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“Meist in vier bis acht Jahren wieder amortisiert“

Herr Geckeler, wie würden Sie den Markt für Gewerbespeicher im Vergleich zum Heimspeichersegment charakterisieren?

Dietmar Geckeler: Die generelle Motivation ist in beiden Segmenten sehr ähnlich: Es geht darum, möglichst viel Energiekosten einzusparen, sei es durch reduzierten Strombezug oder durch zusätzlich reduzierte Netzentgelte. Aber es gibt auch große Unterschiede, beispielsweise beim Strombedarfsprofil. Der Strombedarf eines Gewerbebetriebs verteilt sich im Regelfall anders, auch abhängig davon, ob es ein Ein- oder Drei-Schicht-Betrieb ist. Das hat Auswirkungen auf Auslegung und Dimensionierung sowie die Betriebsweise des Speichersystems.

Wie sieht es mit dem Verhältnis Leistung zu Arbeit aus?

Während der Unterschied in der Speichergröße noch auf der Hand liegt, kann der Unterschied im Verhältnis von der Leistung zur Kapazität durchaus beträchtlich sein. Bei Heimspeichern liegt dieses im Normalfall bei 1 : 3 oder sogar 1 : 4. Bei Gewerbespeichern eher 1 : 2 oder 1 : 1, teilweise auch bei 2 : 1. Das liegt daran, dass Heimspeicher vorwiegend zur Optimierung der Eigenversorgung eingesetzt werden, Gewerbespeicher aber zunehmend für die Spitzenlastkappung, um Netzentgelte einzusparen. Bei Ersteren geht es also um Energie, bei Letzteren eher um Leistung.

Wie unterscheiden sich die Kundenanforderungen?

Im Heimspeicherbereich zählen durchaus optische und emotionale Kaufgründe, bei Gewerbespeichern stehen vorwiegend der Nutzen und die Funktionalität im Vordergrund. Zudem ist die Wirtschaftlichkeit des Batteriespeichers und hier vor allem die Erwartungen an die Amortisationsdauer bei Gewerbe- und vor allem Industriekunden ein sehr wichtiges Thema – die Erwartungen liegen hier oft bei Amortisationsdauern von unter fünf Jahren.

Worauf sollte ein Interessent achten, wenn er sich für einen Gewerbespeicher entscheidet?

Die am Markt angebotenen Systeme und ihre Qualität und Funktionen sind sehr unterschiedlich. Deshalb sollte der Preis allein nicht ausschlaggebend sein. Der Nutzen und eine hohe Preis-Leistungsfähigkeit sollten im Vordergrund stehen. Zudem sollte genau der Leistungsumfang geprüft werden, beispielsweise ob im Preis die Installation sowie die spätere Wartung enthalten sind. Vor dem Kauf sollte man sich intensiv mit den Garantien und deren Bedingungen beschäftigen: Hier zählt weniger die Laufzeit der Garantie, sondern was in den Bedingungen steht. Oftmals kann es sinnvoller sein, eine kürzere Garantielaufzeit zu haben und dafür einen Servicevertrag abzuschließen, da dann die Kosten nicht bereits bei der Installation mitgezahlt werden und eine Betriebsfähigkeit vertraglich geregelt ist.

Derzeit gibt es einige Förderprogramme, die auch für größere Speicher gelten.

Stimmt. Interessenten sollten sich erkundigen, ob die Anbieter die Kriterien erfüllen. Wir haben aktuell einige interessante Förderprogramme auf Länderebene, wie gerade in Brandenburg, mit denen teilweise bis zu 55 Prozent der Investitionskosten eines Batteriespeichers als Zuschuss erhalten werden können. Im Energiestandard KfW 40 Plus kann im Geschosswohnungsbau die bundesweite Förderung der KfW unter bestimmten Bedingungen ausreichen, um den Batteriespeicher komplett über einen Zuschuss zu finanzieren. Apropos Finanzierung: Meist gibt es auch die Möglichkeit, über Dritte zu finanzieren, auch Contracting-Lösungen werden inzwischen vermehrt angeboten.

Was sollte der Interessent wissen und wie sollte er vorgehen?

Elementar ist die Analyse des Strombedarfs und vor allem des entsprechenden Stromprofils. Dieses leitet sich aus der Aktivität des Gewerbebetriebs ab. Erst danach ist es möglich, zu entscheiden, ob der Einsatz eines Batteriespeichers sinnvoll ist. Nach dieser Analyse sollte festgelegt werden, was der Stromspeicher konkret machen soll. Zum Beispiel: Spitzenlastkappung, Eigenverbrauchsoptimierung oder zusätzlich Notstromversorgung und möglicherweise Systemdienstleistungen. Danach sollte die Größe des Speichers ermittelt und optimiert werden. Von mehr oder weniger pauschalen Angeboten ohne diese vorangegangene Analyse rate ich ab.

Wie schätzen Sie die weitere Preisentwicklung bei Batteriespeichern ein?

Innerhalb der vergangenen vier Jahre haben wir eine Halbierung der Systempreise gesehen. Diese Kostenreduktion hat sich letztes Jahr leicht abgeschwächt, wird durch den wachsenden Markt aber weitergehen. Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien Irena prognostiziert für das Jahr 2030 noch einmal eine Reduktion um zwei Drittel der heutigen Systempreise. Das halte ich für etwas optimistisch, aber unter bestimmten Bedingungen für möglich. Heute liegen wir bei einem 100-Kilowatt-System mit gleicher Kapazität bei Preisen von 650 bis 700 Euro pro Kilowattstunde nutzbarer Kapazität, netto, ohne Installation wohlgemerkt. Teilweise sieht man auch Angebote darüber und darunter, allerdings sollte man dann genau hinsehen, was darin enthalten ist und was nicht. Grundsätzlich: Je größer die Systeme werden, desto niedriger liegt der Systempreis. Die Installationskosten hängen sehr stark vom Installationsort ab. Eine pauschale Aussage ist hier schwierig.

Werden Bleispeicher weiter eingesetzt?

Bleispeicher haben weiterhin ihre Berechtigung und werden weiterhin bei Notstromsystemen, USV-Anlagen und Inselsystemen verbaut. Hier sind sie in der Anschaffung immer noch günstiger als andere Technologien.

Welches sind derzeit die häufigsten Erlöskanäle?

Die Haupterlösquellen sind in den meisten Fällen: die Optimierung der Eigenversorgung, Bereitstellung von Systemdienstleistungen und verringerte Netzentgelte. Vermehrt diskutiert werden stationäre Batteriespeichersysteme auch für Schnellladestationen, als Puffer, um die Schnellladung der Elektrofahrzeuge vom Stromnetz zu entkoppeln. Stand heute refinanzieren sie sich aber nur über die Einsparung von Stromkosten und Systemdienstleistungen.

Ist die Notstromversorgung eher ein Nischenthema?

Aus heutiger Sicht und bezogen auf die Nachfrage nach Gewerbe- und Industriespeichern: eindeutig ja. Wobei der Hauptgrund meines Erachtens darin liegt, dass zwischen Notstrom und Energieversorgung unterschieden wird. Das ändert sich zwar inzwischen, aber aus meiner Sicht immer noch sehr langsam.

In wie vielen Jahren hat sich ein Speicher amortisiert?

Das ist sehr unterschiedlich. In eine dynamische Amortisationsrechnung fließen ja neben den Investitions-, Betriebs- und Ersatzkosten und Erlösen vor allem auch firmenspezifische Parameter ein. Wenn man das außen vor lässt und eine statische Betrachtung macht, ergeben sich Amortisationsdauern von teilweise sogar unter einem Jahr, teilweise aber auch von weit über 15 Jahren. In der Breite kann bei größeren Gewerbe- und Industriebetrieben und alleiniger Spitzenlastkappung von Zeiten zwischen vier und acht Jahren ausgegangen werden. Bei Systemdienstleistungen und auch bei der Optimierung der eigenen Versorgung liegen diese Zeiten etwas höher.

Welche Bedeutung hat die Leistungselektronik für das Speichersystem?

Die Leistungselektronik ist elementar, damit das System seinen vollen Nutzen entfalten kann. Sie entscheidet mit, in welcher Geschwindigkeit und wie effizient be- und entladen wird. Zudem hat sie natürlich eine wichtige Schutzfunktion für die Batteriepacks und muss auch Befehle von der übergeordneten Steuerung empfangen, schnell verarbeiten und umsetzen können.

Wie wichtig sind Steuerungstechnik und Energiemanagement?

Ein intelligentes Energiemanagement spart bares Geld. Gerade bei komplexeren Anwendungen wie der Spitzenlastkappung macht eine intelligente Prognosefähigkeit des Energiemanagements den Unterschied. Auf den ersten Blick ist es bei einigen Herstellern nicht ersichtlich, welche Funktionen eine Steuerung bietet. Oftmals kommt die Intelligenz sogar hauptsächlich durch externe Gebäudeleittechnik über eine Schnittstelle ins System. Deswegen ist darauf zu achten, dass die Möglichkeit der externen Ansteuerung mittels standardisierter Schnittstelle abgefragt werden sollte.

Das Interview führte Niels H. Petersen.

www.denersol.de

Denersol

Leitfaden für Industrie- und Gewerbespeicher

Der Ratgeber von Denersol legt den Fokus auf die Wirtschaftlichkeit und bringt Transparenz in die angebotene Technik der Hersteller. Zudem gibt er einen Überblick zu Produkten sowie Systemlösungen – von mehr als 40 Anbietern auf dem deutschen Markt. Der Leitfaden startet mit einem praxisorientierten Überblick zum Aufbau von Speichern und der Systemtechnik. Der Abschnitt über die Anwendungsfelder behandelt vor allem die Optimierung der Eigenversorgung, die Reduktion von Netzentgelten sowie Systemdienstleistungen. Anschließend werden die zugehörigen Geschäfts- und Erlösmodelle beschrieben und deren Wirtschaftlichkeit bewertet. Abgerundet wird der Ratgeber mit Referenzprojekten. Der Leitfaden ist zum Preis von 395 Euro (netto) als PDF erhältlich.

www.leitfaden-batteriespeicher.de

Dietmar Geckeler

ist Inhaber der Strategie- und Technologieberatung Denersol mit Sitz in Berlin. Der Ingenieur für Verfahrens- und Umwelttechnik berät mit seinem Team vor allem Firmen aus der Energie- und Wohnungswirtschaft und Technologieanbieter. Der Fokus liegt auf dezentraler Energieversorgung mit den Schwerpunkten Solar, Photovoltaik sowie Speicher und BHKW. Ende 2018 hat er einen Leitfaden für Gewerbespeicher veröffentlicht.

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