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Kostenfrage bei 50,2-Hertz-Problematik noch ungelöst

Die Ergebnisse der Studie "Auswirkungen eines hohen Anteils dezentraler Erzeugungsanlagen auf die System-/Netzstabilität bei Überfrequenz und Entwicklung von Lösungsvorschlägen zu deren Überwindung" sind am Morgen in Berlin offiziell vorgestellt werden. Dahinter steckt die sogenannte 50,2-Hertz-Problematik, bei der die Systemsicherheit im Netz durch die gleichzeitige Abschaltung von Photovoltaik-Anlagen bei 50,2 Hertz gefährdet wird. Dies gilt bei der Photovoltaik bei 12,7 der 18 Gigawatt in Deutschland installierten Photovoltaik-Leistung. Anfang des Jahres sei die Problematik in der Arbeitsgruppe Systemsicherheit des Bundeswirtschaftsministeriums von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern vorgestellt worden, erklärt Markus Fürst von der EnBW Transportnetze AG. Der dringende Handlungsbedarf sei auch von den anderen Beteiligten wie dem Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE/FNN), dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) sowie den Wechselrichterherstellern erkannt worden. Daraufhin sei die Studie bei Ecofys und dem Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik (IFK) in Auftrag gegeben worden, die sich mit der möglichen technischen Umsetzung sowie den Kosten einer Nachrüstung der bestehenden Photovoltaik-Anlagen auseinandersetzt.
Die Autoren der Studie sprechen sich dafür aus, dass alle Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von mehr als zehn Kilowatt, die nach dem 1. September 2005 an Netz gegangen seien, nachgerüstet werden sollen. Betroffen wären damit etwa 315.000 Photovoltaik-Anlagen in Deutschland, allerdings wären kleine Aufdachanlagen auf Einfamilienhäusern von der Nachrüstpflicht ausgenommen, sagt Mitautor Jens Boemer von Ecofys. In installierter Photovoltaik-Leistung ausgedrückt bedeute dies, dass etwa neun Gigawatt der Photovoltaik-Anlagen am Niederspannungsnetz nachgerüstet werden müssten. In der Studie wird dabei empfohlen, zunächst die großen Photovoltaik-Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt Leistung nachzurüsten. Im zweiten Jahr dann Anlagen über 30 Kilowatt Leistung und anschließend auch noch die kleineren. Als Nachrüstzeitraum wird in der Studie drei bis vier Jahre angegeben. Dies bedeute eine entsprechende Nachrüstung von 8500 bis 11.000 Photovoltaik-Anlagen pro Monat. Deutlich mehr sei auch aus Sicht des Handwerks nicht zu stemmen, sagte Boemer weiter. Bei den Kosten gibt es in der Studie eine große Spanne. Sie werden mit insgesamt 65 bis 175 Millionen Euro beziffert. Dies bedeutet pro Photovoltaik-Anlage etwa 200 bis 550 Euro. Hinzu kämen noch Kosten für die Nachrüstung der Netzersatzanlagen von bis zu zwei Millionen Euro sowie Verwaltungskosten der Verteilnetzbetreiber und der Wechselrichter-Hersteller.
Beim Thema Kosten hört dann auch die Eintracht von Verband, Herstellern und Netzbetreibern auf. Dazu gebe es unterschiedliche Vorstellungen, deren Lösung aber auch nicht Aufgabe der Studie war, sagt Heike Kerber, Geschäftsführerin des VDE/FNN. Allerdings wird von der Regelung, wer die Kosten zu tragen hat, auch die Akzeptanz für die Nachrüstung abhängen. Als „unzumutbar“ bezeichnet der Geschäftsführer des BSW-Solar, Jörg Mayer, die Umlage der Kosten auf die Anlagenbetreiber. Nachrüstmaßnahmen waren zum Zeitpunkt der Investition nicht in die Finanzierung der Anlagen durch die EEG-Vergütungszahlungen eingerechnet. Eine nachträglich indirekte Vergütungskürzung durch die Auferlegung der Nachrüstkosten würde somit einen Eingriff in ihre Eigentumsrechte bedeuten, sagt Mayer. Außerdem hätten die Betreiber ihre Photovoltaik-Anlagen immer zu den geltenden Rechtlinien an Netz angeschlossen und dürften schon daher nicht mit den zusätzlichen Kosten belastet werden. Mayer fordert eine Umlage der Nachrüstungskosten auf die Netzentgelte. Die Kosten bewegten sich dabei auf drei Jahre hochgerechnet bei maximal 0,02 Cent je Kilowattstunde.
Dass die Netzbetreiber diese Form der Kostenteilung nicht begrüßen, liegt wohl in der Natur der Sache. Es müsse eine Umrechnung in die EEG-Umlage geben, fordert Fürst von EnBW. Er hält eine Verrechnung mit den Netzentgelten für nicht gerechtfertigt und sieht für seine Position auch Unterstützung von Seiten der Bundesnetzagentur. Das Wirtschaftsministerium muss abschließend entscheiden, wer die Kosten für die Nachrüstung der Photovoltaik-Anlagen zu tragen hat, sagt Kerber. Am 1. September seien die Ergebnisse bereits dem Ministerium vorgelegt worden, dass nun an einer Verordnung arbeitet, in der die Vorschriften für Anlagen- und Netzbetreiber festlegt werden. Diese solle bis zum Jahresanfang vorliegen, sagt Kerber. Offen sei aber noch, ab wann die Nachrüstpflicht dann wirklich beginnt, ob bereits ab Januar 2012 oder erst später. (Sandra Enkhardt)