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Ein Weg mit Stolperfallen

Bei 500 Megawatt pro Jahr liegt der Deckel für den jährlichen Zubau von Photovoltaikanlagen, die Mieter in Mehrfamilienhäusern direkt versorgen. Riesig waren die Befürchtungen, dass sich auch Mieter massenhaft von den Stromversorgern unabhängig machen und ihre Energie direkt vom Dach des Gebäudes beziehen, in dem sie wohnen.

Doch schon in der Expertenanhörung vor der Verabschiedung des Mieterstromgesetzes war zu vernehmen, dass ein solch massiver Zubau kaum realistisch ist. Wie überflüssig der von der einstigen Bundesregierung eingezogene Deckel ist, zeigen die Zahlen, die die Bundesnetzagentur bisher veröffentlicht hat. Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes wurden gerade mal gut 1,5 Megawatt der anvisierten 500 Megawatt gebaut.

Die Gründe, dass der Boom bisher ausgeblieben ist, sind vielfältig. So verhindern unter anderem die komplizierten und mit heißer Nadel gestrickten Reglementierungen im Mieterstromgesetz, dass bisher der Ausbau auch nur annähernd an den Deckel stößt. (Lesen Sie dazu auch das Interview auf Seite 33 in dieser Ausgabe.)

Serienprojekte nicht möglich

Dazu kommt noch, dass viele Projekte erst im Zuge der Mieterstromgesetzgebung angestoßen wurden und vor allem die Anlagen auf größeren Mehrfamilienhäusern mehr Planungsaufwand bedeuten als ein kleiner Eigenverbrauchsgenerator auf einem Einfamilienhaus. „Trotz Gesetz und Förderzuschuss gilt: Mieterstromprojekte sind vielfältig und erfordern Flexibilität“, weiß Tim Meyer, als Vorstand des Ökoenergieversorgers Naturstrom für den Bereich dezentrale Energieversorgung zuständig.

Vor allem angesichts der unübersichtlichen Regelungen, die jeder einzelne Verteilnetzbetreiber für das Mess- und Abrechungskonzept aufstellt, des üppigen Aufwandes bei der Kommunikation zwischen den einzelnen Beteiligten sowie den Mietern und bei der Planung und beim Bau ist momentan kaum an Mieterstromprojekte vom Fließband zu denken, wie Ulf Rietmann betont. Er ist bei Naturstrom für die Geschäftsfeldentwicklung zuständig.

Mieterstrom für Sozialwohnungen

So hat das Unternehmen erst jüngst ein lange geplantes Projekt in Tübingen fertiggestellt. In der Universitätsstadt am Neckar in Baden-Württemberg entstand rund um den ehemaligen Güterbahnhof ein komplettes, neues Stadtquartier. Auf zehn Hektar Bauland wurden Gebäude mit insgesamt 570 Wohnungen und 40 Büros errichtet. Zwei der sechs Höfe wurden unter der Regie des Projektplanungs- und Projektsteuerungsbüros Pro B von Baugemeinschaften errichtet.

Mehr als die Hälfte der entstehenden Wohnungen in diesen Gebäuden werden als geförderte Sozialwohnungen vermietet. Es gehe darum, qualitativ hochwertigen, energetisch effizienten und vor allem bezahlbaren Mietwohnraum in Ballungsgebieten zu schaffen, beschreibt Andreas Stahl, Geschäftsführer von Pro B, die Intention des gesamten Projekts.

Betreiber werden Energieversorger

Zum energetischen Gesamtkonzept gehört auch, dass die Bewohner dieser Gebäude günstigen Solarstrom vom Dach des eigenen Wohnhauses beziehen können. „Insgesamt werden auf den Dächern Photovoltaikmodule mit einer Gesamtleistung von rund 230 Kilowatt installiert“, beschreibt Naturstrom-Vorstand Tim Meyer das Herzstück des jüngsten Mieterstromprojekts des Düsseldorfer Versorgers. „Ein Teil davon wurde bereits fertiggestellt und ans Netz gebracht.“

Das gesamte Projekt soll dann zum Frühsommer dieses Jahres fertig sein. „So profitieren die Mieter, unter denen sich vor allem Familien mit niedrigen bis mittleren Einkommen befinden, von einem günstigen und sauberen Stromtarif“, sagt Meyer. „Mit diesem Projekt reagieren wir auf den enormen Bedarf an preiswerten Mietwohnungen in Tübingen“, ergänzt Andreas Stahl von Pro B. „Dass der Strom zu einem Teil auf dem eigenen Dach produziert wird und die Bewohner ihn über das Mieterstrommodell zu einem vergünstigten Tarif beziehen können, ist dabei ein wichtiger Baustein.“

Naturstrom hat bisher schon viele solcher Anlagen errichtet. Das Unternehmen betreibt die Anlagen und liefert zusammen mit dem Reststrom auch die Solarenergie an die Hausbewohner. Auf diese Weise bleibt die gesamte Stromlieferung in der Hand der Düsseldorfer. Die Hausbewohner oder Vermieter sparen sich dadurch den hohen Aufwand, den Generator betreiben zu müssen. Denn wenn sie den Solarstrom an andere Hausbewohner vertreiben, würden sie zum Energieversorger mit allen dazugehörigen Pflichten. Das sind neben der detaillierten Abrechnung des Solarstroms auch die Belieferung mit Energie in Zeiten fehlender Sonnenenergie vom Dach des Mehrfamilienhauses.

Anteil des Direktverbrauchs erhöhen

Das nimmt ihnen Naturstrom ab. Der Vorteil einer solchen Kooperation ist, dass die größeren Versorger genügend Erfahrung am Strommarkt und den entsprechenden finanziellen Rückhalt mitbringen, um auch solch große Projekte zu stemmen. Für die Mieter hat eine solche Kooperation den Vorteil, dass sie nur eine Abrechnung erhalten. Das Energiewirtschaftsgesetz enthält ohnehin die Vorgabe, dass der Mieter nur einen Vertrag über die gesamte Stromlieferung unterschreiben muss.

Ob die Mieterstromanlage dann für alle Beteiligten wirtschaftlich ist, bleibt von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig. Die Mieter haben immerhin eine Sicherheit, da der Preis für die gesamte Stromlieferung mindestens zehn Prozent unter dem des örtlichen Grundversorgers liegen muss. Die Ersparnis steigt aber mit dem Anteil des Solarstroms im Gesamtmix eines Hausbewohners. Das ist aber auch bei kleinen Anlagen im Eigenheim nicht anders. Der finanzielle Anreiz, möglichst viel Solarstrom zu nutzen, sinkt aber, wenn ein fester Mischtarif aus Solar- und Netzstrom festgelegt wird. Dann hat der Lieferant das Risiko, dass er auf einem großen Teil der Sonnenenergie sitzen bleibt und diese separat vermarkten muss.

Mieterstrom wird neues Standbein

Der Vermieter oder, wenn er das aus der Hand gibt, der Stromlieferant wie Naturstrom im Falle des Tübinger Projekts hat den zusätzlichen Aufwand, so viele Mieter wie möglich vom Vorteil der Solarstromlieferung zu überzeugen. Je mehr Hausbewohner am Mieterstromprojekt teilnehmen, umso wirtschaftlicher ist die Anlage. Denn dann steigt der direkte Verbrauch vor Ort. Gleichzeitig sinkt die aus dem Netz gelieferte Reststrommenge, was für alle Beteiligten von Vorteil ist.

Aus diesem Grund sind Mieterstromprojekte im Neubau erfolgreicher und einfacher umsetzbar als im Gebäudebestand. Das zumindest haben die Erfahrungen ergeben, die die Planer solcher Projekte in den vergangenen Jahren gemacht haben. Ein Grund ist, dass sich die Hausbewohner, wenn sie neu einziehen, ohnehin mit dem Stromliefervertrag auseinandersetzen. Dann sind sie offen für den Abschluss eines neuen Vertrags und die Mieterstromprojekte überzeugen durch den niedrigeren Preis.

Dazu kommt noch, dass sich vor allem Baugruppen für solche gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen entscheiden. Hier greifen die Bewohner selten auf Billigheimer mit ihrem hochsubventionierten Atom- oder Kohlestrom zurück. Sie wollen Ökostrom. Wenn sie dann auch noch wissen, wo dieser herkommt, ist das gut. Wenn er auf dem eigenen Dach produziert wird, umso besser. Auch für die Genossenschaften werden solche Projekte immer wichtiger. „In Anbetracht der enger gewordenen Handlungsspielräume von Energiegenossenschaften in den letzten Jahren ist Mieterstrom ein wichtiges neues Tätigkeitsfeld, das wir uns aktiv erschließen“, erklärt Burkhard Ulle, Vorstandsvorsitzender der Münchner Bürgerenergiegenossenschaft Beng.

Mieterstrom aus der eigenen Anlage

Dazu haben die Genossen ein ganz spezielles Angebot entwickelt und umgesetzt. Auf zwei Gebäuden im neuen Stadtquartier Domagkpark in der bayerischen Metropole hat die Genossenschaft jeweils eine Solaranlage errichtet. Damit werden vier Gebäude mit Photovoltaikstrom beliefert. Beng nutzt hier eine Regelung im Mieterstromgesetz, das die Nutzung des Solarstroms in weiteren Gebäuden eines Quartiers zulässt. Beng geht davon aus, dass etwa 73 Prozent des Solarstroms direkt in den Gebäuden verbraucht werden. Dieser recht hohe Eigenverbrauchsanteil wird vor allem dadurch erreicht, dass die Anlagen mit 23 und 28 Kilowatt Leistung relativ klein ausgelegt sind. Denn sie sollen immerhin 63 Wohneinheiten versorgen.

Beng hat die Anlagen finanziert und betreibt sie auch. Den Strom verkaufen die Energiegenossen an Naturstrom. Der Düsseldorfer Versorger beliefert die Mieter in den Gebäuden dann mit einem Produkt, das sich aus Solarstrom und Ökostrom aus dem Netz zusammensetzt. Den überschüssigen Solarstrom vermarktet das Unternehmen an seine Kunden.

Doch damit ist das Angebot von Beng noch längst nicht erschöpft. Als echte Energiegenossenschaft macht sie den Mietern das Angebot, Anteile an der Solaranlage zu erwerben. Dadurch sollen die Investitionskosten wieder eingespielt werden. Denn von den 1.000 Euro, die ein Genossenschaftsanteil kostet, werden 900 Euro als Nachrangdarlehen voraussichtlich mit einem Satz zwischen 2,25 und 3,75 Prozent verzinst. Mit den restlichen 100 Euro werden die Mieter Mitglieder der Genossenschaft. Mit den Geschäftsanteilen bekommen sie einen Anteil der Dividende, die Beng jährlich ausschüttet. Diese ist vom Jahresergebnis der Genossenschaft abhängig.

Skalierbares Produkt entwickeln

Auch diese Anlagen entstehen auf Neubauten. Dass Mieterstromprojekte auch im Bestand funktionieren, zeigen die Stadtwerke Bitterfeld. In der sachsen-anhaltinischen Stadt Wolfen hat der Versorger zusammen mit der dortigen Wohnungsgenossenschaft drei Mietshäuser mit Solaranlagen versehen. Die 394 Module von Q-Cells, die in der Stadt entwickelt wurden, erreichen eine Gesamtleistung von 110 Kilowatt und liefern jedes Jahr 107 Megawattstunden Strom.

Außer für Energiegenossenschaften sind Mieterstromprojekte auch für Stadtwerke ein Geschäftsfeld, das sie ausbauen können, um im Zuge der Energiewende weiterhin existieren zu können. Doch nicht nur das. „Für die Stadtwerke ergeben sich, neben dem Aspekt der Kundenbindung durch die Vertragsbeziehungen mit den Mietern, neue attraktive Geschäftsfelder im Bereich der Energiedienstleistungen“, erklärt Christian Dubiel, Geschäftsführer der Stadtwerke Bitterfeld-Wolfen. „Zudem sehen wir großes Potenzial in der Sektorkopplung zwischen Strom, Wärme und Elektromobilität.“

Geschäft läuft langsam an

Für die Vermarktung von Mieterstromangeboten vor allem in kleineren Kommunen sind die Stadtwerke zumal gut aufgestellt. Denn sie können aufgrund des ohnehin oft vorhandenen Zugangs zum Kunden die kleinteilige Vermarktung von Mieterstromverträgen gut abdecken.

Die jüngsten Projekte zeigen: Das Mieterstromgeschäft läuft langsam an. Auch wenn der Boom in naher Zukunft nicht zu erwarten ist, werden solche Angebote immer attraktiver, je schneller die Netzkosten steigen. Vor allem wenn gemeinsame Standards für Mess- und Abrechnungskonzepte geschaffen werden und damit die großen Anbieter wie Naturstrom, Lichtblick, Polarstern oder auch Wirsol ein skalierbares Produkt entwickeln können, werden auch die Zubauzahlen steigen.

www.naturstrom.de

Baywa r.e.

Einstieg ins Mieterstromgeschäft

Baywa r.e. steigt über eine Kooperation mit Solarimo ins Mieterstromgeschäft ein. Während Solarimo die Beratung der Vermieter sowie Planung, Betrieb und Abrechnung der Mieterstromprojekte übernimmt, stellt Baywa r.e. die Photovoltaikanlage zur Verfügung und vermittelt die fachgerechte Planung und Montage der Anlage an einen Installateur aus dem firmeneigenen Netzwerk.

Damit profitieren die beiden Unternehmen von der Expertise des jeweils anderen. Denn Solarimo hat sich ausschließlich auf den Betrieb von Mieterstromanlagen konzentriert. Baywa r.e. hingegen bringt seine Erfahrungen als Anbieter und Projektierer von Solaranlagen in die Kooperation ein und schafft sich so ein weiteres Standbein.

www.solarimo.de

BSW-Solar

Mieterstromleitfaden aktualisiert

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) hat einen aktualisierten Leitfaden „Mieterstrom in der Praxis“ veröffentlicht. Er bietet neben juristisch fundierten und verständlich aufbereiteten Fakten auch einen Mustervertrag zur Lieferung von Solarstrom an Mieter, den der Hauseigentümer an seine Bedürfnisse und die Gegebenheiten vor Ort anpassen kann.

Mit dem Leitfaden sollen Akteure der Wohnungswirtschaft und Hauseigentümer nützliche Hilfestellung erhalten, um die vorhandenen rechtlichen Hürden zu überwinden. Weil die staatliche Förderung die Wirtschaftlichkeit des solaren Mieterstroms erhöht hat, steigen immer mehr Vermieter und Versorger in diesen Zukunftsmarkt ein. Der Leitfaden wurde in Zusammenarbeit mit Unternehmen ausgearbeitet, die schon Erfahrung mit der Umsetzung von Mieterstromprojekten haben.

www.solarwirtschaft.de

Kurz nachgefragt

„Wirtschaftlich für kleine Mehrfamilienhäuser“

Sie bauen Einzelanlagen auf kleinen Mehrfamilienhäusern. Ist das Mieterstrom?

Andreas Horn: Der Begriff Mieterstrom ist ja vielseitig auslegbar. Für mich ist Mieterstrom, wenn auf dem Dach Solarstrom generiert und auf dem kürzesten Weg im Gebäude an Verbraucher weitergegeben und genutzt wird. Insofern ist der Bau von Einzelanlagen für mich durchaus ein Mieterstrommodell. Jedoch erfüllen diese Anlagen nicht die Vorgaben des Mieterstromgesetzes und erhalten deshalb auch nicht die Förderung nach dem Mieterstromgesetz.

Warum ist es so wenig attraktiv, Anlagen gemäß dem Mieterstromgesetz zu errichten?

Der Gesetzgeber hat Mieterstrom kompliziert statt einfach gemacht. Der Aufwand ist hoch, die gesetzlichen Grenzen sind eng, die Förderung niedrig. Besonders bei Mehrfamilienhäusern bis zu sechs Wohneinheiten ist Mieterstrom unwirtschaftlich. Dies hat übrigens auch die Prognos-Studie festgestellt, die 2017 im Auftrag des BMWi die Potenziale und Wirtschaftlichkeit von Mieterstrommodellen untersucht hat. Diese Wohnhäuser machen aber die Hälfte des Mehrfamilienhausbestandes aus!

Das heißt, für kleinere Mehrfamilienhäuser braucht es andere Konzepte?

Ja, unbedingt. Gerade diese Hausbesitzer sind sehr engagiert und wollen an der Energiewende mitwirken. Oft wohnen sie selbst mit im Haus und wollen die Nachbarn mitversorgen. Wenn diese Menschen bei Sonnenkraft Freising Rat und Hilfe suchen, sind sie entsetzt, wie kompliziert die Stromlieferung aus der Anlage an die Nachbarn – oftmals sogar Familienangehörige – werden kann. Deshalb haben wir geschaut, welche Anlagenkonzepte wir in diesem Segment wirtschaftlich errichten können.

Wie sieht das in einem konkreten Beispiel aus?

Eine Wohnbaugenossenschaft baut ein neues Gebäude mit sieben Wohnungen. In diesem Fall ist noch eine Energiegenossenschaft involviert, die Eigentümer der Anlagen wird. Für das konkrete Gebäude ist die Förderung nach dem Mieterstromgesetz nicht wirtschaftlich attraktiv aufgrund der Kosten für die Summenzählermessung.

Und was ist die Alternative?

Wir bauen neun eigenständige Photovoltaikanlagen auf das Dach mit einer Gesamtleistung von 25 Kilowatt. Die Einzelanlagen haben Leistungen zwischen 2,5 und fünf Kilowatt. Der Hauseigentümer vermietet das Dach an die Energiegenossenschaft. Diese errichtet die neun Anlagen und verpachtet die Einzelanlagen an die sieben Wohnparteien sowie an den Gebäudeeigentümer für den Allgemeinstrom und die Wärmepumpe. In diesem konkreten Fall wird der Mietvertrag für die Wohnung an die Bedingung geknüpft, dass der Mieter auch einen Pachtvertrag für die Solaranlage schließt. Wir bewegen uns also komplett außerhalb des Mieterstromgesetzes.

Welche Rolle spielt der Mieter in diesem Konstrukt?

Der Pachtvertrag ist so gestaltet, dass der Mieter Betreiber mit Eigenversorgung wird. Denn er trägt auch das wirtschaftliche Risiko der Anlage. Wenn die Sonne weniger scheint, hat er weniger Erträge, wenn der Wechselrichter ausfällt ebenso. Damit wird er zum echten Eigenversorger nach Paragraf 61a des EEG und ist von der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch befreit. Diese Befreiung greift auch dann, wenn die Gesamtanlage auf dem Dach 25 Kilowatt Leistung hat. Denn die Zehn-Kilowatt-Grenze gilt pro Betreiber.

Und dieses Konstrukt ist wirtschaftlich attraktiver als die Förderung nach dem Mieterstromgesetz?

Ja. Das ist eigentlich der Teil, der das Ganze so spannend macht. Erstens fällt die EEG-Umlage für Eigenverbrauch nicht an. Viel wichtiger aber ist: Man spart sich den Aufwand und die Gängelung durch das Mieterstromgesetz, dafür verzichtet man gerne auf den Mieterstromzuschlag. Das ergibt einen finanziellen Vorteil von ungefähr vier Cent gegenüber einem Konzept mit Mieterstromgesetz.

Aber der Mieter ist jetzt Photovoltaikanlagenbetreiber?

Ja. Dafür bekommt er Unterstützung – zunächst in Form einer Checkliste, zum Beispiel zu den Mitteilungspflichten. Auch beim Mieterwechsel werden An- und Abmeldungen notwendig. Diesen Aufwand hat der Mieter. Aber er bekommt Erlöse aus der Einspeisung und kann einen Teil seines Strombedarfs aus seiner eigenen Anlage decken.

Eignet sich das Modell als Blaupause für andere Konstellationen?

Ja. Der Verein Sonnenkraft Freising hat schon öfter mit seinen Konzepten Betreibern geholfen, zum Beispiel unter der Überschrift „PV ohne Finanzamt“. Dies ist übrigens auch für Mikro-Mieterstrom – wie wir dieses Mieterstrommodell für kleine Mehrfamilienhäuser nennen – relevant: Der Pachtpreis der Anlage wird so festgelegt, dass für den Mieter steuerlich kein Gewinn bei der Überschusseinspeisung ins Netz entsteht. Somit wird der Pächter und Mieter nicht einkommensteuerpflichtig durch die Anlage, in puncto Umsatzsteuer können die Mieter die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Der finanzielle Vorteil für den Mieter entsteht durch die vermiedenen Strombezugskosten.

Treiben die vielen Wechselrichter die Investitionskosten in unvertretbare Höhen?

Nein und ja. Sie führen zu erhöhten Kosten von 100 bis 150 Euro pro Kilowatt im Vergleich zu einem einzelnen Wechselrichter mit einer Leistung von 25 Kilowatt. Aber: Nach dem Mieterstromgesetz bräuchte ich die Summenzählung und dafür 2.000 bis 3.000 Euro. Alleine diese Summenzählermessung macht auch 100 Euro pro Kilowatt aus. Im Vergleich zu einem Mieterstromkonzept sind also die Investitionskosten in etwa gleich.

Die Eigenverbrauchsquote ist aber geringer?

Ja, die Eigenverbrauchsquote sinkt etwas. Denn wenn der eine Mieter nicht da ist, kann der Nachbar nicht dessen Strom zum Wäschewaschen nutzen. Die Bundesregierung hat in ihrer Studie ja selbst festgestellt, dass die kleinen Mieterstromprojekte unwirtschaftlich sind! Mit dieser Lösung bekommen Sie dennoch eine Wirtschaftlichkeit hin. Sie ist nicht riesig, aber es gibt sie. Letztlich setzen wir die alte Verordnungsermächtigung um, die vorschlug, die Mieter von der EEG-Umlage auf den Direktverbrauch zu befreien.

Das Gespräch führte Petra Franke.

www.sonnenkraft-freising.de

Andreas Horn

ist Vorstand des Vereins Sonnenkraft Freising. Er leitet zudem ein Ingenieurbüro für erneuerbare Energien. Er wurde als Sachverständiger vom Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages zum Mieterstromgesetz angehört. Vom Mieterstromgesetz ist er enttäuscht und baut derzeit eine Anlage für Mieter, die nicht nach dessen Regelungen vergütet wird.

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