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Sonnenwasser fürs Feld

Weniger als 700 Menschen leben in dem kleinen niedersächsischen Dorf ­Dahlum. Nur wenige Kilometer sind es in Richtung Osten bis zur Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt. Das Land ist flach. Bis zum Harz, der in südlicher Richtung liegt, sind es noch etwa 30 Kilometer.

Die Landwirtschaft dominiert das gesamte Dorfleben. Auch die Familie Nagel betreibt seit über 30 Jahren hier einen Landwirtschaftsbetrieb – die meiste Zeit als zertifizierten Biohof.

Module für den Pumpenstrom

Zur nachhaltigen Bewirtschaftung gehören für Lea und Uwe Nagel nicht nur der Verzicht auf Dünger und die artgerechte Haltung der Hühner, Schweine und Schafe. Auch der Einsatz von erneuerbaren Energien gehört zum Gesamtkonzept des Dahlumer Biohofs.

Die Ländereien der Familie Nagel liegen verstreut über das gesamte Dorf. Sie sind größtenteils nicht an die Infrastruktur angeschlossen. Angesichts der immer trockener werdenden Sommer wird vor allem Wasser für die Pflanzen auf einigen der Felder zum essenziellen Gut, nicht nur für Familie Nagel.

Deshalb haben die Landwirte auf eine Lösung zurückgegriffen, die man allgemein in trockenen Regionen Afrikas vermutet: Ein Brunnen auf dem Hof zapft das Grundwasser an. „Eine Pumpe fördert es in eine unterirdische Zisterne und von dort wird es über ein Bewässerungssystem auf den Feldern verteilt”, erklärt Bert Kahlbrandt.

Der Planer aus Bad Grund im Harz hat das System auf dem Hof der Nagels ausgelegt und installiert. Als Vertriebs- und Servicepartner des Solarpumpenherstellers Lorentz hat er sich auf solche Lösungen spezialisiert. Angetrieben wird die Pumpe ausschließlich mit Solarstrom.

Dazu hat Bert Kahlbrandt auf einem Schuppendach auf dem Biohof in Dahlum drei Solarmodule installiert. Die reichen aus, um den gesamten Strom für das Fördern des Wassers aus dem Brunnen und dessen Verteilung auf den Feldern abzudecken. „Da die Zisterne als Zwischenspeicher dient, ist das Fördern des Wassers unabhängig vom Sonnenstrom”, betont Kahlbrandt. Zwar läuft die Bewässerungsanlage bei bewölktem Himmel nicht mit voller Leistung und steht nachts still. Dann werden aber in der Regel die Felder auch nicht mit Wasser versorgt.

Den Wechselrichter eingespart

Auf diese Weise passt die Ertragskurve der Solaranlage mit dem Lastprofil des Bewässerungssystems perfekt zusammen. Das muss es auch. Denn vor Ort gibt es keinen Netzanschluss, sodass das gesamte System auf den Solarstrom angewiesen ist. Ein Back-up etwa in Form eines Dieselgenerators gibt es auch nicht.

Das hat aber riesige Vorteile. Denn so können die Landwirte die Pumpen gleich mit dem Gleichstrom aus den Solarmodulen betreiben. „Die Anlage besteht aus einem Pumpenkopf, einem Pumpenmotor und einem Controller”, erklärt Bert Kahlbrandt das Prinzip. „Der Controller macht aus dem normalen Gleichstrom, der mit 150 Volt aus der Solaranlage kommt, dreiphasigen Gleichstrom für den Pumpenmotor. Da der mit dem Gleichstrom läuft, ist keine weitere Elektronik notwendig.” Außerdem gibt es kaum Verluste, weil der Strom aus den Modulen nicht durch einen Wechselrichter fließen muss.

Wasserförderung bei wenig Sonne

Die Pumpe läuft schon bei sehr geringer Sonneneinstrahlung. Da sie sich aber zu langsam dreht, wenn die Leistung der Solaranlage zu gering ist, dann kein Wasser fördert und heißläuft, hat Bert Kahlbrandt noch ein kleines Referenzmodul mit fünf Watt Leistung neben dem Generator installiert. Erst wenn die Pumpensteuerung von dort die Information bekommt, dass genügend Solarleistung vorhanden ist, wird der Pumpenmotor angeworfen.

Wenn das Referenzmodul eine zu geringe Sonneneinstrahlung anzeigt, wird die Pumpe wieder abgeschaltet. „Dadurch kann es zwar passieren, dass die Pumpe mehrmals täglich ein- und ausgeschaltet wird. Doch das macht ihr nichts aus. Viel wichtiger für eine lange Haltbarkeit ist, dass die Pumpe nicht ungekühlt läuft”, betont Kahlbrandt.

Alle Bedingungen beachten

Wie groß die Solaranlage sein muss, um die Pumpe zu betreiben, hängt vom Einzelfall und vor allem von der Leistungsaufnahme des Geräts ab. Dazu kommen noch die konkreten Daten über die Brunnentiefe, die täglich benötigte Wassermenge und die Sonneneinstrahlung vor Ort, die für die Auslegung des gesamten Systems relevant sind. Auch die Wassermenge, die der Brunnen hergibt, ist relevant.

Zwar haben die Pumpen einen Trockenlaufschutz. Allerdings gibt es Brunnen, aus denen nur bestimmte Wassermengen gefördert werden dürfen. Es ist auch besser, wenn die Landwirte die Förderrate drosseln. So können sie kontinuierlich bewässern, ohne den Brunnen leer zu pumpen und dann warten zu müssen, bis er sich wieder füllt.

Der Controller steuert das Fördervolumen und schaltet die Pumpen ein und aus.

Foto: Lorentz

Der Controller steuert das Fördervolumen und schaltet die Pumpen ein und aus.

Steuerung richtig einstellen

Das kann der Betreiber über die Pumpengeschwindigkeit regulieren, die er über eine Zeitsteuerung im Controller einstellen kann. „Das ist auch relevant, wenn die Pumpe im Winter, wenn weniger Solarstrom vorhanden ist, genauso viel Wasser liefern muss wie an sonnigen Sommertagen”, erklärt Kahlbrandt. Dann wird das gesamte System auf die im Winter notwendige Fördermenge ausgelegt und im Sommer die Pumpengeschwindigkeit gedrosselt.

Der Landwirt kann die Pumpe mit einer App über eine Bluetoothverbindung programmieren und überwachen. In größere Systeme integriert Bert Kahlbrandt eine Fernüberwachung.

Die Anlage für den Biohof in Dahlum ist im Vergleich zu anderen Projekten Kahlbrandts klein. „Es ist auch die Wasserversorgung von ganzen Dörfern möglich, bei denen das kostbare Nass aus 300 Metern Tiefe nach oben gepumpt wird”, sagt er. „Solche Systeme werden dann mit 300 oder mehr Solarmodulen betrieben.”

Meist ohne Netz

Der gemeinsame Nenner ist aber, dass es sich um Projekte handelt, die ohne Anschluss an das Stromnetz laufen. Nur in seltenen Fällen wird die Pumpe in ein vorhandenes Inselnetz für eine Dorfversorgung integriert. In Einzelfällen gibt es sogar ein allgemeines Stromnetz. „Dann wandelt ein Gleichrichter den Wechselstrom aus dem Netz in Gleichstrom für die Pumpe um”, erklärt Bert ­Kahlbrandt.

Die Wasserversorgung im Dorf muss – anders als die Feldbewässerung – auch an trüben Tagen und nachts funktionieren. Dazu kann die Pumpe inklusive Solaranlage auch parallel zu einer schon vorhandenen Pumpe installiert werden, die mit Wechselstrom läuft.

Dann fördert die solarbetriebene Pumpe Wasser, wenn die Sonne scheint. Nur in Zeiten ohne ausreichende Sonneneinstrahlung wird das System auf die mit Wechselstrom betriebene Pumpe umgeschaltet.

Die Nachfrage nach solchen solarbetriebenen Pumpensystemen wächst. „Denn einerseits sind die Solarmodule in den vergangenen Jahren sehr preiswert geworden”, sagt Kahlbrandt. „Andererseits greifen vor allem Landwirte auch in Deutschland immer häufiger auf solche Lösungen zurück, nicht nur zur Feldbewässerung. In Bayern haben wir ein System für einen Landwirt errichtet, der damit eine Viehtränke versorgt hat.“

Die Auslegung hängt auch von der Brunnentiefe ab, die Bert Kahlbrandt vorher kennen muss.

Foto: Lorentz

Die Auslegung hängt auch von der Brunnentiefe ab, die Bert Kahlbrandt vorher kennen muss.