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Ein Segen für die Photovoltaik

„Unser Generalkapitel steht voll hinter dem Umweltschutz, auch wenn sich natürlich mit vielen unserer Aktivitäten nicht das schnelle Geld verdienen lässt“, sagt Schwester Christa und streicht ihren schwarzen Schleier etwas nach hinten. „Doch wenn wir nicht anfangen, etwas für die Bewahrung der Schöpfung zu tun – wer soll es dann tun?“, fährt sie fort. Die 47-jährige schlanke Ordensfrau ist eine der treibenden Kräfte beim ökologischen Engagement der Franziskanerinnen von Reute.

Viele konkrete Schritte für den Umwelt- und Klimaschutz hat die katholische Ordensgemeinschaft, die den Heiligen Franz von Assisi und seinen „geschwisterlichen Umgang mit der Schöpfung“ zum Vorbild hat, schon auf den Weg gebracht. Eine Biogasanlage, wie sie etliche der umliegenden Bauern betreiben, sucht man allerdings in dem Kloster vergeblich, obwohl größere landwirtschaftliche Flächen im Besitz der Franziskanerinnen sind.

Gegen Energiepflanzenanbau

Wenn es um Bioenergie geht, kann Schwester Christa sogar richtig laut werden. „Ich bin strikt gegen den Bau großer Biogasanlagen, die mit Energiepflanzen gespeist werden“, sagt sie erregt und verliert ihre ansonsten eher beherrschte Haltung. Grund für ihre Ablehnung ist die Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau. „In Brasilien und Indonesien zerstört man die Natur und nimmt den Armen durch den Anbau von Zuckerrohr für Biosprit die Nahrung weg – das ist wirklich schlimm, was dort passiert.“

Umso mehr schlägt ihr Herz für die Photovoltaik. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen unsere Anlage“, sagt sie, streift sich einen schwarzen Fleece über ihre graue Kutte und geht schnellen Schrittes voraus. Zweimal nach rechts, am Altersheim, dem Jugendhaus St. Josef und dem Gästehaus vorbei, entlang dem Klostergarten und an der Schreinerwerkstatt wieder links: Schwester Christa zeigt auf das nach Süden ausgerichtete Dach der klösterlichen Maschinenlagerhalle, über dem heute eine dichte Nebeldecke hängt. 208 Kyocera-Module mit insgesamt 25 Kilowatt Leistung sind dort seit 2002 montiert. „Wenn alles normal läuft, kommen wir auf maximal 24.000 Kilowattstunden jährlich – einige Kilometer weiter, im sonnigeren Isny, würde dieselbe Anlage locker 28.000 Kilowattstunden bringen.“

Doch heute drückt nicht nur der Nebel, sondern auch die Temperatur von nur knapp fünf Grad Celsius die Leistung. Magere 0,1 bis 0,4 Kilowatt zeigen die Displays der vier Sunways-5.02-Wechselrichter in dem Werkzeugraum der Halle an. Vor einigen Monaten mussten sie komplett ausgetauscht werden, weil Sunways bei dieser Baureihe auf Brandgefahr hinwies. „Das lief alles wie am Schnürchen, die schickten die neue Ware per Post zu, gleich danach kam dann ein Monteur vorbei“, erinnert sich die Schwester.

Nicht ganz so kundenorientiert verhielt sich Kyocera. Obwohl der Hersteller anderswo seine komplette Modulbaureihe des Typs KC 120-2 von sich aus austauschte, informierte er die Franziskanerinnen nicht über mögliche technische Probleme. „Wir mussten Anfang dieses Jahres erst selbst feststellen, dass die Leistung ständig zurückging, und haben dann reklamiert, ehe Kyocera reagierte“, ärgert sich die Ordensfrau heute noch. Doch immerhin klappte dann der Austausch problemlos, und die Anlage läuft „nun wieder einwandfrei“.

Noch viele freie Dachflächen

Wirken einige schlechte Erfahrungen doch nach? Oder warum ist nicht noch mehr Photovoltaik auf dem Kloster montiert? Schwester Christa nennt etliche Gründe: Die historischen Hauptgebäude des Klosters mit ihren großen Dachflächen stehen unter Denkmalschutz. Es gebe zwar reichlich freie Flachdächer auf neueren Nebengebäuden, doch die Abstände zwischen ihnen seien oft groß und Verkabelungs- und Grabenarbeiten entsprechend teuer. Zudem hapere es nach wie vor an der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit vieler Anlagen und die Preise seien oft überteuert. „Doch wir denken gerade intensiv darüber nach, bald weitere PV-Anlagen in unserem Kloster zu realisieren – eigentlich sollte es schon dieses Jahr so weit sein.“

Anreize durch kirchliche Fonds

Geben der von der Diözese im vergangenen Jahr aufgelegte Solarfonds und ein neuer Nachhaltigkeitsfonds wirksame zusätzliche Anreize, um in Photovoltaik zu investieren? Die Ordensfrau antwortet diplomatisch: Die Darlehen des Solarfonds mit einem Zinssatz von 4,5 Prozent seien zwar „grundsätzlich schon interessant“, doch angesichts des derzeit niedrigen Zinsniveaus sei der Unterschied zu marktüblichen Krediten nicht gerade sehr groß. „Sicherlich spannend“ seien Investitionszuschüsse des kirchlichen

Nachhaltigkeitsfonds, die genaueren Konditionen seien ihr allerdings bisher nicht bekannt. Für „sehr interessant“ hält die Schwester Christa zudem die Vermietung von klösterlichen Dachflächen an Bürgergemeinschaften und GbRs – auf diese Möglichkeit sei sie jüngst in einem Internetforum gestoßen.

Wertvolle Tipps über Neuerungen in Sachen PV bekommt die Ordensfrau auch regelmäßig von ihrem Bruder, einem Landwirt aus dem benachbarten Obermarchtal. „Der ist ein richtiger Aktivist und hat schon fast alle Dächer mit Photovoltaik belegt“, sagt sie schmunzelnd. Überhaupt habe ihr Bruder sie vor einigen Jahren „erst so richtig“ auf das Thema Solarstrom gebracht. „An praktischen Fragen und am Umweltschutz war ich ja schon immer interessiert“, erinnert sich Schwester Christa, die vor ihrem Eintritt in die Ordensgemeinschaft Anfang der 1980er Jahre als Bürokauffrau in der holzverarbeitenden Industrie arbeitete.

Vor sechs Jahren initiierte die engagierte Ordensschwester zusammen mit fünf Mitstreiterinnen die Umwelt-AG des Klosters. „Offen sein für Vorschläge und ständig neue Verbesserungsideen einbringen“, lautet ihr Motto. Und am allerwichtigsten: „aus Freude und Engagement mitmachen, nicht aus Zwang“.

Mit Begeisterung dabei

Da klingt eine Begeisterung durch, die auch gut zur eigentlichen Aufgabe der Franziskanerin passt. Die meiste Zeit arbeitet Schwester Christa in der Jugendarbeit im klostereigenen Haus St. Josef. „Bis dann die Schwester Generaloberin mal wieder nachfragt, ob ich zu einem Solar-Workshop oder einer Weiterbildungsveranstaltung zum Energiemanagement gehen kann“, erzählt sie und lächelt.

Der nächste Termin steht schon in ihrem Kalender: Am 6. Dezember trifft sich erstmals das Anwendernetzwerk Photovoltaik der Diözese in Stuttgart. „Ich bin zwar vor Weihnachten schon ziemlich ausgebucht, doch da gehe ich auf alle Fälle hin“, sagt die Schwester mit energischer Stimme. Jemand muss ja schließlich mit gutem Beispiel vorangehen.

Franziskanerinnen von Reute

Vorbild der Franziskanerinnen von Reute ist der Heilige Franziskus von Assisi, der im Mittelalter gelebt hat. Sein Wirken war geprägt vom Leitmotiv, „Gott in der leidenden Menschheit zu dienen“, einem einfachen Leben sowie einer tiefen Schöpfungsfrömmigkeit. Fünf junge Frauen begannen im Jahr 1848 im oberschwäbischen Ehingen, den kranken Menschen der Stadt zu helfen und den Spuren von Franziskus zu folgen. 1869 ließen sie sich in einem zwangsweise aufgelösten Kloster in Reute (Landkreis Ravensburg) nieder. Dort hatte ab 1403 die Franziskanerin Elisabeth Achler gewirkt, die später als „Gute Beth“ seliggesprochen wurde. Heute leben über 200 katholische Ordensschwestern in Reute; sie betreiben unter anderem ein Bildungshaus und engagieren sich in der Jugendarbeit. Sie haben außerdem Niederlassungen in Indonesien und Brasilien. 1999 gründeten die Franziskanerinnen von Reute für die Fortführung ihres karitativen Auftrages eine gemeinnützige kirchliche Stiftung privaten Rechts. Die St.-Elisabeth-Stiftung ist heute Träger sozialer Einrichtungen, Dienste und Betriebe. Die Aufgabenschwerpunkte der über 1.450 Mitarbeiter liegen in der Altenhilfe, der Behindertenarbeit und im Gesundheitswesen.

Ökologie im Kloster

Viele Schritte zum Umwelt- und Klimaschutz haben die Franziskanerinnen von Reute – neben der Photovoltaiknutzung – schon auf den Weg gebracht: Um 20 Prozent konnte der Gasverbrauch des Klosters durch Modernisierungsmaßnahmen gesenkt werden, die Planungen für ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk und solarthermische Anlagen laufen an. Die Verwendung von Energiesparlampen ist im Kloster inzwischen Standard. Um Trinkwasser einzusparen, werden jährlich 160.000 Liter Regenwasser für Toiletten und Bewässerung in zwei großen Zisternen aufgefangen. Die 6.000 Quadratmeter Klostergarten werden kontrolliert biologisch bewirtschaftet und die Gewürz- und Heilkräuter energiesparend zu Tees sowie Kräutersalz verarbeitet – für den Eigenbedarf und den Verkauf an Gäste. Seit Jahren schon wird im Kloster Kaffee aus fairem Handel ausgeschenkt, das Fleisch der Klostermetzgerei stammt von den Tieren örtlicher Landwirte, und Lebensmittel werden möglichst saisonal eingekauft. Nicht selbst genutzte landwirtschaftliche Flächen des Klosters sind an Biobauern verpachtet.

www.kloster-reute.de

HN

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