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Jagd aufs Supermodul

Kaufleute stöhnen, Kunden jubeln: Nie war Solartechnik so preiswert wie heute. Der Preisdruck auf Zellen und Module hält weiter an. Erst für die zweite Jahreshälfte 2013 oder gar 2014 sagen einige Analysten voraus, dass die Preise wieder anziehen könnten. Das hängt im Wesentlichen davon ab, ob die chinesischen Modulhersteller ihre Überproduktion vor der eigenen Haustür absetzen können, sprich: zwischen Tibet und dem Himalaya. Bis dahin dreht sich die Spirale nach unten. Innerhalb von drei Jahren sind die Modulpreise um mehr als 60 Prozent in den Keller gegangen.

Aleo prescht vor

Viele Hersteller kämpfen ums Überleben, da bleiben kaum Geld, Kraft und Zeit für neue Ideen. Allerdings schauen zumindest die deutschen Solarkunden zunehmend auf Qualität und Ausstattung der Solarmodule. Die vorübergehende Friedhofsruhe ist vorbei, das Rennen um die Superzelle neu eröffnet. So brachte Aleo Solar Anfang 2013 die neuen Solarmodule der S-Klasse auf den Markt. Es handelt sich um klassische, kristalline Zellen, bei denen spezielle Zellverbinder zum Einsatz kommen. Der „Light Harvesting String“ lenkt mit seiner strukturierten Oberfläche mehr Licht auf die Solarzellen. Eine transparente Einbettungsfolie aus Ethylenvinylazetat (EVA) reizt ultraviolette Anteile im Licht besser aus. Auf Zellen und Laminat liegt ein Antireflexglas, das die Reflexionsverluste des Moduls minimiert. Diese Tricks erhöhen die Leistung der kristallinen Module immerhin um rund 20 Watt, etwa zehn Prozent der Gesamtleistung.

Sonnenlicht von hinten

Wer nichts Neues bringt, könnte bald in der Versenkung verschwinden. Die Modulhersteller brauchen einen langen Atem, um sich im hart umkämpften Markt neu zu positionieren. Der koreanische Elektronikkonzern LG beispielsweise bringt gerade seine neuen Neon-Module nach Deutschland. LG Electronics hat eine kleine Zellenfabrik mit 300 Megawatt Modulkapazität im Jahr. Silizium und Wafer kaufen die Koreaner ein, nur die Zellen und die Module fertigen sie selbst. „Unsere älteste Produktlinie ist gerade einmal anderthalb Jahre alt“, sagt Michael Harre, Vizepräsident für das europäische Solargeschäft bei LG in Ratingen. „Die erste Auslieferung der Neon-Module ist für März geplant.“

Derzeit führt LG seine monokristallinen Solarmodule unter der Marke Mono-X. Sie leisten 255 bis 260 Watt. Die neuen Neon-Module werden 280 bis 300 Watt leisten, aus 60 Zellen. LG setzt so genannte bifaciale Zellen ein, die das Sonnenlicht auch von der Rückseite verwerten. Spezielle Folien sorgen dafür, dass das Licht nach dem Durchgang durch den Wafer reflektiert wird. „Wir haben den Abstand der Zellen minimal erhöht, damit ausreichend Licht auf die weiße Rückseitenfolie fallen kann“, erläutert Michael Harre. „Die Module werden dadurch 14 Millimeter breiter und acht Millimeter höher. Auch unsere Mono-X-Module erhalten das neue Format.“

Perc-Zellen mit speziellen Emittern

Während LG die bifacialen Solarzellen forciert, setzt Solarworld auf die so genannte Perc-Zelle. Im Herbst erregten die Freiberger Ingenieure gemeinsam mit Wissenschaftlern des holländischen Forschungsinstituts Imec einiges Aufsehen. Denn sie stellten erstmals eine Solarzelle mit sechs Zoll Kantenmaß vor, die nur noch 100 Mikrometer dick ist. Derzeitiger Standard in der Industrie sind 180 Mikrometer. Die Zellen waren in ein Modul mit 255 Watt Leistung eingebaut. Sie wurden nicht etwa in mühevoller Kleinarbeit im Labor prozessiert, sondern sie stammten aus der vollautomatischen Fertigung im sächsischen Freiberg. Die Effizienz dieser Zellen überstieg knapp die Marke von 19 Prozent. Die neuen Zellen könnten 2014 auf den Massenmarkt kommen.

Mehr als 21 Prozent Wirkungsgrad

Zwischenzeitlich hat Schott Solar die passivierte Emittertechnologie so weit verfeinert, dass der Wirkungsgrad auf 20,74 Prozent steigt. Außerdem optimierten die Ingenieure von Schott die Siebdruckmetallisierung der Frontseite einer Sechs-Zoll-Zelle mit Silberpaste, dadurch erhöhte sich der Wirkungsgrad auf 21 Prozent. „Diese Ergebnisse wurden durch einfache Prozessschritte erzielt“, sagte Axel Metz, Leiter der Solarzellenentwicklung bei Schott Solar. „Sie beweisen, dass mehr als 21 Prozent Zelleffizienz durch wirtschaftliche Technologien in der Fertigung zu erreichen sind.“

Zwar hatte Schott Solar zuvor den Ausstieg aus der Fertigung von kristallinen Zellen und Modulen verkündet. Doch die Forschung läuft weiter, die Rückseitenpassivierung wurde in Lizenz an Schmid vergeben. „Alle Prozesse sind als Varianten verfügbar, wie unsere mit Nickel und Kupfer galvanisierten Vorderseiten zeigen“, meinte Metz. „Sie erreichen Effizienzen von 20,9 Prozent und ermöglichen eine hohe Flexibilität bei der Einführung in die Massenproduktion.“ Statt der Metallisierung mit Silberpasten will Schott auf der Frontseite Kupferkontakte abscheiden, um das teure Edelmetall gänzlich einzusparen.

Das holografische Modul

Ob die Perc-Zellen ab 2014 tatsächlich massenhaft produziert werden, bleibt abzuwarten. Denn Schott Solar hat sich aus der Produktion von kristallinen Zellen verabschiedet, Solarworld kämpft ums Überleben. Unterdessen gerät die konventionelle Solarzelle von anderer Seite unter Druck: Vor wenigen Wochen stellte die Firma Solar Bankers ein gänzlich neues Zellkonzept vor. Sie bündelt das Sonnenlicht auf Siliziumstreifen, wobei eine holografische Optik vorgeschaltet ist. Statt der bekannten Sechs-Zoll-Zellen verwenden die Amerikaner lediglich millimeterbreite Siliziumstreifen im Solarmodul, die insgesamt nur drei Prozent der Fläche ausmachen. Bei herkömmlichen Solarmodulen aus kristallinen Zellen verursachen die Wafer und die Zellen rund 80 Prozent des Gesamtpreises. Mit der neuen Methode sinken die Fertigungskosten der Module schlagartig um mehr als die Hälfte – bei deutlich höherer Effizienz. (Heiko Schwarzburger)

Den ausführlichen Innovationsreport lesen Sie in der Maiausgabe des Fachmagazins „photovoltaik – Solartechnik für Installateure, Planer und Architekten" (Heiko Schwarzburger)