiter zu fördern.

Die PV unterscheidet sich in mancher Hinsicht von fossilen und anderen erneuerbaren Energieträgern. Prinzipiell hat jeder Hausbesitzer die Möglichkeit, sich eine PV-Anlage auf seinem Dach installieren zu lassen und sein eigener Energiewirt zu werden. Dies setzt einen Trend zu Dezentralisierung und Demokratisierung des Energiemarktes in Gang, der den großen Gebietsmonopolisten nicht gefällt. Dabei liegt darin gerade eine Stärke der PV. Sie verbraucht keine neuen Flächen und ist eine Energie für Jedermann.

Mit seinem Angriff auf die EEG-Förderung singt Frondel das Lied der großen Energiekonzerne, dessen Positionen das Institut nicht selten teilt. Die Verbindungen sind offenbar recht eng. So ist ausgerechnet der ehemalige Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt Präsident der „Gesellschaft der Freunde und Förderer des RWI“.

PR in eigener Sache

Was aber treibt einen Wissenschaftler wie Manuel Frondel zu seinem Feldzug gegen die PV? Wir hätten ihn gerne gefragt. Aber ein zugesagter Interviewtermin wurde ersatzlos gestrichen, auch auf Nachfrage gab es keine Antwort. Einige Vertreter aus der Branche der Erneuerbaren meinen, es gehe ihm eigentlich gar nicht um die PV an sich. Vielmehr habe er sich den noch vermeintlich schwächsten Gegner unter den Erneuerbaren ausgesucht, um das EEG an sich zu diskreditieren. Folgt man Frondels Argumenten, spricht einiges dafür. Andere Experten aus dem wissenschaftlichen Umfeld halten Manuel Frondels lauten Kampf gegen die PV aber vor allem für eines: eine gelungene PR in eigener Sache.

Lars Westermann