Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Installateure

Markt konsolidiert sich

Mit 14 Gigawatt neu installierter Leistung durch Solarkraftwerke und Dachanlagen wurde 2023 in Deutschland eine neue Höchstmarke im jährlichen Zubau erreicht. Das entspricht fast einer Verdoppelung zum ­Vorjahr.

Basierend auf dem Abschluss 2023 des Marktstammdatenregisters und Auswertungen des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) ist der Zubau an Photovoltaikanlagen bei Dachanlagen bis 30 Kilowatt um rund 136 Prozent, bei Dachanlagen über 30 Kilowatt um 81 Prozent und bei Freiflächenanlagen um 39 Prozent angestiegen.

Erhebliche Kapazitäten aufgebaut

Dieses Wachstum innerhalb eines Jahres verdeutlicht, welche Kapazitäten zur Montage und Installation über die letzten Jahre aufgebaut wurden. Die Hälfte des Zubaus wurde erneut im privaten Bereich erzielt; er weist mit 136 Prozent den größten Anstieg auf.

Im Segment Residential kam es zu beträchtlichen Vorzieheffekten aufgrund des Ukrainekrieges und der damit verbundenen dramatischen Verteuerung der Energiepreise im Jahr 2022. Die Preiskurve normalisierte sich seit Sommer 2023 und führte zum Umdenken sowie Verzögern von Investitionen seitens der Hausbesitzer in der zweiten Jahreshälfte 2023.

Die erste Jahreshälfte war von vollen Auftragsbüchern und hoher Profitabilität geprägt. Die boomende bundesweite Nachfrage führte zu großen Preisunterschieden bei Angeboten gleicher Qualität. Das zeigte sich in der Profitabilität der Angebote sowie in der Gewinnmarge der Betriebe.

So konnten im ersten Halbjahr manche lokalen Anbieter mit wenig Konkurrenz Verkaufspreise von 2.800 Euro je Kilowatt verlangen, während in anderen Regionen nur 2.200 Euro durch die Kunden bezahlt wurden. Regionale Preisunterschiede von 30 Prozent für identische Dienstleistungen und Personalkostenanteilen von durchschnittlich nur 22 Prozent sind bei transparenten Massenprodukten ungewöhnlich. Somit sind Standort und Einzugsgebiet für den einzelnen Installationsbetrieb ein wichtiger Werttreiber.

Rückgang ab Jahresmitte 2023

Bereits im dritten Quartal 2023 wurde die Relevanz des Standorts erkennbar. Denn die Aufträge gingen regional unterschiedlich zurück. Die Nachfrage im Residentialbereich brach im vierten Quartal weiter massiv ein.

Trotzdem konnten etablierte Fachbetriebe mit geringem Wettbewerb ihre Profitabilität halten und Ebit-Margen von rund zehn Prozent für das Gesamtjahr 2023 erzielen. Bei weniger fokussierten oder zu kleinen Solarteuren brach die Ebit-Marge auf fünf Prozent ein.

Neben einer Normalisierung der Nachfrage bedingt durch Abbau der Vorzieheffekte sowie niedrigere Energiepreise ist ein erhöhter Wettbewerb durch neue Konkurrenz aus Dachdecker- und Elektrofachbetrieben zu beobachten. Der deutliche Rückgang an Beratungsgesprächen und Kundenabschlüssen war nach einer Umfrage unter den Mitgliedern des BSW-Solar bereits im November erkennbar. Folglich muss sich der Installationssektor anpassen und in Vertrieb als auch in effizientere Prozesse (Digitalisierung) investieren.

Betriebe müssen sich neu ausrichten

Die strategische Ausrichtung und Neupositionierung der Fachinstallateure wird 2024 eine entscheidende Rolle spielen, um ihren Unternehmenswert und die Ertragskraft zu sichern. Kleinere Betriebe werden ihre Aktivitäten unter Umständen verringern oder sich nur auf den direkten Einzugsbereich und das persönliche Netzwerk konzentrieren. Betriebe zwischen 25 und 75 Mitarbeitern bewegen sich in einer Größenordnung, die diese Option kaum zulässt.

In jedem Fall wird das mittlere Segment einerseits auf der Kostenseite einsparen, andererseits größere Investitionen in Vertrieb und Digitalisierung tätigen müssen. Gelingt dies nicht aus Rücklagen und Liquidität der Vorjahre, sind Kooperationen und Zusammenschlüsse eine Alternative, um nicht den Firmenwert oder die Ertragskraft zu verlieren.

Allianzen und Kooperationen prüfen

Große Installationsbetriebe sehen sich heute als One-Stop-Shop für ganzheitliche Energielösungen. Sie werden sich von der zunehmenden Konkurrenz durch bundesweit agierende Wettbewerber über das Preis-Leistungs-Verhältnis und hohe Qualität differenzieren müssen. Ist der regionale Wettbewerb zu stark, empfiehlt es sich, Kooperationen und strategische Allianzen einzugehen.

Die Fragmentierung des Installationssektors nimmt ab, jedoch eher dadurch, dass eine größere Anzahl an bundesweit tätigen Wettbewerbern entsteht. Es ist nicht zu erwarten, dass Marktteilnehmer in nennenswerter Zahl verschwinden.

Zwar hat die Zunahme an Insolvenzen im Photovoltaiksektor im Jahr 2023 einen Höhepunkt während der letzten zehn Jahre erreicht. Zusätzliche Marktteilnehmer aus anderen Gewerken konnten dies aber überkompensieren.

Neuer Höhepunkt bei Insolvenzen

Insolvenzen lassen sich unter anderem im Internet recherchieren. Der Trend ist eindeutig und wird bei genauerer Betrachtung der monatlichen Veränderungen im Jahresverlauf 2023 noch ausgeprägter.

Konnten sich in den letzten Jahren viele neue Installationsbetriebe schnell etablieren oder wollten expandieren, dürfte es zukünftig aufgrund der konjunkturellen Lage, der starken Zunahme des Wettbewerbs und ineffizienter Kostenstrukturen (fehlende Skalierungsmöglichkeiten) sowie fehlenden Kapitalstocks zunehmend schwieriger werden, sich zu behaupten.

Trotz alledem wird der Photovoltaiksektor weiterhin für gut aufgestellte Betriebe äußerst lukrativ bleiben. In den nächsten fünf Jahren lässt er einen überproportionalen Wachstumspfad erwarten, verglichen mit den meisten Branchen der deutschen Wirtschaft. Den Statistiken der Bundesnetzagentur kann man entnehmen, dass die jährliche Wachstumsrate (CAGR) zwischen 2017 und 2022 (ohne Sondereffekte 2023) bereits rund 34 Prozent erreichte.

Nachfrage dürfte sich erholen

Selbst mit zwei weiteren schwächeren Quartalen wird mittelfristig ein jährliches Wachstum im Zubau von 20 bis 35 Prozent zu verzeichnen sein, dank der Zielvorgaben der Energiewende (sowohl national als auch auf EU-Ebene). Die Förderung von erneuerbaren Energien und steigende Kosten für fossile Technologien gewährleisten eine anhaltende Nachfrage nach Photovoltaik und Solarstromspeichern. Fallende Systempreise unterstützen diesen Wachstumspfad. Folglich ist mit anziehender Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen.

Preise für Betriebsverkäufe sinken

Im Jahr 2023 konnten Firmenverkäufer von Installationsbetrieben der Solarbranche einerseits Höchstpreise verzeichnen (zumindest in der ersten Jahreshälfte), die Bewertungen bis zum Zehnfachen des durchschnittlichen, adjustierten Ebit der letzten drei Geschäftsjahre erreichten. Andererseits kippte das Transaktionsumfeld des Verkäufermarkts spätestens Ende des dritten Quartals. Die Multiples reduzierten sich auf das sechs- bis achtfache adjustierte Ebit.

Geschäftsmodell muss überzeugen

Bestandteil von hohen Bewertungen sind meistens gestreckte Kaufpreiszahlungen über mehrere Jahre mit hohen Earn-out-Komponenten. ­Zusätzlich fokussierten die Verhandlungen oft um die Betrachtung der Erträge (Vergangenheit in Relation zum aktuellen Jahr), den Auftragsvorlauf und zu erwartende Gewinne. Selbst wenn mittlerweile konservativere Ebit-Multiple zugrunde gelegt werden, wird sich der ­Verkaufspreis nur teilweise mindern, solange das Geschäftsmodell und der Ausblick über­zeugen.

Konzepte für Marketing und Vertrieb

Nachvollziehbare Ebit-Margen über fünf Prozent, solider Auftragsvorlauf sowie fokussierte Konzepte für Marketing und Vertrieb und die solide Positionierung gegenüber der Konkurrenz müssen den Geschäftspartner beziehungsweise Käufer überzeugen, um nicht in den Bereich von üblichen Multiples für Handwerksbetriebe zurückzufallen.

Der bloße Aspekt, dass man Mitarbeiter vorhält, die gute Qualität gewährleisten (Fokus auf Montage), dürfte ab 2024 nur zu Bewertungen mit Ebit-Multiples von 5 bis 6 führen. Selbst dies setzt voraus, dass der Erwerber anfangs das Betriebsergebnis von bis zu sechs Jahren heranzieht und (ohne Wachstum oder Profitabilitätssteigerung) erst im siebten Jahr sein Investment zurückerhält (ohne Finanzierungseinflüsse oder steuerliche Themen).

Anlagen fürs Gewerbe

Installationsbetriebe, die den Kunden eine umfassende Produktpalette von Photovoltaikanlage über Speicher, Ladesäule bis Luftwärmepumpe und Energiemanager anbieten, können im privaten Marktsegment einen deutlichen Wettbewerbsvorteil erreichen.

Eine weitere Differenzierung mit Skalierungspotenzial kann durch Dachanlagen für Kunden aus Gewerbe und Industrie erfolgen. Niedrigere Verkaufspreise pro Kilowatt lassen sich durch Einsparungen bei den Kosten für Planung und Montage, durch günstigere Einkaufspreise und höhere Volumina kompensieren.

Höhere Profitabilität anstreben

Insgesamt ermöglicht dies eine höhere Gesamtprofitabilität pro Auftrag beziehungsweise der solaren Gewerbedächer als im privaten Segment. Insoweit bietet gerade das Gewerbe große Potenziale für Installationsbetriebe, die die Voraussetzungen für den Stromanschluss von 135 oder 270 Kilowatt erfüllen.

Nach sechs Jahren Wachstum durchläuft der Photovoltaiksektor zwei bis drei Quartale der Konsolidierung. Der Fokus wird zukünftig stärker auf Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb und auf dem Vertrieb liegen.

Controlling wird wichtig

Zudem steht Ertragsstärke im Vordergrund, nicht mehr Wachstum. Liquidität sowie Kostenkontrolle (Controlling) werden für die nächsten zwei Quartale imminent wichtig.

Installateure mit geringer Kapitalbasis und nur durchschnittlichen Ertragsmargen sollten alternative Geschäftsmodelle prüfen und passende Allianzen suchen. Nicht jeder Fachbetrieb muss alle Schritte der Wertschöpfung anbieten.

Zimmerleute und vor allem Dachdecker drängen zunehmend ins Solargeschäft.

Foto: © GHM/Wachenfeld

Zimmerleute und vor allem Dachdecker drängen zunehmend ins Solargeschäft.
Trotz der Wachstumsschmerzen im Markt bleibt die Photovoltaik ein lukratives und wachsendes Geschäftsfeld.

Foto: BSW-Solar

Trotz der Wachstumsschmerzen im Markt bleibt die Photovoltaik ein lukratives und wachsendes Geschäftsfeld.
Regionale Installateure haben die Chance, ihre Aktivitäten ins gewerbliche Marktsegment zu erweitern.

Foto: BSW-Solar

Regionale Installateure haben die Chance, ihre Aktivitäten ins gewerbliche Marktsegment zu erweitern.

Der Autor

Christian von Staudt
ist Partner der Steinbeis Consulting Mergers & Acquisitions (M&A) GmbH. Zuvor war er geschäftsführender Gesellschafter der AE Consult GmbH mit Fokus auf Mandate zur Beratung und Kapitalbeschaffung für Kunden in den erneuerbaren Energien. Er leitete das konzernweite Management des Zinsrisikos der Group Treasury der Commerzbank und davor das Assetmanagement der Dresdner Bank. Christian von Staudt studierte an der London School of Economics sowie an der European School of Business. Er schloss sein Studium mit dem Master of Science in Accounting & Finance und als Diplombetriebswirt ab. Er verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Kapitalmarkt, im Beratungsgeschäft und im M&A-Geschäft mit den Schwerpunkten auf Energie und Infrastruktur. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter der Arsago Renewables GmbH, die Photovoltaikprojekte entwickelt.

Fabian Hensel

Tags