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Folien: Mangel oder Schaden?

Der Abschluss von Versicherungen für den Betrieb von Photovoltaikanlagen ist ein bewährtes und häufig genutztes Werkzeug, um das Risiko einer Solarinvestition abzusichern. Die Anbieter von Versicherungen haben darauf reagiert und bieten eine Vielzahl von Versicherungen an, die auf den Betrieb von Photovoltaikanlagen zugeschnitten sind.

Nicht immer leicht verständlich

Die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen sind nicht immer leicht verständlich. Wer aber das Kleingedruckte nicht kennt, kann sich schnell über den Umfang des Versicherungsschutzes täuschen.

So ging es einem Betreiber, der eine Photovoltaikanlage erworben und hierfür eine Maschinenversicherung abgeschlossen hat. Ihr lagen die Allgemeinen Bedingungen des Versicherers für die Spezialversicherung von Photovoltaikanlagen zugrunde.

Brüchige Folien durch Materialfehler

Dort ist geregelt, dass der Versicherer Entschädigung unter anderem für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen oder Zerstörungen von versicherten Sachen leistet. Ausdrücklich genannt werden in den Versicherungsbedingungen Sachschäden durch Konstruktions-, Material- oder Ausführungsfehler.

Der Anlagenbetreiber hatte sich an seine Versicherung gewandt, weil die Module mit einem Konstruktions- beziehungsweise Materialfehler behaftet waren. Die Module wiesen brüchige EVA-Folien auf. Sie hatten zuvor mehr als acht Jahre einwandfrei funktioniert.

Kosten für die Demontage

Danach waren sie aber durch eindringende Feuchtigkeit unbrauchbar geworden. Der Modulhersteller hatte neue Photovoltaikmodule im Rahmen seiner Garantie zum Austausch bereitgestellt.

Auf den Kosten für die Demontage der alten und die Montage der neuen Module war der Betreiber jedoch sitzengeblieben. Diese Kosten im Umfang von rund 18.000 Euro sollte die Versicherung übernehmen.

Versicherer stellte sich quer

Der Versicherer stellte sich jedoch quer. Der Mangel der Module habe bereits bei Erwerb der Photovoltaikanlage bestanden. Weder der Mangel­unwert noch etwaige Folgeschäden seien daher von der Versicherung abgedeckt.

Der Anlagenbetreiber wollte sich nicht abspeisen lassen und rief zunächst das Landgericht Nürnberg-Fürth an (Urteil vom 11. Januar 2022, Aktenzeichen: 8 O 466/21), in zweiter Instanz das Oberlandesgericht Nürnberg (Beschluss vom 7. Juni 2022, Aktenzeichen: 8 U 424/22). Der Erfolg blieb ihm versagt. Beide Gerichte schlugen sich auf die Seite des Versicherers.

Wortlaut ist entscheidend

Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass sie auf den Wortlaut der Versicherungsbedingungen verwiesen. Demnach stellen nicht Konstruktions- oder Materialfehler einen Schaden dar, der von der Versicherung zu ersetzen ist, sondern nur Sachschäden, die durch solche Mängel verursacht werden.

Sachmangel und Sachschäden seien ein begrifflicher Gegensatz. Die mangelhafte Herstellung einer Sache sei nicht versichert.

Versicherung späterer ­Nachteile

Die Richter führten aus, dass der Materialfehler bereits bei der Übergabe der Sache vorhanden gewesen sei. Die Photovoltaikversicherung solle aber nur nach Vertragsschluss entstandene Nachteile ausgleichen. Kosten, die zur Wiederherstellung einer bei Vertragsschluss mangelhaften Sache erforderlich seien, seien demnach nicht erstattungsfähig.

Darüber hinaus beriefen sich die Richter auf die Ausnahmeregelung zu elektronischen Bauelementen in den Versicherungsbedingungen. Dort heißt es: „Entschädigung für Photovoltaikmodule (kleinste austauschbare Einheit) und elektronische Bauelemente (Bauteile) der versicherten Sache wird nur geleistet, wenn eine versicherte Gefahr nachweislich von außen auf eine Austauscheinheit (im Reparaturfall üblicherweise auszutauschende Einheit) oder auf die versicherte Sache insgesamt eingewirkt hat.“

Interne Ausfallursache nicht versichert

An dieser Einwirkung von außen hat es in dem zu entscheidenden Fall nach Auffassung der Gerichte gefehlt. Der Schaden der Solarmodule habe seine Ursache in der Austauscheinheit selbst gehabt. Es liege daher eine interne Ausfallursache vor, die nicht versichert sei.

Der Kläger wandte hiergegen ein, dass es ja die von außen eingedrungene Feuchtigkeit gewesen sei, welche die Unbrauchbarkeit der Module verursacht habe. Aber auch dieser Argumentation schoben die Gerichte einen Riegel vor. Die eindringende Feuchtigkeit sei Folge des Mangels der Module, der zwar unerkannt, aber bereits vorhanden war, bevor die Feuchtigkeit eingedrungen sei.

Versprödete Rückseitenfolien durch mangelhafte Auswahl der Materialien bei der Modulfertigung beschäftigen derzeit die Branche und die Gerichte.

Foto: Berger

Versprödete Rückseitenfolien durch mangelhafte Auswahl der Materialien bei der Modulfertigung beschäftigen derzeit die Branche und die Gerichte.

Sachverständiger hinzugezogen

Die Entscheidung der bayerischen Richter fiel so klar aus, weil durch einen Sachverständigen zweifelsfrei festgestellt worden war, dass die Haarrisse der Module ein Produktionsfehler waren und sie die Module von Anfang an beeinträchtigt hatten. Nicht immer ist die Situation so eindeutig.

Dringt zum Beispiel Feuchtigkeit in die Module ein, weil die Module eine alterstypische Abnutzung aufweisen oder weil sie bei einem Unwetter beschädigt worden sind, so hätte sich der Versicherer nicht auf den Ausschlussgrund in seinen Versicherungsbedingungen berufen können. Für Anlagenbetreiber kann es sich daher lohnen, der Schadensursache auf den Grund zu gehen und ablehnende Bescheide des Versicherers nicht vorschnell zu akzeptieren.

Der Autor

Dr. Thomas Binder
ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.

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