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Es ist ein recht langer Weg durch das Langhaus, das einem historischen belgischen Bauernhof nachempfunden wurde. Doch das Lichtspiel ist beeindruckend. Blau-grün scheint es ins Innere des länglichen Raumes. Was der Besucher in diesem Moment nicht weiß: Die getönten Scheiben im Dach des Langhauses sind keine normalen Fensterscheiben. Während sie im Inneren des Gebäudes für warmes Licht sorgen, produzieren sie gleichzeitig Strom. Denn es sind semitransparente organische Solarfolien zwischen den beiden Scheiben einlaminiert.

Das Dach gehört zum belgischen Pavillon auf der Weltausstellung in Mailand, die im Oktober ihre Pforten schloss. Sie war ganz klar eine Schau, bei der die alternative Energieversorgung zum Thema gehörte. Auch die beiden Pioniere der organischen Photovoltaik gaben sich auf der Expo in der oberitalienischen Metropole die Ehre. Dort durften sie zeigen, was sie können. Schließlich besucht das Publikum eine Weltausstellung nicht aus Skepsis an der Zukunft, sondern um zu sehen, wie die Zukunft gestaltet wird. Dazu werden auch die organischen Solarfolien gehören, wie sie Heliatek in das Dach des belgischen Pavillons integrierte.

Auf dem Feld der Ideen

Es ist nicht das erste Projekt, das der Hersteller organischer Solarfolien aus Dresden zusammen mit dem belgischen Partner AGC Glass Europe realisiert hat. Den Anfang machte die Installation von Glasscheiben mit organischen Solarfolien am eigenen Firmensitz in der sächsischen Metropole. Zusammen mit AGC wollen die Dresdner den Markt für die Integration von organischen Solarmodulen in Glasscheiben ins Rollen bringen. Der Zielmarkt ist die gebäudeintegrierte Photovoltaik.

Dies ist auch ein Markt, den Belectric OPV abdecken will. In Mailand setzte das Unternehmen aus Nürnberg auf eine ästhetische und gleichzeitig markttaugliche Lösung. Sie verdrahteten sechseckige Folien in ganz unterschiedlichen Größen. Die Hexagone waren die Blätter künstlicher Bäume, die vor dem deutschen Pavillon standen. Field of Ideas – Feld der Ideen –, so lautete das Motte des deutschen Pavillons. Die Bäume ragten aus diesem Feld der Ideen auf.

Den Strom, den die Solarmodule tagsüber produzierten, speicherten die Betreiber des deutschen Pavillons ein. In der Nacht nutzten sie ihn dann, um die Bäume zu illuminieren. Weit über das Gelände der Weltausstellung waren die Bäume in Mailand zu sehen.

Stabilität ist nachgewiesen

Das Projekt diente nicht nur dem Prestige. Denn Belectric OPV hat den Ertrag der Solarmodule gemessen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Stabilität der Folien ziehen. Zwar waren die Module nur sechs Monate im Einsatz, doch auch das hilft den Herstellern zu zeigen, dass sich die organische Photovoltaik nicht hinter der anorganischen Konkurrenz verstecken muss. Denn sie funktioniert. Wenn auch noch mit geringen Wirkungsgraden.

Die Stabilität der Folien ist schon nachgewiesen. Verschiedene Alterungstests haben das gezeigt. Doch die Technologie ist einfach noch zu jung, um konkrete Daten über die tatsächliche Performanz der Folien über 20 Jahre hinweg zu haben.

Kundenspezifische Produkte fertigen

Die Hersteller zeigen mit ihren Projekten konkrete Produkte. Belectric OPV setzt dabei nicht ausschließlich auf uferlose Massenfertigung. Denn die Technologie hat durchaus genau dieses Potenzial. Im Rolle-zu-Rolle-Druck Massen von Solarfolien auszustoßen, ist eine Versuchung. „Das ist das, was einst Konarka versucht hat“, erklärt Andreas Distler, Entwicklungschef bei Belectric OPV. Das Nürnberger Unternehmen ist unmittelbar aus Konarka hervorgegangen, nachdem deren Strategie gescheitert war und Belectric die deutsche Niederlassung übernommen hatte.

Dort war vor allem die Entwicklungsabteilung von Konarka angesiedelt. Um tatsächlich auch Module herstellen zu können, kaufte Belectric aus der Insolvenzmasse die Maschinen der Amerikaner. Diese stehen jetzt in einem nagelneuen Gebäude im fränkischen Kitzingen. Dort druckt Belectric OPV die Module im Rolle-zu-Rolle-Verfahren so weit, wie es möglich ist. „Die gedruckten Schichten werden dann mit einem Laser so strukturiert, wie es der Kunde haben will“, erklärt Distler. Erst jetzt werden die einzelnen Module verschaltet und auf die Wünsche des Kunden angepasst.

Schließlich ist der Ansatz der Franken, die Rolle-zu-Rolle-Produktion mit dem großen Ausstoß an Solarfolien so weit wie möglich zu treiben. Diese kontinuierliche Massenfertigung brechen sie an der Stelle ab, wo sie mit der kundenspezifischen Bearbeitung der Folie in sogenannten Batchprozessen beginnen. Das passiert genau dann, wenn die konkreten Produkte für die Kunden in definierten Größenordnungen hergestellt werden sollen.

Dieser Schritt soll so spät wie möglich und so früh wie nötig im gesamten Produktionsprozess erfolgen. Damit können die Franken gleich mehrere Vorteile der organischen Photovoltaik nutzen. Zum einen können sie durch das Rolle-zu-Rolle-Verfahren schnell große Mengen an Solarfolie herstellen. Indem sie nicht den gesamten Prozess bis zur Einkapselung der Folie vollständig standardisieren, behalten sie die Möglichkeit, die Module nach den Wünschen des Kunden hinsichtlich der Größe und Geometrie herzustellen.

Mit Bedacht wachsen

Mit der Anlage in Kitzingen kann Belectric OPV pro Jahr Module mit einer Gesamtleistung von zwölf Megawatt drucken. „Der begrenzende Faktor ist derzeit die Anzahl an Produktentwicklungsprozessen im Bereich Backend“, erklärt Distler.

Denn das eigentliche Drucken geht sehr schnell. Aber die gedruckten Folien auf die vom Kunden vorgegebene Größe anzupassen, sie mit dem Laser zu strukturieren, zu kontaktieren und mit einer Barrierefolie einzukapseln, all das ist für die ersten Prototypen jedes Mal viel Aufwand. Erst wenn der Prototyp fertig ist und vom Kunden abgenickt wurde, gehen diese Module in die Massenfertigung.

Derzeit sind bei Belectric OPV 25 Mitarbeiter mit diesem ganzen Prozess beschäftigt. „Wenn wir die doppelte Mitarbeiterzahl hätten, könnten wir auch mehr als die doppelte Anzahl an Projekten verfolgen“, betont Distler. Hier versucht Belectric OPV aber mit Bedacht vorzugehen und schrittweise Produkte in die Massenfertigung zu überführen, die in Zusammenarbeit mit den Kunden entwickelt werden. So ist auch die Abnahme der Produkte abgesichert.

Neben den größeren Projekten im Bereich der gebäudeintegrierten Photovoltaik kommen auch zunehmend Aufträge von Herstellern mobiler Elektrogeräte, die mit den organischen Solarmodulen deren Oberfläche bestücken. Das ist am Anfang ein sehr kleinteiliges Geschäft. „Es laufen immer wieder Aufträge für kleine elektronische Anwendungen, die für ein bis zwei Monate unsere Produktion auslasten“, sagt Distler. „Dann kommt der nächste dieser Aufträge.“

Der eigentliche Volumenmarkt, die Gebäudeintegration der Folien, in den die organischen Photovoltaiker wollen, beginnt jetzt, Fahrt aufzunehmen. Immerhin hat Belectric OPV schon die ersten Großprojekte mit den organischen Solarmodulen aus dem Werk in Kitzingen realisiert.

Ohne Gerüst installiert

Im September dieses Jahres hat das Unternehmen speziell angefertigte Module für den Neubau des Peace and Security Building der Afrikanischen Union in Addis Abeba geliefert. Die Module wurden in eine Stahlseilkonstruktion eingehängt, die Carl Stahl Architektur geliefert hat. Innerhalb von nur fünf Tagen haben die Installateure von Belectric OPV und Carl Stahl zusammen mit einheimischen Monteuren die gesamte Anlage in das Kuppeldach des Gebäudes in der äthiopischen Hauptstadt gehängt. „Trotz der extremen Komplexität des Projektes war die Installation einfach zu bewerkstelligen“, erklärt Luca Castani, Chefmonteur bei Carl Stahl. „Installationsgerüste oder Hubbühnen, wie sie normalerweise bei der Installation von Gebäudeteilen dieser Größenordnung verwendet werden, waren bei diesem Projekt nicht nötig. Das ist den extrem leichten OPV-Folien zu verdanken, die wir schnell und unkompliziert installieren konnten.“

Das schlägt auch auf den Preis durch. Allein die Kosten für die Installation einer ästhetisch gleichwertigen Anlage mit kristallinen Solarmodulen hätte fast so viel gekostet wie die gesamte Anlage mit den organischen Solarfolien – inklusive Installation.

Neue Projekte in Arbeit

Jetzt schweben die 445 semitransparenten Module mit jeweils vier OPV-Inlays förmlich unter dem Dach und schützen das Innere des Atriums vor der heißen afrikanischen Sonne. Die Anlage misst eine Fläche von 400 Quadratmetern. „Die Idee war, dass die Sonne von oben durch das Kuppeldach scheint und auf dem Boden des Atriums ein Schatten des afrikanischen Kontinents abgebildet wird“, erklärt Andreas Distler. „Dieser Schatten erscheint aufgrund der Farbe der Module blau. So spiegelt sich die Konstruktion im Dach auf dem Boden wider.“ Genau diese Idee haben die Franken umgesetzt, indem sie die Module so in das Dach gehängt haben, dass dort die Umrisse Afrikas nachgebildet werden.

Das Sonnensegel ist das bisher größte Projekt von Belectric OPV und nach Angaben des Unternehmens auch die erste Anlage mit organischen Solarfolien und einem Edelstahlseiltragwerk, das in dieser Größenordnung realisiert wurde. Weitere dieser Projekte hat Belectric OPV schon in Bearbeitung. „Mit diesem weiteren, sehr renommierten Projekt sind wir mit unserem Angebot einer gestaltungsorientierten Photovoltaik für den Gebäudebereich endgültig im Markt angekommen“, freut sich Hermann Issa, Director Business Development and Sales bei Belectric OPV. „Dieses Projekt zeigt erneut die vielfältigen Möglichkeiten in den Bereichen Design, Transparenz, Flexibilität und Farbe, welche durch die Solarmodule der Belectric OPV voll erschlossen und umgesetzt werden können.“

BIPV-Markt geöffnet

Zudem zeigt es die entscheidenden Vorteile der organischen Photovoltaik: die Kosten. Die Verschattung mit den organischen Solarfolien in Addis Abeba ist nur unwesentlich teurer gewesen, als wenn die Afrikanische Union dies mit einem konventionellen Verschattungssystem realisiert hätte. Damit öffnet sich Belectric OPV dem Markt für die Gebäudeintegration der organischen Photovoltaik.

Schon längst in diesem Markt angekommen ist Heliatek. Der Hersteller von organischen Solarfolien hat bisher mehrere Projekte realisiert. Den Anfang machte die Installation von Glasscheiben mit organischen Solarfolien am eigenen Firmensitz in Dresden. Zusammen mit dem belgischen Glashersteller AGC wollen die Dresdner schon einmal das Segment der Integration von organischen Solarmodulen in Glasscheiben abdecken.

Herzstück künftiger Architektur

Wie das geht, haben die Dresdner auch auf der Weltausstellung in Mailand gezeigt. „Mit der Verwendung der organischen Solarfolien für die Expo in Mailand demonstrieren wir, wie ein innovatives High-End-Glasprodukt aussehen könnte“, betonen die Dresdner. „Unser Angebot an technologisch hochentwickelten Glaslösungen bildet das Herzstück zukünftiger nachhaltiger Architekturlösungen“, ergänzt Frédéric Bonnefoy, Produktmanager von AGC Glass Europe, mit Blick auf die Zusammenarbeit mit Heliatek.

Doch es geht noch mehr. Denn die Dresdner können ihre Folien auch auf Beton anbringen. Das haben sie an einer Fassade in Herne gezeigt. Dort hat der Hersteller von Betonmatrizen für den Fassadenbau Reckli die Folien der Dresdner in seine neue Fassade am eigenen Hauptsitz integriert. In drei Reihen haben die Projektpartner die Solarfolien direkt in die Betonwand eingelassen und an die nach Südwesten ausgerichtete Fassade gebaut. Insgesamt beträgt die aktive Fläche fast 60 Quadratmeter. Die Folien liefern immerhin etwa 500 Kilowattstunden Strom pro Jahr, die Reckli direkt in der Produktion verbraucht.

Seit drei Jahren arbeiten Heliatek und Reckli gemeinsam an der Entwicklung der Betonfassaden, die mit den Solarfolien bestückt sind. Sie versuchen dabei, verschiedene Betonstrukturen als smarte Fassadenlösungen zu entwickeln. Vor allem geht es darum, die Betonfassaden farblich aufzuwerten. Denn Heliatek liefert die Solarfolien mit unterschiedlichen Farbgebungen.

Das Marktpotenzial ist riesig. „Immerhin werden weltweit jährlich 130 Millionen Quadratmeter Betonfassaden gebaut, das ist unser Zielmarkt“, erklärt Thomas Bickl, Vertriebsleiter bei Heliatek, der in Dresden auch für die Produktentwicklung zuständig ist. Für das kommende Jahr plant Heliatek noch weitere Projekte zusammen mit Reckli. Die umfassende Markteinführung der mit organischen Solarfolien bestückten Betonfassaden haben die Projektpartner für 2017 angekündigt. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Fortschritt unseres gemeinsamen Entwicklungsprojektes, in welchem die Vorteile unseres dünnen und leichten Produkts sowie des flexiblen Layouts perfekt zum Tragen kommen“, betont Bickl.

Solare Traglufthalle in Berlin

Im Januar dieses Jahres kam ein Projekt in Berlin dazu. Dort bestückten die Dresdner mit mehreren Segmenten ihrer Solarfolie eine Traglufthalle. Die Segmente sind über die Oberfläche der Traglufthalle verteilt und haben eine Gesamtfläche von 50 Quadratmetern. Insgesamt leistet die Anlage zwar nur 1,4 Kilowatt. Doch auch bei den Dresdnern zählt nicht die Anschlussleistung, sondern die Menge an Strom, die erzeugt wird. Und diese Zahlen können sich sehen lassen: Die organischen Solarfolien decken immerhin fünf Prozent des gesamten Strombedarfs in der Traglufthalle ab. Die Folien schmiegen sich perfekt an die Oberfläche an. Jedes Segment hat eine Größe vom zwei mal zwei Metern und wurde mit einer speziell für PVC-Membrane entwickelten Halterung an der Halle angebracht.

Die Traglufthalle ist ein gelungenes Beispiel, wie sich Heliatek den Markt für die organische Photovoltaik vorstellt. Sie wollen eigentlich keine Modulhersteller sein. Vielmehr wollen sie die Folien als Rohmaterial an Projektpartner liefern. Diese entwickeln dann das eigentliche Produkt.

Markteinführung für 2016 geplant

So ist auch das Projekt in Berlin gelaufen. Denn es wurde eigentlich von Paranet initiiert. Das Berliner Unternehmen stellt schon seit 20 Jahren Traglufthallen her, die meist als Notunterkünfte, Sport- oder Logistikhallen ohne Anschluss an das Stromnetz genutzt werden. In der Regel wird der Strom für diese Hallen mit Dieselgeneratoren erzeugt. „Um die Kraft der Sonne zu nutzen, suchen wir schon lange nach einer industrietauglichen, flexiblen Lösung für die Aufbringung auf PVC-Membranen“, erinnert sich Jürgen Wowra, Geschäftsführer von Paranet. Die unflexiblen und vergleichsweise schweren Module der anorganischen Photovoltaik scheiden da aus. Am Ende bot sich die flexible Solarfolie der Dresdner regelrecht an.

Für Heliatek ist das Projekt ein wichtiger Schritt in Richtung Markt. Die Dresdner haben damit gezeigt, dass sie in der Lage sind, ihre Folien nicht nur auf Glas oder Beton zu installieren. „Die Integration mit PVC-Membranen ist die konsequente Fortführung unserer Vermarktungsstrategie“, erklärt Vertriebsleiter Thomas Bickl. „Wir haben uns mit den Traglufthallen nach der gebäudeintegrierten organischen Photovoltaik noch einen weiteren Anwendungsbereich erschlossen.“ Die Dresdner bestücken auch Aluminium-, Stahl- und Polymeroberflächen mit den Folien.

Paranet wird die Traglufthalle mit den organischen Solarfolien jetzt in das Portfolio aufnehmen und im kommenden Jahr auf den Markt bringen. Zusammen mit Heliatek wollen die Berliner das Konzept noch erweitern. So soll unter anderem die solar aktive Fläche erweitert werden. Es reicht dazu aus, die Oberfläche der Halle zu einem Viertel mit organischen Solarfolien zu bedecken, um sie komplett mit Strom zu versorgen. Damit dies kein rechnerischer Wert bleibt, will Paranet noch einen Speicher integrieren.

Solche Werte können sich nicht nur sehen lassen, sondern sind auch enorm wichtig. So bekommen die Kunden eine Vorstellung von den Relationen gegenüber der anorganischen Photovoltaik.

Schließlich ist die Markteinführung im Schatten der übermächtigen konventionellen Photovoltaiktechnologien nicht ganz einfach. Zwar haben die Folien klare Vorteile: Sie sind flexibel und leicht. Durch die Verwendung verschiedener solar aktiver Materialien lassen sich auch unterschiedliche Farben realisieren, und in Mailand haben Belectric OPV und Heliatek gezeigt, dass die Produktion semitransparenter Module keine Hürde ist. Doch selbst wenn Andreas Distler von Belectric OPV betont, dass die jetzigen Kunden weniger am Wirkungsgrad der Folien als an den ästhetischen Vorteilen interessiert sind, bleibt die geringe Effizienz eine Hürde. Die Folien der Nürnberger wandeln derzeit vier Prozent des Sonnenlichts in Strom um. Heliatek schafft es immerhin schon auf sechs Prozent.

Stark in der Fassade

Tatsächlich sind die organischen Solarfolien aber mit diesen geringen Wirkungsgraden schon viel ertragreicher als die anderen Photovoltaikmodule. Das verdanken sie ihrem guten Schwachlichtverhalten. Sie fangen früher am Tag an, Strom zu produzieren, und liefern auch am Abend noch Energie, wenn die anderen Technologien schon längst schlafen gegangen sind. „Wir haben es ausgetestet“, erklärt Andreas Distler von Belectric OPV. „Wir haben ein normales Dünnschichtmodul und ein organisches Solarmodul verglichen. Beide Module hatten die gleiche nominelle Leistung. Am Ende hat das organische Solarmodul über den gesamten Tag hinweg viel mehr Strom erzeugt als das Dünnschichtmodul.“

Damit haben sie einen entscheidenden Vorteil gegenüber den anorganischen Solarmodulen vor allem in dem Segment, das die OPV-Hersteller für sich auserkoren haben: in der gebäudeintegrierten Photovoltaik. Die ungünstige Ausrichtung zur Sonne sorgt dafür, dass die Hauseigentümer mit den herkömmlichen Technologien in der Fassade üppige Ertragsverluste hinnehmen müssen. Das ist mit der organischen Photovoltaik nicht der Fall. Neben der gestalterischen Vielfalt der Möglichkeiten ist das ein echter Vorteil der Technologie. Deshalb ist für den Fassadenbauer Reckli die Zusammenarbeit mit Heliatek so wichtig. „Wir wollen interessierten Architekten, Bauplanern und Bauherren zeigen, wie die Zukunft des Solarbetons aussehen wird“, begründet Peter Henning, Vertriebsleiter von Reckli.

Ein weiteres Problem sind die Kosten. Der limitierende Faktor sind die noch geringen Stückzahlen. Erst wenn die Produktion aufskaliert ist, können die Hersteller die Kosten senken. Derzeit kostet der Quadratmeter organische Solarfolie zwischen 200 und 250 Euro. „Das Potenzial der Technologie ist aber da, um in naher Zukunft auf 50 Euro zu kommen, wenn wir das Produktionsvolumen steigern“, erklärt Andreas Distler. Denn es ist nicht die Herstellung der Folien, sondern die solar aktiven Materialien, die noch relativ teuer sind. Immerhin über 1.000 Euro zahlen die Nürnberger für das Gramm bei ihrem Lieferanten, dem Chemiekonzern Merck. Steigen die Abnahmemengen, kann Belectric OPV bei Merck auch einen viel geringeren Preis durchsetzen.

Die Strategie von Heliatek sieht etwas anders aus. Die Dresdner betreiben in Ulm ein eigenes Chemielabor, wo die Materialien entwickelt und hergestellt werden. „Derzeit synthetisieren wir dort etwa 100 Materialien pro Jahr“, weiß Karsten Walzer, Forschungschef bei Heliatek.

Doch kann Heliatek dabei auf eingefahrene Strukturen zurückgreifen, die Belectric OPV nicht hat. Schließlich entstand das Chemielabor in Ulm bereits im Jahr 2007, als es Belectric OPV noch gar nicht gab. „Außerdem müsste man die Materialien im Kilogrammmaßstab herstellen, um sie billiger zu bekommen“, schränkt Andreas Distler ein. „Solche Kapazitäten hat nur eine große Chemiefirma.“ Deshalb werden die Franken auch weiterhin auf die Zusammenarbeit mit Merck setzen.

www.solarte.de

Fraunhofer IAP

Im Einzeldruck kundenspezifische Produkte fertigen

Auf die kundenspezifische Fertigung organischer Solarfolien konzentriert sich das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) – zumindest was die Aufskalierung der organischen Photovoltaik betrifft. Das Institut betreibt im Potsdamer Stadtteil Golm eine Pilotanlage. Doch die Potsdamer setzen nicht auf das schnellere Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Sie drucken jedes einzelne Stück im Tintenstrahldruckverfahren. „Wir wollen damit in einem Zwischenschritt die organische Photovoltaik vom Labor in die Produktion bringen“, erklärt Silvia Janietz vom Fraunhofer IAP. „Für uns ist es wichtig, mit dem Sheet-to-Sheet-Tintenstrahldruck die im Labor hergestellten organischen Solarzellen auf größeren Flächen und in größeren Stückzahlen zu reproduzieren.“ Das Entscheidende ist dabei, die Effizienzen aus dem Labor möglichst ohne große Verluste auf Flächen von 150 mal 150 Millimetern zu drucken – die Größe einer Standardsolarzelle aus kristallinem Silizium.

Die Chemiker des Fraunhofer IAP entwickeln in den Laboren in Potsdam-Golm die photovoltaisch aktiven Polymere. Die Halbleitermaterialien sollen aber nicht nur möglichst effizient sein. Sie müssen sich auch im Tintenstrahldruckverfahren verarbeiten lassen. Die Herausforderung dabei ist, die Materialien so zu entwickeln, dass sie gut durch die Druckköpfe passen. „Mit der Pilotlinie können wir unsere Materialien dann prozessierbar machen“, erklärt Silvia Janietz.

Dabei geht es vor allem darum, dass die in Golm entwickelten Materialien und Formulierungen, so nennt der Chemiker die Mischung aus aktivem Material und Hilfsstoffen, möglichst homogen auf die gesamte Fläche gedruckt werden. Dies geht im Tintenstrahlverfahren zwar nicht so schnell wie im Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Doch das Ziel der Potsdamer Entwickler ist es auch nicht, die maximale Stückzahl in kürzester Zeit vom Band laufen zu lassen, sondern möglichst präzise zu drucken. Deshalb ist auch das Rolle-zu-Rolle-Verfahren schon ein Schritt zu weit für die Forscher aus Potsdam.

Die Anlage in Potsdam-Golm besteht aus drei Modulen. Zunächst werden im ersten Modul die aktiven Schichten mit dem Tintenstrahldrucker auf das Substrat gedruckt. Dieser ist in eine sogenannte Glovebox integriert, also gegenüber der Umgebung hermetisch abgeschlossen. Die Glovebox wiederum steht in einem Reinraum. Die Entwickler in Potsdam können beim Drucken die Dicke der einzelnen Schichten variieren. Diese sollten in einem Bereich von mindestens 100 bis 300 Nanometern liegen, um mit dem Druckprozess eine bessere Reproduzierbarkeit zu erreichen.

Die Entwickler des Fraunhofer IAP haben mit ihren Materialien und ihrem Druckprozess einen Wirkungsgrad von immerhin 6,2 Prozent geschafft. Allerdings haben sie diese Effizienz auf ihrer Pilotlinie in Potsdam noch nicht reproduzieren können.

Durch das Drucken Stück für Stück sind die Potsdamer relativ frei in der Wahl des Materials, auf dem sie die Schichten drucken. „Wir können sowohl Glas als auch PET-Folie verarbeiten“, erklärt Silvia Janietz. „Selbst ganz dünnes und biegsames Glas haben wir schon bedruckt.“

Nachdem die gedruckten Schichten in einem Vakuumofen getrocknet wurden, dampfen die Potsdamer im zweiten Modul der Pilotlinie die Kontaktierung auf. Die negative Elektrode konnten sie auch schon aufdrucken, doch das Aufbringen der positiven Elektrode funktioniert noch nicht im Druckverfahren. Diese wird immer noch aufgedampft. Zum Schluss kapseln sie das gesamte Modul noch in eine Barrierefolie oder Glas ein, um es resistent gegenüber Umwelteinflüssen zu machen. „Hier geht es uns darum, verschiedene Materialien für die Einkapselung und unterschiedliche Kleber zu testen“, erklärt Janietz. „Wir bekommen von verschiedenen Herstellern Barrierefolien, die wir in deren Auftrag hinsichtlich ihrer Barriereeigenschaften testen. Auch Hersteller von Klebern beauftragen uns, ihre Materialien auf deren Eignung für die organische Photovoltaik zu prüfen.“ Die Fraunhofer brauchen solche Aufträge, um die Anlage überhaupt betreiben zu können. Deshalb können sie die Pilotlinie auch noch nicht in ihrer vollen Kapazität ausreizen.

www.iap.fraunhofer.de

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