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Immer mehr Europäer wollen zertifizierten Ökostrom

Die Menge an Ökostrom, die mit Herkunftsnachweis an die Endkunden vermarktet wird, ist im ersten Halbjahr 2016 weiter gestiegen. Allerdings fällt das Wachstum auf den einzelnen nationalen Märkten sehr unterschiedlich aus.

Immer mehr europäische Haushalte und Gewerbebetriebe nutzen Ökostrom mit Herkunftsnachweis. Der Absatz dieser zertifizierten Ökostrommenge ist im ersten Quartal um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. „Für das Wachstum sorgen Tausende Unternehmen und Millionen von Haushalten in vielen europäischen Ländern, die regenerativen Strom mit Herkunftsnachweis auf freiwilliger Basis kaufen“, erklärt Tom Lindberg, Geschäftsführer von ECOHZ, einem norwegischen Anbieter von Energielösungen für Stromlieferanten und Händler von Ökostrom mit Herkunftsnachweisen.

Von dieser Steigerung kann Deutschland allerdings nicht profitieren. Hier hat der Handel mit zertifiziertem Ökostrom deutlich an Boden eingebüßt. Es wurden im ersten Halbjahr 2016 fünf Prozent weniger regenerativer Strom mit Herkunftsnachweis verkauft als noch im gleichen Vorjahreszeitraum.

Zertifikat garantiert Ökostrom im Netz

Hierbei geht es um Strom, der mit Herkunftsnachweis nach EECS-Standard an den Endkunden vermarktet wird. Das waren in Deutschland 65 Terawattstunden, die an die Haushalte verkauft wurden. EECS steht dabei für European Energy Certificate System. Zur Zertifizierung wird die Erzeugungsquelle und das Verfahren der Stromproduktion identifiziert. Die Stromproduzenten legen dazu offen, auf welche Weise der Strom produziert wird und verpflichten sich zur Einhaltung gewisser Grundregeln. So darf der Produzent des zertifizierten Stroms ist dieses Zertifikat zum Beispiel auch nicht verkaufen. Auf diese Weise wird verhindert, dass „grün gewaschener“ konventioneller Strom in der zertifizierten Strommenge enthalten ist.

Der Strom nach EECS-Standard ist international handelbar, so dass eine nationale Abgrenzung nicht möglich ist. Der Handel mit diesem Strom ist in allen Ländern möglich, die der Association of Issuing Bodies (AIB) beigetreten sind. Das sind in Europa die meisten Länder mit relevantem Anteil erneuerbarer Energien im Netz. Nachdem Spanien als als viertgrößter Produzent für erneuerbare Energien der AIB beigetreten ist, bleibt Großbritannien die einzige Ausnahme. Die Experten von ECOHZ rechnen nach dem Brexit auch nicht damit, dass die Briten dem internationalen Handelsmarkt für zertifizierten Ökostrom beitreten werden.

Deutschlands Führungsrolle ist in Gefahr

Mit dem Rückgang um fünf Prozent beim Absatz von zertifiziertem Ökostrom sei die Führungsrolle Deutschlands auf dem Markt für erneuerbare Energien möglicherweise gefährdet, warnen die Spezialisten von ECOHZ. Zwar sein Deutschland nach wie vor der größte nationale Markt für regenerativen Strom. „Jedoch scheint sich das bis zum jetzigen Zeitpunkt beeindruckende jährliche Wachstum zum ersten Mal etwas zu verlangsamen“, betonen die Osloer Ökostromhändler. „Italien, Frankreich und Finnland sind aktuelle Beispiele für Länder mit einem schnelleren Marktwachstum als Deutschland. Diese Entwicklung ist durchaus positiv, denn sie stärkt den Markt und macht ihn weniger volatil.“ Zudem drängt mit Spanien einer der großen Produzenten neu auf den Markt. Die Spanier könnten mit ihrem Volumen von 70 Terawattstunden zertifizierten Ökostroms das derzeitige Marktgleichgewicht ordentlich ins Wanken bringen.

Weitere stabile Märkte für den Absatz von zertifiziertem Ökostrom sind Schweden und die Schweiz. Die eidgenössischen Betreiber von Ökostromanlagen bekommen ihren regenerativen Strom direkt vom Netzbetreiber zertifiziert, in dessen Region sie ihre Anlage an das Stromnetz angeschlossen haben, wobei es hier eine heftige Debatte um die Transparenz und die Höhe der Vergütung für den zertifizierten Ökostrom und dessen Vertrieb an den Endkunden gibt. (Sven Ullrich)