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Das Ende vom Anfang des EEG

Zwar war das Ergebnis der parlamentarischen Debatten in diesem Sommer mehr als dürftig. Aber der Zug fährt auf dem richtigen Gleis. Die Energiewende rollt, sie nabelt sich von der politischen Förderung ab. Das hat grundsätzliche Bedeutung, weil nunmehr ökonomische Spielregeln wirken. Was den Markt treibt, was die Menschen umtreibt, kann Politik nicht verhindern, nicht auf Dauer. Man darf die Möglichkeiten der Abgeordneten, der Ministerialbeamten und der Bürokraten nicht überschätzen.

Das Werk kühner Visionäre

Als das EEG in die Welt kam, waren kühne Visionäre am Werk. Als es innerhalb weniger Jahre seine mächtige Wirkung entfaltete, kamen sogar die Visionäre ins Staunen. Da ging die Post ab, plötzlich bekam das alte, schmutzige System der Stromversorgung Risse. Die Kostenkurve der Photovoltaik rutschte steil in den Keller, nun greift die Energiewende weltweit um sich, überall sprießen Solargeneratoren auf Brachen, Dächern und Fassaden.

Damit nicht genug: Die Photovoltaik öffnete den Weg für die Solarbatterien, sprich: für die Lithiumtechnologie, die nun gleichfalls immer preiswerter wird. Und die Lithiumbatterien öffnen ein ganz neues, wirklich gigantisches Potenzial: In der Elektromobilität ist der ökonomische Hebel für den Umstieg auf saubere Technologien viel größer als beim Energieverbrauch der Gebäude.

Das EEG hat ein ordentliches Fass aufgemacht, nicht einmal Sigmar Gabriel und Rainer Baake kriegen den Deckel wieder drauf. Armselig ist ihr Versuch, die Uhren zurückzudrehen. Armselig, und von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Dieser Zug, Gentlemen, ist abgefahren. Tschüss!

Mehr Spielraum für die Länder

Immerhin: Das neue EEG erhöht den Spielraum der Bundesländer, eigene Regeln aufzustellen und spezifische Vorgaben zu machen. Vor allem für die vielen Hinterlassenschaften des Kalten Krieges oder die Industriebrachen im Osten öffnet sich dadurch der Weg, solche Flächen für Solarparks zu nutzen. Ganz zu schweigen vom Erbe der Braunkohle.

Wir werden es bald erleben: Die riesigen Gruben in der Lausitz werden mit Solarkraftwerken revitalisiert. Denn die Anschlusspunkte für die Hochspannung sind vorhanden, beispielsweise in Schwarze Pumpe. Die Bosse von Vattenfall werden sich vor Wut in den Allerwertesten beißen, dass sie diese Liegenschaften vorschnell veräußert haben. Denn für Solargeneratoren nutzbare Fläche wird begehrtes Asset, so viel steht fest.

Und: Hessen und Baden-Württemberg wollen Mieterstrom erleichtern. Andere Bundesländer legen eigene Förderprogramme für gewerbliche Stromspeicher auf. Da ist schon jetzt klar, dass die Stromspeicher viel günstiger sind, als die Stromnetze mit teuren Subventionen auszubauen – was die Leute ohnehin nicht mehr wollen. Das Stromnetz wird künftig von schnellen Speichern dominiert und gesteuert, es wird sich wandeln: mehr Intelligenz, mehr dezentrale Speicher und Generatoren, viel schnellere Steuerzyklen. Auch die Rückkehr zum alten, trägen, teuren Stromnetz ist nicht mehr möglich. Wir heizen ja auch nicht mehr mit Torf.

Die Problemzonen unserer Gesellschaft

Das neue EEG ist der letzte Versuch der Bürokraten, die Energiewende irgendwie in den Griff zu kriegen. Den Geist irgendwie in die Flasche zurückzudrücken. Es ist der letzte Versuch, die Aktivisten der Solarbranche an die Kette zu legen. Mal ehrlich: Haben Sie vor, sich an die Leine nehmen zu lassen? Wohl kaum!

Doch üben wir Nachsicht mit den Bürokraten, mit den Abgeordneten und den Beamten. Wer kann schon aus seiner Haut. Was wir derzeit mit dem EEG (und weiteren Gesetzen zum Energiesektor) erleben, das hat Parallelen in den anderen Problemzonen dieser Gesellschaft: in der Altenpflege, in der Flüchtlingskrise, in den steigenden Mieten der Ballungszentren. Überall agiert der Apparat mit frappierender Hilflosigkeit.

Fortsetzung der Perestroika mit anderen Mitteln

Weil diese Art von Politik am Ende ist. Ich bin Ossi, ich darf das sagen: Für mich war das EEG ein ähnlich mutiger Schritt wie Gandhis Politik der Gewaltlosigkeit oder Gorbatschows Perestroika. Das waren fundamentale Neuansätze, das war die Abkehr von althergebrachten Ritualen. Das war das Ende des Krieges.

Das EEG läutete das Ende des Krieges gegen die Natur ein, und spätere Generationen werden unsere Zeit – im historischen Rückblick – als Beginn der Versöhnung verstehen. Der Mensch söhnt sich mit der Natur – also: mit sich selber – aus. So einen Prozess kann Politik höchstens anstoßen. Die eigentliche Arbeit müssen die Leute schon selber machen.

Eine neue Bewegung der Unabhängigkeit

Was sie ja tun, allen politischen Gegenwinden zum Trotz. Die Energiewende ist zu einer neuen Unabhängigkeitsbewegung geworden, das wäre ohne die Photovoltaik schlechthin unmöglich. Windkraft ist nur mit großen Rotoren lukrativ, also braucht sie ein zentrales Stromnetz, am besten mittlere oder hohe Spannungslage.

Die Photovoltaik, im Tandem mit den Stromspeichern, braucht das Netz nicht unbedingt. Wenn unsere Politiker so weitermachen wie bisher, werden sie die Fluchtbewegung verstärken. Es wird die Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein, das Stromnetz als nationales Gut zu retten, ihm überhaupt wieder eine Zukunft zu geben. Dafür gibt es nur einen Weg: Volatile Strompreise einzuführen, die das Stromnetz zum Handelsplatz für Jedermann machen. Sonst wird sich der Bürger vom Hausanschluss verabschieden, denn die Alternativen werden immer preiswerter. Da läuft eine Abstimmung mit den Füßen.

Das Ende vom Anfang eines globalen Aufbruchs

Mal unter uns: Das EEG ist doch Geschichte! Haben wir diese Schlacht im Sommer 2016 verloren? Vielleicht! Aber der einmal angestoßene Prozess kann nur mit einem umfassenden Siegeszug der erneuerbaren Energien enden. Alle Weichen sind gestellt. So halte ich es sinngemäß mit Winston Churchill: Nun, das ist nicht das Ende der Energiewende. Es ist nicht einmal der Anfang vom Ende. Aber, vielleicht, ist es das Ende des Anfangs eines globalen Aufbruchs.