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Weniger Technik und Kosten

Was bis vor wenigen Jahren noch utopisch klang, wird nun Realität: Solar­elektrisch versorgte Gebäude bieten höchsten Wohnkomfort, sind ökologisch und kommen mit geringen Kosten aus. „Bei unserem Neubau in Eichenzell haben wir das Gebäude konsequent enttechnisiert“, sagt Klaus Schleicher, Solarexperte und Bauherr eines Wohnhauses für zehn Mietparteien.

Es liegt in Eichenzell südlich von Fulda, unweit des Autobahndreiecks der A66 und der A7. „Mit der Photovoltaik sind wir von Ende Februar bis weit in den Herbst hinein autark. Im Winter kaufen wir den fehlenden Strom aus dem Netz.“

Vogel­perspektive des Neubaus in ­Eichenzell bei Fulda: Alle ­Dächer wurden voll ­ausgenutzt.

Foto: Klaus Schleicher Energietechnik (KSE)

Vogel­perspektive des Neubaus in ­Eichenzell bei Fulda: Alle ­Dächer wurden voll ­ausgenutzt.
Das Wohngebäude verbindet großzügige Optik mit solarelektrischer Versorgung.

Foto: Klaus Schleicher Energietechnik (KSE)

Das Wohngebäude verbindet großzügige Optik mit solarelektrischer Versorgung.

Seit 2004 in der Branche

Klaus Schleicher ist mit seiner Firma Klaus Schleicher Energietechnik (KSE) schon seit 2004 in der Photovoltaik erfolgreich. Er hat viel Erfahrung und scheut Neuland nicht. Das Wohnhaus bietet zehn Wohnungen für eine oder zwei Personen, je Wohneinheit rund 70 Quadratmeter.

Auf dem leicht geneigten Flachdach und den nebenstehenden Carports hat er rund 78 Kilowatt Photovoltaikmodule von Luxor Solar installiert. Seit 2008 kauft er seine Module bei dem Zulieferer aus Stuttgart ein. Er bekennt: „Wir bauen alle Anlagen ausschließlich mit Luxor-Modulen.“ Ein Gewerbespeicher von Tesvolt bildet das Herz der Versorgung im Wohnhaus.

Keine Wärmetechnik mehr

Eine klassische Wärmeversorgung mit Brenner oder Wärmepumpe, hydraulischen Steigleitungen und Warmwasserverrohrung gibt es nicht. Die Wohnungen werden elektrisch beheizt, über Infrarot-Heizmatten, die in die Decken eingespachtelt sind. In den Fluren, Bädern und Küchen hängen elektrische IR-Heizplatten unter der Decke, das genügt vollauf.

Warmwasser wird an jeder Zapfstelle separat mit elektrischen Durchlauferhitzern erzeugt. Um die erforderliche Leistung zu puffern, steht ein Batterieschrank TS HV 70 von Tesvolt im Hausflur, eine Hochvoltbatterie. Er leistet 75 Kilowatt dauerhaft (1C) und 240 Kilowatt kurzzeitig in der Spitze.

Speicher puffert Leistung

Seine Speicherkapazität beträgt 76 Kilowattstunden. „Die Leistungsspitzen kommen nicht im Netz an“, meint Klaus Schleicher. „Auch wenn alle Durchlauferhitzer gleichzeitig laufen, merkt das Netz davon nichts. Der Speicher erlaubt eine sehr hohe Autarkie. Gesteuert wird die Technik über das Smart-Home-System von Loxone.“ Damit können die Mieter beispielsweise die Temperaturen in ihren Räumen aus der Ferne einstellen, per App.

Im Speicherschrank stecken 14 Batteriemodule, daneben hängen der Photovoltaikzähler und der Hauszähler, leicht zugänglich in einer Nische im Treppenhaus.

Dem Mehrfamilienhaus vorgesetzt wurden großzügige Carports.

Foto: Klaus Schleicher Energietechnik (KSE)

Dem Mehrfamilienhaus vorgesetzt wurden großzügige Carports.
Anschluss der Solar­strings über Wechsel­richter von SMA und Fronius.

Foto: Klaus Schleicher Energietechnik (KSE)

Anschluss der Solar­strings über Wechsel­richter von SMA und Fronius.

Auf Zähler verzichtet

In den Wohnungen der Mieter hat er komplett auf Zähler verzichtet. Es gibt nur den Hauszähler zum Energieversorger und die Messgeräte der Loxone-Steuerung. Allein das spart erhebliche Kosten für den Einbau und den Betrieb der Wohnungszähler, ganz abgesehen vom eichrechtlich vorgeschriebenen Austausch alle paar Jahre.

Die Wechselrichter für die Photovoltaik stammen von Fronius, der Batteriewechselrichter – wie immer bei Tesvolt – von SMA. „Mit den Mietern rechnen wir eine Flatrate ab, die auch Kaltwasser einschließt“, erläutert Schleicher. „Wir haben das Haus enttechnisiert und auf diese Weise die Baukosten stark gesenkt. Das Geld stecken wir lieber in die Photovoltaik und den Stromspeicher.“ Er rechnet vor: In 15 Jahren hat sich die Investition der Immobilie amortisiert.

Beim Besuch vor Ort in Eichenzell stehen Luca Schleicher, die Tochter des Bauherrn, und Mauro Molinari bereit, Innovationsmanager bei KSE. „Die Wechselrichter und den Batteriewechselrichter haben wir am Carport installiert, also außerhalb des Gebäudes“, erklärt Luca Schleicher.

Wie ihre Westentasche

Die Mechatronikerin kennt das Gebäude beinahe wie ihre Westentasche. „Auf diese Weise haben wir besseren Zugriff bei der Wartung. Und die Geräte laufen kühler. Außerdem gibt es in den Wohnungen keine Probleme mit störenden Brummgeräuschen, wie sie in der Leistungselektronik auftreten können.“

Jeder Quadratmeter Fläche wurde mit Solarmodulen belegt, hier einer der beiden Carports vorm Haus.

Foto: Klaus Schleicher Energietechnik (KSE)

Jeder Quadratmeter Fläche wurde mit Solarmodulen belegt, hier einer der beiden Carports vorm Haus.

Für Luca Schleicher beweist das Gebäude vor allem eins: „Energieeffizienz muss nicht hässlich sein.“ Die Wohnungen sind hochwertig ausgestattet und barrierefrei. Ein Lift führt bis in den untersten Stock, wo sich Abstellräume und eine Waschküche mit Waschmaschinen und Trocknern befinden.

Voll vermietet

An den Carports vorm Haus wurden bereits Leerrohre verlegt, falls eine der Mietparteien später einmal eine Ladebox für E-Autos wünscht.

Der Bau begann 2017, im September 2018 zogen die ersten Mieter ein. Mittlerweile ist das Haus voll vermietet. „Durch die Flatrate kann ich eine höhere Nettokaltmiete erzielen“, begründet Klaus Schleicher das Versorgungskonzept. „Das kommt meinem Return of Investment zugute.“

Das Smart-Home-System steuert zudem den Sonnenschutz beziehungsweise Sichtschutz der Räume und den Zugang zum Gebäude.

Schlüssel haben ausgedient

Die guten alten Schlüssel gibt es nicht mehr. „Wenn jemand den Schlüssel verliert, muss man alle Systemschlüssel austauschen“, sagt Luca Schleicher. „Das ist sehr teuer. Unsere Mieter haben einen smarten Button, den ich einfach für jeden Mieter und seine Zutrittsrechte programmieren kann.“ Der Architekt war Rene Winkler aus Kassel. Derzeit plant und baut er das neue Firmengebäude der KSE in Eichenzell. Nach schwierigen Jahren ist der Fachbetrieb wieder auf 45 Mitarbeiter gewachsen. „Auch das wird ein vollelektrisches Gebäude“, stellt Innovationsmanager Mauro Molinari in Aussicht. „Allerdings das doppelte oder dreifache System, wie wir es im Wohnhaus verbaut haben.“

Die Firma KSE will 2020 rund 15 Megawatt mit Dachanlagen bauen. „Zunehmend werden komplette Energiekonzepte gefragt“, bestätigt Mauro Molinari. „Wir bauen keine Anlagen auf dem Freiland, aber viele auf Gewerbedächern mit 750 Kilowatt.“

Faktisch verdoppelt

Luca Schleicher ergänzt: „Im vergangenen Jahr haben wir 20 neue Mitarbeiter eingestellt. Damit haben wir uns faktisch ­verdoppelt.“