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Wemag nimmt Großspeicher in Betrieb

Der Schweriner Energieversorger Wemag hat den ersten Großspeicher in Betrieb genommen. In Zukunft soll der Stromspeicher das Netz stabilisieren und Regelenergie liefern. Damit lässt sich durchaus Geld verdienen.

Der Schweriner Energieversorger Wemag betreibt seit heute seinen Fünf-Megawatt-Stromspeicher kommerziell. Nach nur zwölf Monaten Bauzeit haben die Berliner Speicherspezialisten von Younicos das System jetzt schlüsselfertig übergeben. Künftig wollen die Schweriner Geld mit ihm verdienen. Der vollautomatische Lithium-Ionen-Speicher wird eigenständig kurzfristige Schwankungen der Netzfrequenz ausgleichen und in den übrigen Zeiten Regelenergie liefern.

Mit dem Speicher Geld verdienen

Im Inneren des etwa turnhallengroßen Gebäudes speichern 25.600 Lithium-Manganoxid-Zellen Strom innerhalb von Millisekunden. Zelllieferant Samsung SDI garantiert die Leistung des Batteriekraftwerks für mindestens 20 Jahre. Fünf, jeweils vier Tonnen schwere Mittelspannungstransformatoren verbinden das Kraftwerk sowohl mit dem regionalen Verteilnetz als auch mit dem nahegelegenen 380-Kilovolt-Höchstspannungsnetz. Damit soll es möglich werden, die fluktuierende Einspeisung von Solar- und Windstrom auszugleichen. Ist mehr Strom im Netz vorhanden als verbraucht wird, fließt er in die Batterie. Diese wird dann entladen, wenn die Sonne nicht scheint und gleichzeitig Windflaute herrscht. „Bislang wird unser Stromnetz größtenteils von inflexiblen Kohlekraftwerken stabilisiert, die dafür aber ein Vielfaches der tatsächlich benötigten Ausgleichsleistung produzieren müssen und die Netze demzufolge mit Strom aus fossilen Energieträgern blockieren“, erklärt Clemens Triebel, Technischer Vorstand von Younicos, die Notwendigkeit solcher Speicher. „Dadurch wird ungewollt Energie aus Wind und Sonne abgeregelt. Diesen volkswirtschaftlichen Schaden vermeidet unser Batteriepark, weil er sich deutlich schneller und genauer steuern lässt als ein thermisches Kraftwerk.“ Innerhalb von Sekundenbruchteilen kann der Speicher seinen Strom ins Netz einspeisen. Der Vorteil: Er tut das konkret nur in den Zeiten, wenn der Strom auch gebraucht wird. Die restliche Zeit übernehmen die Photovoltaik- und Windkraftanlagen die Versorgung. Insgesamt ersetzt der Fünf-Megawatt-Speicher das Regelpotenzial einer konventionellen mit der zehnfachen Leistung. „Zukünftig soll die Batterie darüber hinaus andere Systemdienstleistungen wie Schwarzstartfähigkeit oder Blindleistung bereitstellen“, erklärt Thomas Pätzold, Technischer Vorstand der Wemag. „Sie bietet also weitere lukrative wirtschaftliche Perspektiven.“

Speicher nicht überflüssig

Zwar haben Wissenschaftler in einer Studie im Auftrag von Agora Energiewende herausgefunden, dass die Integration der erneuerbaren Energien auch ohne Speicher gelingen kann. Doch überflüssig sind sie deshalb nicht. „Aus Sicht der Wissenschaft ist klar, dass Batteriekraftwerke technisch besonders gut zur Systemstabilität beitragen können“, betont Michael Sterner, Professor für Energiespeicher an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg, während der feierlichen Übergabe des Speichers. Sterner ist einer der Mitautoren der Agora-Studie. „Bei den derzeit stark fallenden Batteriepreisen wirkt ihr Einsatz kostensenkend und ist damit gesamtwirtschaftlich sinnvoll. In der von mir geleiteten Speicherstudie für die Agora Energiewende, die gestern veröffentlicht wurde, haben wir empfohlen, bestehende Märkte und neue Märkte für Flexibilität technologieoffen zu gestalten und damit den Speichern durch Abbau von Hemmnissen eine faire Chance zu geben“, stellt Sterner klar.

Neues Zeitalter der Energieversorgung

Auch für die Wemag fängt jetzt ein neues Zeitalter der Energieversorgung an. „Die Wemag zeigt, dass sich intelligente Kurzzeitspeicher schon heute aus betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht lohnen. Wir sind stolz darauf, die Entwicklung der Speichertechnologien zentral mitzugestalten“, freut sich Ewald Woste, Aufsichtsratsvorsitzender des Schweriner Energieversorgers. „Im Netzgebiet der Wemag werden bereits mehr als 80 Prozent der verbrauchten Strommengen aus Wind und Sonne produziert. Damit sind wir Vorreiter bei den Erneuerbaren“, sein Technikchef Thomas Pätzold. „Aus dieser Position heraus begreifen wir es als unsere gesellschaftliche Aufgabe, innovative und effiziente Lösungen für die Energiewende an den Markt zu bringen. Unser Batteriespeicher ist hier doppelt wegweisend: Er ist die technisch beste Lösung, um die naturbedingten Schwankungen aus regenerativer Einspeisung auszugleichen und ist zudem wirtschaftlich sehr attraktiv.“

Für die Photovoltaik ist der Speicher die Chance, endlich die Debatten um ihre Integration ins Stromnetz zu beenden. „Die Photovoltaik kann mithilfe von Stromspeichern wichtige Systemdienstleistungen übernehmen, die bislang nur Kohle- und Atomkraftwerken zugeschrieben wurden“, betont Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. „Solarstromspeicher tragen zur Netzstabilität bei und reduzieren Einspeise- und Lastspitzen. Und oft sind Speicher eine kostengünstige Alternative zum Netzausbau, gerade dann, wenn der Netzausbau nicht im erwarteten Umfang kommt. Das Energiewendeland Deutschland braucht intelligente Solarbatterien. Sie werden mit einem Mehr an Ökostrom immer wichtiger“, erklärt Mayer. (Sven Ullrich)