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Grüner Strom für Amazon

Wer nördlich des Autobahnkreuzes A 61 und A 650 vorbeikommt, wird das neue Logistikzentrum mit 48.000 Quadratmetern Dachfläche schnell entdecken. Es liegt im Industriegebiet „Am Römig“ in Frankenthal in der Pfalz, unweit der Stadt Ludwigsburg. Der Internethändler Amazon hat die Halle angemietet, um künftig seine Kohlendioxidbilanz zu verbessern.

Im neuen Logistikzentrum werden rund 1.000 Arbeitsplätze entstehen, Amazon hat in den Standort Frankenthal 80 Millionen Euro investiert. Das Zentrum stellt eine Trendwende für den Konzern dar: Er will und muss seinen ökologischen Fußabdruck verbessern. In einem von Greenpeace erstellten Ranking internationaler Internetfirmen belegt Amazon nur Platz zwölf von 15 gelisteten Unternehmen. Während Apple, Facebook und Google an der Spitze des Ökostrom-Rankings stehen, liegt Amazon am Ende, weil der Internetriese verstärkt auf Kohle- und Atomstrom setzt und sich bislang nicht für erneuerbare Energien an seinen Standorten einsetzte. Nachzulesen ist das im Anfang 2017 veröffentlichten Report „Grüner Klicken“, der die Lieferkette der 15 weltweit größten Anbieter für Cloud-Computing untersucht.

Die Aufdachanlage, die Amazon grüner machen soll, leistet immerhin 4.010 Kilowatt. Sie wurde von der Firma Maxsolar geplant und errichtet, zusammen mit der Luxemburger Firma Avantag Energy und der Amatec GmbH sowie den örtlichen Stadtwerken aus Frankenthal. Auftraggeber war die Betreibergesellschaft PV Frankenthal, die zur Energiegenossenschaft Inn-Salzach (Egis) gehört.

Amazon kann hierbei von der grünen Initiative der Egis profitieren: Der Immobilienbesitzer hatte das Dach nämlich an die Genossenschaft und erst später die Gewerbehalle darunter an Amazon verpachtet.

EEG-Vergütung und Direktvermarktung

Seit Mitte 2016 ist Maxsolar mit seinen Partnern bereits in der Planung, in der Schlussphase ging dann alles recht schnell. Die Zeit drängte. Aufgrund der ab 2017 geltenden EEG-Novelle musste das Solarprojekt vorgezogen und noch schnell bis Jahresende 2016 umgesetzt werden. Ansonsten hätte die Energiegenossenschaft Egis keine Einspeisevergütung mehr bekommen, sondern mit dem Aufdachkraftwerk in die Ausschreibung für eine Marktprämie gehen müssen. So ist es im EEG 2017 für Photovoltaikanlagen mit mehr als 750 Kilowatt Leistung vorgeschrieben. Am 14. Dezember 2016 konnte die Anlage, rechtzeitig vor Inkrafttreten der neuen Regelung, technisch fertiggestellt werden.

Seit Anfang April 2017 speist die Anlage voll ins Netz ein. Die EEG-Einspeisevergütung im Dezember 2016 lag bei 9,55 Cent pro Kilowattstunde und damit deutlich über den Ausschreibungsvergütungen. Zum Vergleich: Die Preise in der fünften Ausschreibungsrunde betrugen laut Bundesnetzagentur im Schnitt 7,23 Cent pro Kilowattstunde. Und in den nächsten Ausschreibungen werden die Erlöse sicher weiter sinken.

Aufgrund der Anlagengröße wird der solare Ertrag direkt vermarktet. Als Fachspezialist hat Maxsolar die Anlage deshalb für den Investor in sein Vermarktungsportfolio aufgenommen. Bei rund 950 prognostizierten Sonnenstunden pro Jahr wird das Kraftwerk auf dem Dach voraussichtlich knapp 3,8 Gigawattstunden Solarstrom produzieren. Die garantierte Einspeisevergütung nach EEG war der bevorzugte Business Case und wichtig, um die Ertragssicherheit für die Energiegenossenschaft belegen zu können.

Eigenverbrauch antizipieren

Maxsolar regte in der Planungsphase an, den Solarstrom zunächst voll ins Netz einzuspeisen, da die Stromnutzung für Gewerbehallen mit einer Eigenproduktion in dieser Größenordnung besonderen Regelungen unterliegt. Ein möglicher Eigenverbrauch des Sonnenstroms wurde jedoch bereits im Anlagenkonzept vorgesehen. Der zukünftige Mieter des Logistikzentrums sollte seinen Strombedarf jederzeit durch Solarstrom vom Dach anteilsmäßig ersetzen können. Dafür war es beispielsweise wichtig, Trafostationen am Einspeisepunkt so einzubauen, dass der Mieter problemlos angeschlossen werden kann.

Denn Eigenverbrauch könnte künftig deutlich Kosten sparen, vor allem dann, wenn der Strom vom Dach günstiger bezogen werden kann als vom öffentlichen Energieversorger. Maxsolar schätzt gemeinsam mit dem neuen Gewerbemieter den zu erwartenden Stromverbrauch ab.

Kraftwerke auf dem Dach

Nach bisheriger Datenlage ist davon auszugehen, dass mehr als 50 Prozent des produzierten Stroms direkt vor Ort verbraucht werden. Als spezialisierter Dienstleister begleitet Maxsolar deshalb parallel auch die Verhandlungen zwischen der Genossenschaft und dem US-Konzern und ermittelt den für beide Seiten bestmöglichen Business Case.

Selbstverständlich stimmt Maxsolar, in engem Austausch mit dem Verteilnetzbetreiber, auch die Rahmenparameter der Versorgung und Produktion vor Ort ab. Generell gilt: Die Logistikbranche hat vergleichbar hohe Energiekosten wie das produzierende Gewerbe. Dächer von Logistikhallen haben jedoch meist mehr Flächenpotenzial. Module lassen sich relativ preiswert und effizient aufbauen.

Dachanlagen mit einer Größe und Leistung wie in Frankenthal sind als Kraftwerk zu betrachten. Im Grunde steht ein Solarpark, der früher auf einer Freifläche gebaut wurde, nun auf dem Dach eines Gebäudes. Dessen Statik sowie ein sicheres Blitzschutz- und Brandschutzkonzept sind nur drei der dadurch neu entstehenden Herausforderungen.

Für diese Dachanlage wie auch für jede andere gilt: Sie muss zum Kunden und seinen Anforderungen passen. Für Gewerbestromprojekte gibt es keine Lösung von der Stange, und das wird auch künftig so bleiben. Eine Photovoltaikanlage darf nie isoliert betrachtet werden, Maxsolar bettet sie daher immer in ein schlüssiges Gesamtkonzept ein. Die Herangehensweise an Projekte ist dabei meist ähnlich. Bevor es an die Umsetzung geht, werden der Verbrauch und damit das entsprechende Lastprofil des Unternehmens ermittelt. Den Energieverbrauch genau zu erfassen ist alles andere als trivial. Schließlich geht es darum, in einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis einen möglichst hohen Eigenverbrauch zu erreichen.

Fast 15 000 Module montiert

Der Beratungsaufwand bei Projekten steigt deshalb schon im Vorfeld tendenziell immer mehr, die Projekte selbst werden zunehmend komplexer und müssen vorausschauend geplant werden. So ist es beispielsweise sinnvoll, die Notwendigkeit von Ladesäulen für den elektrisch fahrenden Fuhrpark zu antizipieren, die dann gegebenenfalls auch eingebunden und angesteuert werden können.

Wie umfangreich und kleinteilig solche Planungsprozesse sein können, verraten einige Details zur Anlage in Frankenthal: Die 14.584 verbauten Module vom Typ Q-Plus mit je 275 Watt Leistung lieferte die Firma Hanwha Q-Cells. Die Unterkonstruktion Fix Grid stammt aus dem Hause Schletter, und die Stringwechselrichter lieferte die Firma Kaco New Energy aus Neckarsulm. 68 Geräte ihres Blueplanet 50.0 RL3 wurden installiert. Der hängende Stringwechselrichter bringt nur 71 Kilogramm auf die Waage, das erleichterte Transport und Einbau erheblich.

68 Wechselrichter installiert

Die Wechselrichterbänke wurden auf dem Dach installiert. Dass Wechselrichter innerhalb des Gebäudes vor Sonne, Staub und Witterung geschützt werden müssen, gilt längst nicht mehr. Die Schutzrichtlinie IP65 garantiert die Außenbeständigkeit der Umrichter. Das ist auch dann praktisch, wenn Installateure zur Wartung jederzeit von außen an die Geräte kommen und sich nicht erst mit dem Mieter oder Hausmeister des Gebäudes verabreden müssen.

Um eine gleichmäßigere Einspeisung für den Eigenverbrauch zu gewährleisten, wurden die Module in Ost-West-Richtung aufgeständert. Die zur Verfügung stehende Dachfläche wird so maximal genutzt, weil der bei einer Südausrichtung der Module nötige Regelabstand von rund 80 Zentimetern entfällt. Mehr Module auf dem Dach erzeugen analog auch mehr Strom.

Genossen stärken die Akzeptanz

Davon profitieren künftig die Genossen der Egis. Die Rechtsform einer Genossenschaft bietet klare Vorteile: Sie deckt sich gut mit der inhaltlichen Ausrichtung eines Projektierers wie Maxsolar, die Energieversorgung dezentral zu organisieren und die Akzeptanz von Ökostrom und der Energiewende insgesamt zu erhöhen. Deutlich mehr Bürger werden so zu Beteiligten und Mitgestaltern der Energiewende!

Auch die Resonanz für das Frankenthaler Projekt war beeindruckend: Innerhalb von 100 Stunden waren 850 000 Euro eingesammelt und alle Anteile zu je 150 Euro verteilt. Die Egis visiert eine Dividende zwischen drei und vier Prozent an – in Zeiten von Nullzinsen für Spareinlagen bei vielen Geldinstituten scheint das für viele eine attraktive Alternative zu sein. Die Genossen gehen zwar das Risiko einer unternehmerischen Tätigkeit ein, aber da Maxsolar und seine Partner das Projekt rechtzeitig fertiggestellt haben, ist es dank der garantierten Einspeisevergütung ein überschaubares.

Der neue Geist der Branche

Was heißt das für die Erneuerbaren? Aus Sicht von Maxsolar zeigt das Projekt in Frankenthal den gedanklichen Wandel innerhalb der Branche: Maxsolar setzte das Projekt zwar als Generalunternehmer um, doch gemeinsam mit dem Mitentwickler Avantag Energy wurde die Aufdachanlage realisiert. Auch auf der letztjährigen Intersolar 2016 in München zeichneten sich dieser Trend und ein produktiver Austausch in Gesprächen vielerorts ab. Früher hätten Konkurrenten ein Projekt nicht zusammen umgesetzt – heute arbeitet man erfolgreich zusammen.

Greenpeace

Ranking der Nutzung von Ökostrom bei Internetfirmen

Die Konzerne Apple und Facebook stehen an der Spitze eines aktuellen Ökostrom-Rankings von Greenpeace unter den größten Internet- und Elektronikfirmen. Demnach betreiben Apple, Facebook, Google und HP ihre Rechenzentren mindestens zur Hälfte mit Ökostrom. Hingegen setzt etwa Amazon weiterhin auf Kohle- und Atomstrom, so das Ergebnis der jüngsten Ausgabe des Greenpeace-Reports Grüner Klicken.

Da weltweit immer mehr Menschen Cloud- und Streaming-Dienste nutzen, steigt auch der Energiebedarf stark an. „Wäre das Internet ein Land, so hätte es weltweit den sechsgrößten Stromverbrauch“, sagt Niklas Schinerl, Energieexperte von Greenpeace. Bereits jetzt mache der Energiekonsum des IT-Sektors etwa sieben Prozent der global verbrauchten Elektrizität aus, heißt es in dem Report. Demnach benötigt der Sektor gegenwärtig mehr Strom als beispielsweise Großbritannien (rund 300 Terawattstunden).

Der Greenpeace-Report von Anfang 2017 untersucht die Lieferkette der 15 weltweit führenden Cloud-Computing-Anbieter und zeigt, wie die Energie für deren Rechenzentren produziert wird. Mit 83 Prozent Strom aus regenerativen Quellen belegt Apple das dritte Jahr in Folge den Spitzenplatz, gefolgt von Facebook (67 Prozent), Google (56 Prozent) und HP (50 Prozent). Besonders schlecht unter den bekannten Internetkonzernen schneidet Amazon Web Services (AWS) ab, ein Unternehmen, das Daten von Betreibern wie Netflix, Pinterest und Spotify hostet. AWS-Rechenzentren beziehen 30 Prozent Strom aus Kohlekraft, 26 Prozent Atomstrom und 24 Prozent Strom aus Gaskraftwerken. Lediglich 17 Prozent stammt aus erneuerbaren Quellen.

Facebook, Apple und Google verpflichteten sich vor vier Jahren zu 100 Prozent erneuerbarer Energie. Inzwischen haben laut Greenpeace 20 Unternehmen versichert, ihren Energiebedarf ausschließlich mit Erneuerbaren zu decken.

www.greenpeace.de

MaxSolar

Alles aus einer Hand

Der Projektierer Maxsolar mit Hauptsitz im bayerischen Traunstein wurde 2009 als Ingenieurbüro gegründet. Im Fokus standen die Errichtung und Optimierung von Photovoltaikanlagen. Die Firma erstellt ganzheitliche Energiekonzepte und installiert sowohl Aufdach- als auch Freiflächenanlagen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Integration von Speichertechnologien. Maxsolar kooperiert dafür eng mit der Schwesterfirma Smart-Power. Das Team vergrößert sich kontinuierlich, schon bald soll ein neues Büro bezogen werden. Im Verbund der Unternehmensgruppe arbeiten derzeit mehr als 50 Mitarbeiter.

www.maxsolar.de

Der Autor

Christoph Strasser

leitet als Mitglied der Geschäftsführung seit 2014 den Vertrieb für die Maxsolar GmbH mit Sitz in Traunstein. Darüber hinaus verantwortet er seit 2013 ebenfalls den Vertriebsprozess für die Schwesterfirma Edison AG in Traunstein, die als Beratungsdienstleister tätig ist. Er betreut auch die Refinanzierungsprozesse im Bereich der erneuerbaren Energien, vor allem für Photovoltaikanlagen bei Maxsolar. Als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft Inn-Salzach ist er zudem als einer von fünf Vorständen für das operative Geschäft der Bürgerbeteiligung mitverantwortlich.

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