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Dem Streit vorbeugen

Regelmäßig zeigen sich im Laufe der mindestens 20-jährigen Betriebsdauer einer Anlage Mindererträge oder andere Mängel wie Glasbruch und sonstige Schäden am Modul. Dazu gehören auch fehlerhafte Montage oder Leitungsverlegung, fehlerhafte Klemm-, Steck- oder Schraubverbindungen, fehlender, nicht beachteter oder falsch installierter Blitz- und Überspannungsschutz, Statikfehler und Missachtung von Wind- und Schneelasten, schlecht montierte Dachhaken, beschädigte Dächer, unzureichende Beschriftung und Dokumentation, Nichtbeachtung der Verschattungssituation, falsch konfigurierte Wechselrichter oder Mängel beim Schutz gegen Brände.

Nach Einschätzung von Experten wiesen Anfang 2013 mehr als 70 Prozent der in Deutschland installierten Anlagen Mängel auf. Die Ursachen können vielfältig sein. So wurden sie häufig unter hohem zeitlichen Druck errichtet, was die Fehleranfälligkeit erhöht. Zudem drängten immer mehr ursprünglich branchenfremde Firmen auf den Markt, ohne über ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu verfügen. Gleichzeitig versuchen Installateure und Komponentenhersteller in aller Regel, ihre Haftung vertraglich so weit wie möglich einzuschränken.

Tritt ein – gegebenenfalls durch einen Sachverständigen bestätigter – Schadensfall ein, so hängen die Rechte davon ab, ob die Installationsleistung als Kaufvertrag (mit Montageverpflichtung) oder Werkvertrag einzustufen ist.

Kaufvertrag oder Werkvertrag?

Die Abgrenzung von Werk- und Kaufvertrag kann im Einzelfall schwierig sein. Zwar wurden die Mängelrechte im Jahr 2001 gesetzlich angeglichen. Dennoch bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede, etwa bei der Verjährung: Diese beträgt grundsätzlich zwei Jahre beim Kaufvertrag und fünf Jahre beim Werkvertrag. Wird die Anlage vor Abnahme – also vor Billigung der Leistung des Bauunternehmers als im Wesentlichen vertragsgerecht – zerstört oder werden Teile entwendet, so können die Unterschiede gravierend sein: Im Werkvertragsrecht geht dies zulasten des Auftragnehmers. Im Kaufrecht hingegen geht die sogenannte Preisgefahr in der Regel schon bei Besitzübertragung auf den Erwerber über, bei Lieferung der Teile auf die Baustelle.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist im Zweifel Kaufvertragsrecht anzuwenden: Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Lieferung und Montage, so kommt es für die rechtliche Einordnung darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz auf den Anlagenbetreiber im Vordergrund steht und je weniger die individuellen Anforderungen des Kunden und die geschuldete Montageleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Annahme eines Kaufvertrages (mit Montageverpflichtung) geboten (Urteil vom 3. März 2004, VIII ZR 76/03). Von Bedeutung ist hierbei auch, welchen Wert die Montageleistung im Verhältnis zum Gesamtpreis hat. Da die Montageleistung im Verhältnis zum Wert der Komponenten in der Regel nur einen untergeordneten Teil ausmacht, wandte der BGH in der zitierten Entscheidung Kaufrecht an. Diese Rechtsprechung bestätigte der BGH in einer Entscheidung zu Siloanlagen (BGH NZBau 2009, 644), wobei der Unternehmer in dem zugrunde liegenden Fall auch Planungsleistungen zu erbringen hatte. Somit ist im Zweifel Kaufvertragsrecht anzuwenden.

Der Anlagenbetreiber sollte die Rechtsnatur seines Vertrages klären. Spätere Überraschungen infolge einer falschen Einordnung des Vertrages lassen sich zudem durch entsprechend präzise vertragliche Regelungen etwa zum Gefahrübergang vermeiden.

In der Anwaltspraxis der Autoren mit meist größeren, projektfinanzierten Anlagen werden in der Regel Verträge als Generalübernehmer oder Generalunternehmer geschlossen. Dabei verpflichtet sich in der Regel ein Generalübernehmer zur schlüsselfertigen und termingerechten Montage und Inbetriebnahme einschließlich Übernahme aller Planungs- und Ingenieurleistungen sowie der Zwischenfinanzierung. Üblicherweise beschäftigt er für alle Teile des Auftrags Subunternehmer. Erledigt der Unternehmer den Großteil des Auftrages selbst und zieht er allenfalls für einzelne Teile Subunternehmer hinzu, so wird er Generalunternehmer genannt. Der Einfachheit halber wird nachfolgend für beide der Begriff „Generalunternehmer“ verwendet.

Haftung des Generalunternehmers

Gerade bei größeren Projekten besteht darüber hinaus ein Geflecht aus weiteren Verträgen, in das der Anlagenbetreiber – in der Regel eine Projektgesellschaft – eingebunden ist. Dazu gehören Betriebsführungs- und Wartungsverträge, Finanzierungsverträge und Verträge zur Beschaffung der Projektrechte. Der Anlagenbetreiber kann die Komponenten natürlich auch direkt vom Hersteller bestellen, wodurch die Kosten für den Generalunternehmer vermieden werden. Allerdings übernimmt der Anlagenbetreiber dadurch rechtliche und tatsächliche Risiken, die er andernfalls auf den Generalunternehmer abwälzen kann. Zudem ist die Projektfinanzierung bei fehlender Beauftragung eines Generalunternehmers gefährdet, weil Banken dies in der Regel verlangen.

Wie weitgehend die Haftung des Generalunternehmers ist, hängt wesentlich von der Qualität des Vertrages ab. Der Betreiber sollte höchsten Wert auf möglichst gute Haftungsregelungen zu seinen Gunsten legen. Nachverhandlungen eines vom Generalunternehmer gestellten Vertragsentwurfs sind fast immer erforderlich und möglich. Eine uneingeschränkte Haftung des Generalunternehmers ist allerdings praxisfern, weil die Investitionskosten im Wesentlichen auf Module und Wechselrichter entfallen und deren Risiken für den Generalunternehmer kaum beherrschbar sind. Oftmals tritt dieser seine Gewährleistungsrechte gegen den Hersteller der Komponenten an die Projektgesellschaft ab oder verweist diese auf die Herstellergarantien. Unabhängig davon sollte die Projektgesellschaft ihren Verhandlungsspielraum in Bezug auf die weiteren Pflichten des Generalunternehmers so weit wie möglich nutzen. Dazu gehört eine termingerechte Inbetriebnahme.

In der Praxis ist häufig folgende wirtschaftliche Interessenlage zu beachten: Der Projektentwickler hält in der Regel Geschäftsanteile an der Projektgesellschaft, die er später an Investoren veräußert. Da der Generalunternehmervertrag häufig zwischen Projektentwickler und Projektgesellschaft zustande kommt, hat der Projektentwickler wirtschaftlich gesehen ambivalente Interessen. Dies könnte im Rahmen des Vertragsschlusses dazu führen, dass er sich eher an seinen langfristigen Interessen als Generalunternehmer orientiert. Dieses Ungleichgewicht wird in der Praxis oftmals erst durch Banken und Investoren bei der Legal Due Diligence korrigiert.

Generalunternehmer wollen ihre Haftung in der Regel weitestgehend ausschließen oder von der vorherigen Inanspruchnahme des Herstellers der jeweiligen Komponenten abhängig machen, der seine Haftung aber seinerseits meistens stark einschränkt (dazu siehe unten).

Üblicherweise bietet der Generalunternehmer standardisierte Verträge an, die Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) darstellen. Handelt es sich tatsächlich um AGB, so unterliegen Haftungsausschlüsse den rechtlichen Grenzen der Paragrafen 307 fortfolgende des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB): Danach ist bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern etwa eine Bestimmung unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen die Ansprüche gegen den Verwender (also den Generalunternehmer) insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden. Die Vorschrift bezieht sich auf neue Waren. Eine längere Zwischenlagerung hebt die Neuheit grundsätzlich noch nicht auf. Durch Lagerung können Solarmodule ihre Neuheit verlieren, wenn hiermit ein deutlich höheres Mängelrisiko einhergeht und dies etwa durch einen Preisnachlass bei der Veräußerung berücksichtigt wird.

Weniger schutzbedürftig

Ist der Betreiber Unternehmer und keine Privatperson, so wird er vom Gesetzgeber als weniger schutzbedürftig angesehen. Nicht alle Vorschriften zum AGB-Recht sind daher auf ihn anwendbar. Zu klären ist also, ob die genannten Grundsätze auch bei Verträgen zwischen Unternehmern gelten. Ein vollständiger Haftungsausschluss jedenfalls ist auch bei Verträgen zwischen Unternehmern nicht üblich. Dasselbe gilt, wenn die Projektgesellschaft auf Ansprüche gegen Dritte verwiesen wird (Bundesgerichtshof, BGHZ 92, 123). Kann der Generalunternehmer die Projektgesellschaft aber auf die vorherige erfolglose Inanspruchnahme des Herstellers von Modulen und Wechselrichter verweisen? Hierbei sind eigene Rechte der oder abgetretene Rechte denkbar.

Unstreitig darf der Generalunternehmer die Projektgesellschaft auf die vorherige erfolglose außergerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche verweisen. Grundsätzlich kann Unternehmern nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugemutet werden, auch die gerichtliche Geltendmachung der abgetretenen Ansprüche zu versuchen (BGHZ 92, 123). Allerdings bestehen auch Grenzen der Zumutbarkeit. Diese ist etwa unterschritten, wenn der Generalunternehmer der Projektgesellschaft zur Rechtsverfolgung notwendige Unterlagen vorenthält (BGH, NJW 1980, 282). Nach Auffassung der Autoren ist auch eine Rechtsverfolgung im Ausland und insbesondere im Nicht-EU-Ausland unzumutbar. Im Übrigen kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an, ob der Projektgesellschaft eine erfolglose gerichtliche Inanspruchnahme des Herstellers zugemutet werden kann.

Ansprüche geltend machen

Banken bestehen bei der Projektfinanzierung in der Regel darauf, dass der Generalunternehmer die Inanspruchnahme des Herstellers übernimmt und bei nicht eindeutig zuzuordnenden Mängeln subsidiär haftet.

Zu unterscheiden sind Garantien des Generalunternehmers, des Betriebsführers und des Herstellers von Komponenten. Generalunternehmer geben häufig Ertragsgarantien ab. Die Bezeichnung ist aber irreführend, weil die Garantie in aller Regel auf Umstände beschränkt ist, die der Generalunternehmer im Rahmen seiner Vertragspflichten beeinflussen kann. Eine verschuldensunabhängige Haftung für Mindererträge ist also kaum durchsetzbar. Ein denkbarer Haftungsfall ist es etwa, wenn der Generalunternehmer einen Ertrag garantiert, den die Anlagen nach ihrer Nennleistung und den örtlichen Bedingungen nicht leisten können.

Die Ertragsgarantie ist von der Performance-Ratio-Garantie zu unterscheiden, die im Rahmen des Betriebsführungsvertrages vom Betriebsführer – regelmäßig der Projektentwickler – abgegeben wird. Die Performance Ratio wird für die Beschreibung der Qualität und des Betriebsverhaltens von Anlagen benutzt. Sie wird im Vorfeld der Projektentwicklung und der Planung im Ertragsgutachten bestimmt. Während des Anlagenbetriebes wird die Performance Ratio aus den gemessenen Betriebsdaten ermittelt. Entscheidend ist, auf welche Definition der Performance Ratio sich bezogen und wie diese bei der Ertragsprognose oder im Betrieb ermittelt wird. Ein Verstoß gegen die Performance Ratio sollte Vertragsstrafen zur Folge haben.

Bei der Vertragserstellung ist darauf zu achten, dass Performance-Ratio-Garantie und Ertragsgarantie voneinander abgegrenzt werden. Das verhindert, dass sich der eine jeweils unter Berufung auf die Haftung des anderen der Haftung entziehen kann.

Sind Leistung oder Lebensdauer des Moduls aufgrund fehlerhafter Verarbeitung oder mangelhafter Qualität der Materialien beeinträchtigt, so stellt sich die Frage nach der Haftung des Herstellers. Dabei ist zunächst festzustellen, dass Hersteller in der Regel weder für den Transport noch für die Montage der Ware haften – umso wichtiger ist also ein Vertrag mit einem Generalunternehmer. Ein- und Ausbaukosten sind zudem üblicherweise von den Garantien nur teilweise gedeckt.

In der Praxis ist die Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Hersteller oftmals schwierig. Zwar garantieren Hersteller in der Regel eine bestimmte Nennleistung der Module, die im Laufe der Betriebszeit abnimmt: Innerhalb der ersten zehn Betriebsjahre werden üblicherweise 90 Prozent der Nennleistung garantiert und innerhalb der ersten 25 Jahre 80 Prozent. Zudem kann eine Produktgarantie für Material und Verarbeitung für die Dauer von mindestens fünf Jahren erwartet werden.

Rat von Sachverständigen

An die Geltendmachung von Ansprüchen werden aber in der Regel übermäßig strenge Voraussetzungen geknüpft. Bei Mindererträgen etwa sollen zunächst teure Sachverständigengutachten eingeholt werden. Unterschreitungen der Garantiewerte sollen zudem oftmals durch sogenannte Flashtests von qualifizierten Testinstituten auf Kosten des Erwerbers nachgewiesen werden müssen. Zudem ist der Ersatz von Vermögensschäden in der Regel ausgeschlossen: Entgangener Gewinn und sonstige Ertragsverluste können nicht geltend gemacht werden.

Ausländische Hersteller entziehen sich darüber hinaus in der Regel dem deutschen Recht und der deutschen Gerichtsbarkeit, wodurch die Durchsetzung von Ansprüchen oftmals unkalkulierbar und faktisch unmöglich wird. Umso wichtiger ist eine genaue Prüfung der Herstellergarantien vor Vertragsschluss. Auch insofern können sich Nachverhandlungen auszahlen. Die Verhandlungsposition für Generalunternehmer oder Betreiber ist vielversprechend, weil die Modulhersteller derzeit Überkapazitäten haben.

Beim Handelskauf trifft den Käufer gemäß Paragraf 377 Handelsgesetzbuch (HGB) die Obliegenheit, die Ware unverzüglich zu untersuchen. Wenn er Mängel feststellt, muss er diese zudem unverzüglich rügen. Unterlässt er dies, so verliert er grundsätzlich seine Gewährleistungsrechte. Selbst ein nicht entdeckter, aber erkennbarer Mangel führt zum Gewährleistungsausschluss.

Auf den Werkvertrag ist die Rügepflicht des HGB nicht anwendbar. Stattdessen verlangt Paragraf 640 Absatz 2 BGB für einen Gewährleistungsausschluss, dass der Auftraggeber den Mangel tatsächlich kennt. Nach den genannten Grundsätzen des BGH ist aber im Zweifel Kaufvertragsrecht anzuwenden. Für Generalunternehmer und Anlagenbetreiber kann dies problematisch sein: Es bedeutet einen erheblichen Aufwand, alle Solarmodule zu überprüfen. Allerdings genügt es nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München, wenn der Käufer eine aussagekräftige Stichprobe untersucht.

Zu klären ist, ob die Komponenten sofort nach Anlieferung, nach der Montage oder nach der Fertigstellung zu rügen sind. Im Fall einer Produktionsanlage für Kartoffelchips entschied das Oberlandesgericht Naumburg, dass die Rügepflicht erst nach Fertigstellung der Gesamtanlage bestehe. Ob diese Rechtsprechung auf Solaranlagen anwendbar ist, bleibt fraglich. Dringend anzuraten ist eine genaue vertragliche Festlegung. Die Rügepflicht kann eingeschränkt, zwischen Unternehmern in AGB aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. Erforderlich wäre eine Individualvereinbarung, die keinen AGB-Charakter hat. Hierbei ist höchste Sorgfalt geboten, damit es sich nicht ungewollt doch um AGB handelt. Die Anforderungen an eine Individualvereinbarung sind relativ hoch. Die Rügepflicht kann durch Vereinbarung der Geltung von Werkvertragsrecht wirksam umgangen werden. Den Interessen beider Parteien wohl am ehesten gerecht wird eine präzise formulierte eingeschränkte Rügepflicht durch Testbetrieb mit Monitoring.

Die Autoren

RA Michael Herrmann

RA Dr. Thorsten Gottwald

sind auf erneuerbare Energien spezialisiert. Sie betreuen vielfältige Projekte juristisch, darunter auch Solarparks im In- und Ausland. Die beiden Anwälte sind in der Berliner Kanzlei Dr. Thorsten Gottwald Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig.

herrmann@dr-gottwald-berlin.dedr.gottwald@dr-gottwald-berlin.de

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