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Smarte Puffer stark gefragt

Der Markt für Gewerbespeicher hat in diesem Jahr den Turbogang geschaltet. Neben dem bisherigen Klassiker, der Lastspitzenkappung, kommen nun viele Puffer für den Eigenverbrauch hinzu. Diese sind im Gewerbesegment trotz deutlich gestiegener Systempreise aufgrund der derzeitig sehr hohen Strompreise wirtschaftlich. „Zudem nimmt das Speichergeschäft für die Vermeidung des Netzausbaus aufgrund der langen Trafolieferzeiten gerade deutlich an Fahrt auf“, sagt Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon. Er definiert das Segment der Gewerbespeicher großzügig zwischen 30 und 1.000 Kilowattstunden. Hinzu kommt eine sogenannte Infrastruktur-Parallelnutzung. In der Praxis sieht das so aus: Während die Trafos für neue Netzanschlüsse lange Lieferzeiten haben, werden Speicher jetzt auch an bestehende Solarparks angeschlossen und mit eigenen Zählern ausgestattet. Die Puffer werden so über die bestehenden Trafos ans Netz angeschlossen und in den Leistungs- und Energiemärkten vermarktet.

Die Nachfrage nach größeren Strompuffern ist ungebrochen hoch. Auch Feilmeier sieht die Begrenzung für den Gewerbespeichermarkt derzeit eher bei den Herstellern und den Stückzahlen, die diese auf den Markt bringen können. Zudem sind die Themen Energiemanagement und Genehmigungen im Gewerbe wichtiger als im Heimspeichersegment. „Deshalb werden es wohl nur wenige neue Player kurzfristig erfolgreich in den Markt schaffen oder sie müssen erst mal eine Erfahrungskurve durchlaufen“, prophezeit Feilmeier.

Allerdings steigt auch der Kostendruck im Markt: Durch deutlich höhere Rohstoffkosten bei der Zelle, den Elektrokomponenten bis hin zu den Metallgehäusen mussten alle Anbieter dieses Jahr deutliche Kostensteigerungen verkraften, die teils auch an den Markt weitergegeben wurden. „So sind Preise von 650 bis 900 Euro pro Kilowattstunde für Komplettsysteme inklusive Leistungselektronik sowie einem umfangreichen Energiemanagement aktuell die Normalität“, beschreibt Feilmeier. Er erwartet zwar keine weiteren Preissteigerungen, allerdings sei auch noch keine signifikante Reduzierung in Sichtweite. Denn einen deutlichen Nachfrageüberhang gibt es weiter. „Da wir bei den Industriespeichern aktuell auf große Mengen an hochwertigen und neuen Überschussmengen aus der Automobilbranche zurückgreifen können, sind diese Systeme mit unter 500 Euro pro Kilowattstunde derzeit besonders günstig“, sagt der Fenecon-Chef.

Mehr Anwendungen machen den Speicher attraktiver

Auch Michael Schnakenberg, Geschäftsführer von Commeo, erwartet einen signifikanten Anstieg von Speicherinstallationen in den nächsten Jahren. Gewerbespeicher brauchen dabei ein möglichst breites Anwendungsspektrum. Sie sollten nicht nur in der Lage sein, Energie im Zusammenspiel mit einer Photovoltaikanlage für den Eigenverbrauch zu puffern, sondern sie sollten vielmehr auch Notstrom‐ und USV‐Funktionen beherrschen, Lastspitzen abfangen und die Anschlussleistung, wie für eine Ladeinfrastruktur, erhöhen können. Nur so werde eine stabile Versorgung in allen Bereichen gesichert.

„Voraussetzung dafür ist jedoch die Fähigkeit des Energiespeichers, Energie ausreichend schnell und dauerhaft zu speichern und bereitzustellen“, erklärt Schnakenberg. „Für uns bedeutet das, dass ein gewerbetauglicher Speicher mindestens 6.000 Speicherzyklen fahren und eine Lade‐ und Entladerate von deutlich über 1C bereitstellen können sollte.“

EMS wichtig bei komplexeren Anwendungen

Für den reinen DC‐Energiespeicher zur industriellen Nutzung auf höchstem Sicherheits‐ und Leistungsniveau liegen die Preise je nach Ausbaustufe zwischen 500 und 800 Euro pro Kilowattstunde, bestätigt auch Schnakenberg. Darüber hinaus entstehen weitere Kosten, um den Speicher in die individuelle Energie‐ und Systeminfrastruktur beim Kunden mit einer entsprechenden Topologie des Wechselrichters und der Unterverteilung einzubinden. Ein flexibles Energiemanagementsystem, kurz EMS, zur Steuerung und Kontrolle aller Komponenten und Energieflüsse ist gerade bei komplexeren Anwendungen sinnvoll. In eine Bewertung der Kosten pro installierter Kilowattstunde muss laut Schnakenberg auch der Faktor Zeit einfließen: „Betrachtet man die erwartbare Menge an speicherbarer Energie über die gesamte Lebenszeit des Speichers, die sich vornehmlich aufgrund der Zyklenfestigkeit und der Lade‐/Entladerate des Speichers ergibt, so ergeben sich teils ganz andere Werte für die Rentabilität von Systemen“, erklärt der Commeo-CEO.

Mehr Aufträge von kleineren Betrieben

Eine große Herausforderung liegt darin, die gesamte Systemlandschaft des Kunden und die jeweiligen Anforderungen an die Energiebereitstellung abzubilden. Nur so kann jederzeit und dynamisch die optimale Verteilung von Energie, aber auch von Informationen und Daten im System überwacht und gesteuert werden.

Diese Verteilung ist allerdings nur möglich, wenn alle Komponenten im System miteinander innerhalb eines industriellen EMS vernetzt sind und kommunizieren können. Die daraus entstehenden Möglichkeiten und Geschäftsfelder sowie die damit einhergehenden Verkürzungen der Amortisationszeit der Investitionen sind immens. Deshalb will Commeo neben der Batteriespeichertechnologie das Augenmerk insbesondere auf die Weiterentwicklung und den Ausbau des eigenen EMS legen.

Im Ausblick für die nächsten zwei bis drei Jahre gibt es weiterhin ein starkes Wachstum im zweistelligen Prozentbereich – trotz der aktuellen Verwerfungen in den Lieferketten. Davon prognostiziert der Hersteller Tesvolt. „Nach aktuellen Informationen gehen wir davon aus, dass der Gipfel der Preissteigerungen aufgrund von Rohstoffpreisentwicklungen, Liefer- und Logistik­engpässen erreicht sein sollte“, sagt Christian Löffler, Produktmanager bei Tesvolt, und ergänzt: „Deshalb gehen wir von gleichbleibenden Preisen für 2023 aus.“ Ein rezessionsbedingter Preisverfall für Batteriezellen am Rohstoffmarkt werde durch steigende Kosten im Energiesektor oder Logistikbereich relativiert. Tendenziell könnte es ab 2024 wieder zu Preissenkungen im Rohstoffbereich kommen, sagt Löffler, auch weil Logistikprobleme behoben sein könnten. Allerdings sei das aufgrund der Inflation nicht seriös vorherzusagen.

Gewerbespeicher werden aufgrund steigender Energiepreise gerade immer interessanter für kleinere Handwerksbetriebe. Auch durch das neue EEG 2023 wird der Ausbau insbesondere für kleinere Gewerbekunden künftig begünstigt. „Somit gibt es einen größeren Bedarf in der Leistungsklasse zwischen 20 und 50 Kilowattstunden“, betont Löffler. Die Kunden erwarten demnach eine maximale Auslastung des Speichers mit verschiedensten parallel laufenden Anwendungen, neudeutsch Multi-Use, um eine möglichst schnelle Amortisation zu erreichen. Besonders der Bedarf im Bereich der Ersatzstrom- und Inselfunktionalität steigt aufgrund der immer wiederkehrenden Warnungen vor Stromengpässen. Hinzu kommen kontrollierte Abschaltungen, neudeutsch Brownout genannt, sowie Anwendungen wie beim Flottenmanagement aufgrund der weiter wachsenden E-Autoflotte.

Hohe C-Raten weniger nachgefragt

Einige Trends, die sich abgezeichnet hatten, haben sich jedoch nicht so durchgesetzt: „Beispielsweise sind C-Raten von deutlich größer als 1 oder bis zu 2 jetzt nicht mehr gefragt“, berichtet Fenecon-Chef Feilmeier. Ebenso seien USV-Systeme oder notstromfähige Systeme in diesem Segment bei den meisten Anwendungen kaum relevant. Auch weil diese Systeme neben höheren Anschaffungskosten vor allem hohe Kosten durch deutlich geringere Wirkungsgrade sowie höhere Stand-by-Verluste mit sich bringen.

Denn die Gewerbespeichersysteme werden sich in Anwendungen mit vielen Zyklen und daher einem gesteigerten Effizienzwettbewerb wiederfinden, beschreibt Feilmeier. Die Erfolgsfaktoren liegen daher in hohen Spannungen, String- statt Zentralwechselrichtern und bei größeren Systemen in einer intelligenten Betriebsstrategie.

Das bedeutet, dass solche Speichercluster im rollierenden Betrieb gefahren werden, erklärt er. Das bedeutet, im Teillastbetrieb laufen nicht alle Einheiten auf Teillast, sondern stattdessen nur ein Teil der Einheiten im optimalen Wirkungsgradbereich.

Bedürfnisse als Treiber für Innovationen

Im Gewerbesegment ist klar vorhersehbar, dass sich Speicher mit den Bedürfnissen der Kunden verändern und evolutionär entwickeln müssen. Das bedeutet häufig die Erweiterung der Kapazität, sowohl im String als auch mit Parallelstrings und im Cluster mit weiteren Einheiten von Batteriewechselrichtern, die über das Energiemanagement als ein gemeinsamer Speicher betrieben werden. Häufig steigt im Laufe der Zeit auch der Bedarf an Leistung, wie bei Erweiterungen von Ladeparkspeichern. „Hier ist die Vorwärts- und Rückwärtskompatibilität verschiedener Speicherserien über das Energiemanagement wichtig“, betont Feilmeier.

Dies sei die Basis für die Anwendungen, die künftig mitwachsen. So werden schon bald Speicher auch zeitvariable Stromtarife miteinbinden müssen. Und es sind oder werden Ladepunkte ins Energiemanagement integriert sowie attraktive Einnahmen über die Anbindungen an virtuelle Kraftwerke gesichert. „Mit einem geschlossenen System oder einer Hardwareplattform, die das nicht schon mitdenkt, würde man sich dieser Welt verschließen – und damit auch Innovationen ausbremsen.“

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