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Hier geht’s um die Spitze

Moderne Einrichtung, Sauna, gesundes Essen, Biokosmetika – Hotelgäste erwarten Wohlfühlangebote, wenn sie auf der Suche nach einer Herberge sind. Das Hotelgewerbe hat diese Wünsche in den letzten Jahren vielfach erfüllt. Bei Neubauten kann man inzwischen von Standards sprechen, aber auch Traditionshäuser haben investiert. Bei Heizung, Küche und Beleuchtung sind Modernisierungen vielerorts im Gange.

Energie ist die Währung

Für das Wohlbefinden der Gäste wird jede Menge Energie gebraucht. Nicht nur Strom, sondern auch Wärme.

Zudem steht das Thema Elektroauto auf der Agenda – Ladesäulen für eigene Betriebsfahrzeuge, aber auch für die Gäste schlagen beim Stromverbrauch zu Buche. Energie ist deshalb für jeden Hotelbetrieb ein Thema, zumal vor allem die Verbrauchsspitzen die Betreiber finanziell stark belasten.

Stromautark am Haff

Vier Beispiele zeigen, wie durchdacht und konsequent Hotelbesitzer vorgehen. Wobei sie sich keineswegs nur auf die Energiekosten beschränken. Auch Speisen und Getränke, Wäschequalität, Reinigungsmittel und andere Aspekte nachhaltigen Handelns nehmen die Hoteliers ins Visier.

Dirk Klein ist Manager im Haffhus im Seebad Ueckermünde am Stettiner Haff. Die Inhaber begannen 2017 mit den Vorbereitungen für eine Erweiterung der Hotelanlage. 2018 wurde sie realisiert. Auslöser war das Vorhaben, den Spa-Bereich zu vergrößern. „Da war uns klar, wir müssen uns mit Energie beschäftigen“, sagt Klein. Aus einer Sauna wurden vier, und ein sieben mal 18 Meter großer Außenpool kam hinzu.

Daneben hat sich bei der Stromversorgung etwas Entscheidendes geändert: Das Haffhus ist inzwischen komplett stromautark. Einen Stromnetzanschluss gibt es nicht mehr.

BHKW sorgt für Wärme

Rund fünf Millionen Euro investierten die Besitzer in die Erweiterung, ungefähr eine Million davon in die Technik. Eine Solaranlage mit 118 Kilowatt Leistung auf insgesamt fünf Dachflächen wurde installiert.

Neu hinzu kamen außerdem ein BHKW, ein Batteriespeicher und eine Wärmepumpe. Die bis zum Umbau genutzte Holzhackschnitzelheizung existiert noch als redundantes System auf der Wärmeseite. Für die Wärmeleistung sorgt das neue Holz-BHKW, das zudem auch Strom produziert. Die Wärmepumpe soll hauptsächlich im Sommer den Sonnenstrom in Wärme umwandeln.

Zusätzlich sind für besondere Konstellationen vier Senertec-Dachse mit jeweils 5,5 Kilowatt installiert. Diese Geräte werden mit Gas geheizt und produzieren gleichzeitig Strom. An trüben, kalten Tagen teilen sich Holz-BHKW und Photovoltaikanlage die Stromversorgung. Überschüsse nimmt die Wärmepumpe auf.

Batterie stellt das hausinterne Netz

Der Batteriespeicher ist das Herzstück des Ganzen. Er kommt vom Berliner Hersteller Autarsys und stellt das 50-Hertz-Netz für die Hotelanlage. Er arbeitet mit Lithium-Ionen-Akkus von Samsung und Industriewechselrichtern aus der Maschinenfabrik Rheinhausen. Zwei Geräte mit jeweils 100 Kilowatt Leistung und ein weiteres redundantes Paar mit noch mal 100 Kilowatt Leistung gehören dazu.

Testweise wurde bereits einmal das erste Paar zum Ausfall gebracht; das Umspringen auf die Reservegeräte funktionierte. „Der Sinn dieses Speichers liegt für uns darin, einen möglichst konstanten Ladezustand zu halten, um Verluste durch Ein- und Ausspeichern zu vermeiden. Und das Schöne ist, ich kann alle Maschinen so einrichten, dass sie nicht auf unterschiedliche Frequenzen reagieren, denn ich bin ja nicht am Netz“, argumentiert Klein. Ein Teil des Batteriespeichers soll demnächst abgetrennt werden, um auch hier ein redundantes System zu haben.

Lernkurve für Laststeuerung

Die Automatisierung im Haus ist darauf ausgelegt, im Batteriespeicher einen konstanten Ladezustand zu halten. Eine Lastmanagementsteuerung übernimmt die Zu- oder Abschaltung bestimmter Geräte.

„Da steckt natürlich eine Lernkurve drin. Zunächst haben wir manuell geschaltet und uns alles genau angesehen und dann nach und nach die Steuerung automatisiert. Jetzt steuert das System nach vorgegebenen Werten, die sich natürlich je nach Jahreszeit unterscheiden“, berichtet Klein. Drei Elektrofahrzeuge und der Hausmeisterbuggy sind ebenfalls Stellgrößen im Lastmanagement. Klein könnte sich auch vorstellen, dass künstliche Intelligenz die Steuerungsprozesse unterstützt – genau das wäre doch ein sinnvolles Beispiel für deren Einsatz.

Der erste Winter mit dem neuen System liegt nun hinter den Hotelbetreibern. Eine Überraschung war, dass auch an den Wintertagen relativ viel Strom mit Photovoltaik produziert wurde: zwischen 50 und 100 Kilowattstunden am Tag. Andererseits – das war zwar erwartet, aber in seiner konkreten Ausformung nicht bekannt – wurden die redundanten Systeme über Weihnachten und Silvester gebraucht, das Haus war voll belegt und der Spa-Bereich ausgiebig genutzt.

Der Spitzenverbrauch war im Haffhus eine entscheidende Größe für das Design des Gesamtsystems. Denn ein Saunaofen zieht mal locker 24 Kilowatt, aber er kann eben auch eine Stunde länger und sanfter angefahren werden, um die Spitze zu vermeiden.

Spitzenverbrauch ist systemrelevant

Klein erzählt: „Eine Spitze von 100 Kilowatt würde uns bei Netzbezug rund 5.000 Euro im Jahr kosten. Es ist eigentlich dramatisch, wie wenig sich die Hersteller und Installateure darüber Gedanken machen. Wenn man dann noch sieht, welche Wärmemengen von Haus A nach B strömt, nur weil in einem Zimmer zwei Gäste aktiv sind, muss man einfach handeln.“

Die Entscheidung, komplett vom Netz zu gehen, hatte finanzielle Gründe, sollte aber auch ein kritisches Zeichen gegen die bisherige Energiepolitik setzen.

Dirk Klein rechnet vor: „Wenn wir am Netz geblieben wären, hätten wir unsere Netzanschlusskapazität erhöhen und auch Spitzenlasten bezahlen müssen. Dazu wären Abregelungsgeräte, Zähler, Blindleistungskompensierung gekommen und die EEG-Umlage für den Eigenverbrauch, bei 300.000 Kilowattstunden immerhin 12.000 Euro – insgesamt standen alles in allem rund 50.000 Euro Netzanschlusskosten auf unserer Rechnung.“

Vor zehn Jahren begonnen

Von der Küste geht es nun in einen anderen Zipfel der Republik. Im Berghotel Rehlegg im Berchtesgadener Land installierten die Cousins Franz und Hannes Lichtmannegger 2009 die erste Photovoltaikanlage mit Volleinspeisung. Im gleichen Jahr bauten sie auch eine Solarthermieanlage. Das Haus hat 163 Betten, insgesamt fünf Saunen und einen Innen- und Außenpool sowie eine große Küche, die den ganzen Tag arbeitet.

Hannes Lichtmanegger berichtet: „2012 war für meinen Kompagnon und mich dann das Entscheidungsjahr. Wir haben viele Dinge hinterfragt und uns komplett neu ausgerichtet.“ 2013 wurde das erste Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen, das seitdem beinahe ununterbrochen läuft.

In dieser Zeit hat es 1,4 Millionen Kilowattstunden Stromertrag und knapp drei Millionen Kilowattstunden Wärmeleistung geliefert. 2017 kam ein weiteres kleines BHKW hinzu und eine zweite Photovoltaikanlage auf dem Schwimmbaddach.

Im Sommer, wenn die BHKW ihre Wärme nicht mehr loswerden, schalten sie ab – dann übernimmt die Sonne. Mit den beiden Solaranlagen und den BHKW können die Lichmaneggers 70 Prozent des Strombedarfs decken.

Den Strompeak überwachen

Die Heizung wird zentral gesteuert, sie bezieht alle Gebäude und Verbraucher ein, die über ein BUS-System verbunden sind.

Die Funkthermostate der Gästezimmer sind zudem ins Buchungssystem eingebunden. Wenn ein Zimmer nicht belegt ist, wird es auch nicht geheizt. Den Strompeak überwacht Hannes Lichtmanegger mit einer Leistungsspannungsregulierung. Er erzählt: „Zum einen lassen wir nicht mehr Strom ins Haus, als wir brauchen. Denn auch das gibt es – der Netzbetreiber liefert 240 Volt anstatt 220, weil er Spitzen unterbringen muss. Im Starkstrombereich haben wir da schon 400 Volt gemessen – die wir nicht bestellt haben, die wir nicht brauchen und die unseren Geräten schaden.“

Lastmanagement schaltet Geräte ab

Mit dem Lastmanagement werden rund 20 Geräte angesteuert. Es läuft separat und ist nicht mit der Solaranlage verbunden. „Wir wissen ja, wann am Tag bestimmte Großverbraucher wie Sauna oder Küche ihre Spitzenlast haben. Bei Geräten wie einem Saunaofen oder Tellerwärmer kann man ohne Probleme und Qualitätsverlust für einige Sekunden oder Minuten die Stromzufuhr drosseln, wenn der Strom woanders dringender gebraucht wird. Aber in der Summe überschreite ich meine Spitzenlast nicht“, berichtet Lichtmanegger.

Das Lastmanagement schaltet Geräte weg, die nicht unbedingt gebraucht werden. In welcher Reihenfolge die Geräte kurzzeitig weggeschaltet oder mit geringerer Leistung versorgt werden, haben die beiden Betreiber selbst festgelegt. Eine elektrische Kippbratpfanne beispielsweise muss immer mit einer konstanten Temperatur laufen, sonst wird das Fleisch Saft verlieren und nicht mehr schmecken. Deshalb ist diese Pfanne nicht im Lastmanagement, die große Kaffeemaschine schon.

Seit fünf Jahren hat das Hotel am Fuße des Watzmanns auch eine Ladestation für E-Autos. Damals wurde das erste elektrische Betriebsfahrzeug angeschafft, ein Tesla. Inzwischen gehören sieben Elektrofahrzeuge zum Betrieb, eines davon können die Hotelgäste kostenfrei nutzen. Alle Autos werden im Haus geladen, entweder mit selbst produziertem Strom oder mit Wasserkraftstrom aus dem Netz.

Weg vom Heizöl

Seit 2011 ist das Hotel Sturm in der Rhön zertifiziertes Biohotel. Das heißt unter anderem, dass alle Waren, Kosmetika und Reinigungsmittel biozertifiziert sind. Das Hotel steht auf einem großen Grundstück mit einem großen Garten und hat insgesamt 43 Zimmer. Das Stammhaus wurde 1976 erbaut, ist 25 Meter hoch und hatte damals nichts mit Bio zu tun. Als ein benachbartes Bundeswehrgebäude leer stand, integrierten die Besitzer es in die Hotelanlage.

Matthias Schulze Dieckhoff und seine Frau wollten weg vom Heizöl und den großen Verbrauchern. Ein 40.000 Liter großer Öltank und 400 Kilowatt Wärmeleistung waren die Ausgangslage im Stammhaus. Das Soldatenheim hatte zwei Gasbrenner mit einer Heizleistung von zusammen 700 Kilowatt. Auch hier wurde ein Gesamtpaket geplant, das alle Aspekte des Hotelbetriebs unter die Lupe nahm.

Kühlanlagen mit Wärmerückgewinnung

Auf das Dach des Soldatenheimes wurde 2013 eine Ost-West-Photovoltaikanlage installiert mit 43 Kilowatt Leistung. Zwei weitere kleinere Dachflächen wurden ebenfalls mit Photovoltaik belegt. Dazu kam ein Blockheizkraftwerk mit 20 Kilowatt Strom- und 42 Kilowatt Wärmeleistung.

Mit Solarthermie wird in den umliegenden kleineren Gästehäusern das Brauchwasser erwärmt. Die Kühlhäuser bekamen Kühlanlagen mit Wärmerückgewinnung, die ebenfalls Brauchwasser aufwärmen. „Für uns war das eine große Sache. 400.000 Euro haben wir investiert, aber es hat sich gelohnt“, resümiert Schulze Dieckhoff. 700 Kilowatt Heizleistung konnten eingespart werden, jetzt sind es gerade mal noch 340 Kilowatt.

Fläche verdoppelt, Verbrauch halbiert

Im Management der ganzen Komponenten spielt die Solaranlage eine große Rolle. Da sie eine Ost-West-Ausrichtung hat, kann sie vor allem in den Spitzenzeiten am Vormittag und späten Nachmittag die Verbraucher mit Strom versorgen. Sie hätte auch größer gebaut werden können, Platz dafür war vorhanden, aber die Besitzer wollten vor allem den Eigenverbrauch optimieren.

Nach mittlerweile sechs Jahren Betrieb ist der Hotelier überaus zufrieden: „Wir haben unsere Fläche verdoppelt, den Energieverbrauch aber gleichzeitig halbiert.“

Für Strom und Wärme ist nun bedarfsgerecht gesorgt, deshalb will Schulze Dieckhoff auch vorerst keine Erweiterungen. „Ich schaue, wo Investitionen Sinn machen. Wenn nachts das BHKW läuft und die Gäste schlafen, ist ja schon der Strom vom BHKW zu viel“, sagt er.

Parallel hat er in LED-Beleuchtung investiert und noch einmal kräftig Energie gespart. Genau wie die anderen Hoteliers hat er sich sehr viel Gedanken um Verbrauchsspitzen und die Wege des Stroms gemacht. Zusammen mit dem Planer und dem installierenden Elektriker wurde an vielen Stellen im Detail optimiert.

Von den Eltern geprägt

Was Hotelbesitzer in dicht bebauten Städten auf die Beine stellen, zeigt beispielhaft Ben Förtsch. Er betreibt in der Erlanger Innenstadt das Creativhotel Luise.

Über Nachhaltigkeit machten sich bereits seine Eltern Ende der 80er-Jahre Gedanken. Mitte der 90er-Jahre wurde im Hotel eine Solarthermieanlage installiert, als gewerbliche Anlage damals ein Pionierprojekt. Die Besonderheit im Hotel Luise: Das Haus hat einen Fernwärmeanschluss. Über Wärmeerzeugung muss sich der Hotelier also keine Gedanken machen, über den Umgang mit der Wärme schon.

2017 kam eine Solaranlage hinzu. Die Dachfläche war begrenzt, 23 Kilowatt Leistung konnten installiert werden. Damit deckt das Hotel rund zehn Prozent seines Strombedarfs, im Wesentlichen die Grundlast des Betriebes.

In der Tiefgarage gibt es drei Ladestationen, zum Teil geht der Sonnenstrom auch in Elektrofahrzeuge. Das Laden ist für Übernachtungsgäste kostenfrei. Fremdnutzer müssen zahlen.

Weniger Kosten sind Nebeneffekt

Die Firma Ikratos erstellte für das Hotel die Ertragssimulation, baute die Anlage mit Modulen von Sunpower und beriet den Hotelier auch beim Lastmanagement.

Förtsch erzählt: „Ich will mit allen Ressourcen sparsam umgehen. Dass ich dabei auch Kosten spare, ist ein positiver Nebeneffekt.“ Im aktuellen Umbau werden die gesamte MSR-Leittechnik und die Heizräume erneuert.

Um eine bessere Effizienz bei der Wärme zu erreichen, steigt Förtsch von einem sekundär geladenen Warmwassersystem auf ein primär geladenes System um. Das Warmwasser wird dann direkt von der Fernwärme erhitzt und nicht über zwei Wärmetauscher geschickt.

Weil man die Anlage auf dem Dach nicht sieht, plant Förtsch nun zwei energieautarke Zimmer, um seinen Gästen die Photovoltaik zu zeigen. Er wird diese Zimmer mit Balkonmodulen ausstatten, die das Zimmer komplett versorgen.

„Das ist ja auch nicht so schwer, denn energieintensive Verbraucher gibt es in den Zimmern nicht“, sagt Förtsch. Er ist stolz darauf, dass laut einem Audit von Viabono in seinem Haus knapp 47 Prozent weniger Endenergie pro Gast verbraucht werden als in Hotels der gleichen Art und Größe.

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