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Die Dachhaut aktivieren

Wenn es um bauwerkintegrierte Photovoltaik geht, steht vor allem die Integration ins Dach im Mittelpunkt. Die Nachfrage wächst, die Nische wird größer. Inzwischen kommen die dachintegrierten Solaranlagen auch ohne Sonderförderung aus. Zunehmend erkennen Bauherren und Architekten die Vorteile einer Indachsolaranlage, wenn sie die grundsätzliche Entscheidung für die Photovoltaik getroffen haben. Allein die Ernst Schweizer AG hat es in den letzten 20 Jahren, seit der Markteinführung des Systems Solrif, auf über 850 Megawatt realisierte Anlagenleistung gebracht.

Die dachintegrierte Solaranlage kommt dort zum Einsatz, wo man Ästhetik bevorzugt oder wo der Bau einer herkömmlichen Aufdachanlage nicht möglich ist. Das kann verschiedene Gründe haben. So hat die Stadt Stuttgart mit dem Solrif monokristalline Module von Aleo Solar in das Dach des Rathauses integriert, um bei begrenzter Lastreserve möglichst viel Photovoltaikleistung zu realisieren. Denn die Reserve des Dachstuhls hätte nicht ausgereicht, um eine Dacheindeckung und zusätzlich eine Solaranlage zu tragen.

Modul gut gekühlt

Mit der Integration der Module schaffen es die beiden Dachteile auf eine Gesamtleistung von 84 Kilowatt, ohne dass der Dachstuhl saniert und verstärkt werden musste. Die Module werden durch die Hinterlüftung der Dacheindeckung, die bei Schrägdächern ohnehin Standard ist, gut gekühlt. Die kühle Luft, die im Schatten der Traufe angesaugt wird, hinter der Dacheindeckung nach oben strömt und am First abgeführt wird, hält die Leistungsverluste durch steigende Modultemperaturen moderat.

Da die speziellen Rahmen bei Solrif ineinandergreifen und nicht nebeneinanderliegen, entsteht ein „Kamineffekt“. Auf diese Weise wird das gesamte Modulfeld gut hinterlüftet.

Dadurch erreichen die Indachanlagen zu Aufdachanlagen vergleichbare Erträge. Durch die freie Modulunterkante und den damit verbundenen Selbstreinigungseffekt können die Erträge sogar höher liegen als bei Aufdachanlagen.

Mit der Integration wird auch die Solaranlage in Stuttgart zu einem Teil der wasserführenden Schicht des Rathausdachs. Das System ist so konstruiert, dass die Dichtigkeit des Daches in Kombination mit dem Unterdach gewährleistet ist. Denn die Module werden überlappend installiert, sodass das Regen- und Schmelzwasser ungehindert zur Traufe hin abfließen kann.

So werden zum Beispiel auch im Winter Schäden am Rahmen durch gefrierenden Schnee verhindert. Die Dichtigkeit der oberen und seitlichen Anbindung zur restlichen Dacheindeckung wird durch Adapterprofile und Dichtungsbleche gewährleistet.

Brandschutz ist gewährleistet

Da die Indachanlage direkt auf die Holzkonstruktion des Dachstuhls montiert wird, ist die Einhaltung der Brandschutzvorschriften noch stärker im Blickfeld als bei einer Aufdachanlage. Die dachintegrierte Solaranlage muss als Bauprodukt widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme sein (Broof T).

Deshalb wurden regelmäßig Brandtests mit dem Solrif durchgeführt und die entsprechenden Nachweise und Zertifikate eingeholt, dass es als „harte Bedachung“ eingesetzt werden kann. Leistungsoptimierer schalten die Module zudem im Brandfall ab, sodass die Feuerwehr ohne Vorbehalte löschen könnte.

Verschiedene Größen

Der häufigste Grund, warum Bauherren sich für eine Indachanlage entscheiden, ist die Ästhetik. Vor allem wenn die Dächer vollflächig mit einer Photovoltaikanlage eingedeckt sind, fügt sich der Stromerzeuger harmonisch ins Dach ein oder weicht sogar ganz aus der optischen Wahrnehmung des Betrachters.

Wie das gelingen kann, zeigt der Neubau eines Einfamilienhauses in Altusried bei Kempten im Allgäu. Dort hat sich der Architekt für eine Kompletteindeckung des Daches mit Solrif entschieden. Um eine einheitliche funktionale Ästhetik zu erhalten, wurden an den Kehlen, wo die Schrägdächer der beiden Gebäudeteile aneinanderstoßen, Sondermodule eingesetzt.

Auf diese Weise wurden auch die Anschlüsse der Solaranlage an die Dachkanten realisiert. Denn eines der beiden Dächer wird durch ein Dachfenster vertikal halbiert. Die Verlängerung des Dachfensters hin zur Traufe konnte so ebenfalls mit solaraktiven Modulen realisiert werden. Das Gleiche könnte man mit etwas weniger Aufwand auch mit Blindmodulen realisieren.

Planung vereinfacht

Inzwischen haben einige Modulhersteller wie Aleo Solar, die Sonnenstromfabrik oder Axsun auch Paneele mit dem speziellen Rahmen von Solrif in unterschiedlichen Größen im Portfolio. In der Kombination mit Blindmodulen kann man dann sehr einfach Dächer vollflächig belegen.

Die Auslegung von Indachanlagen mit Sperrflächen und Blindmodulen ist inzwischen auch in das neue moderne Onlineplanungstool Pro Solrif auf Basis des Solar Pro Tool eingeflossen. Denn Solrif ist inzwischen in das Planungsprogramm von Leva Soft integriert. Damit können die planenden Handwerker auch Bilder von Google Earth verwenden, Dachflächen vermessen und schnell einen Aufriss machen.

Die Planung vereinfacht

Im Planungstool ist inzwischen auch die neue universelle Verblechungslösung eingepflegt, die die Ernst Schweizer AG in diesem Jahr vorgestellt hat. War es früher notwendig, auf jede Modulgröße mit individuellen Blechen die Anbindungen an die Dachumgebung herzustellen, können jetzt Gruppen von Modulen mit gleicher Zellenanzahl, aber etwas unterschiedlicher Größe mit den gleichen Blechen angebunden werden – ein Vorteil für Händler und „Wiederholungstäter“.

Die Dachintegration ist auch in der Lage, den Denkmalschutz mit der Photovoltaik zu versöhnen. Denn oft ist gerade das in älteren Ortschaften das Hindernis, die Gebäude mit einer Solaranlage auszustatten.

Kaum zu unterscheiden

Die Photovoltaikindustrie hat hier in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht, vor allem was die Farbe der eingesetzten Module angeht. Ein Projekt im schweizerischen Ecuvillens zeigt, dass mit der Integration einer Photovoltaikanlage in das Dach diese optisch kaum von einem herkömmlichen Ziegeldach zu unterscheiden ist.

Denn dort wurden Module eingesetzt, die perfekt mit den terrakottafarbenen Ziegeln der historischen Dacheindeckung der Gebäude im Ort harmonieren. Um das zu erreichen, hat der belgische Modulhersteller Issol zusammen mit Forschern des Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) in Neuchâtel Module entwickelt, die sich exakt an diese Farbvorgabe anpassen.

Alterung des Ziegels nachgebildet

Dass es sich dabei um Solarpaneele handelt, ist selbst bei genauer Betrachtung nicht zu sehen. Um das zu erreichen, wurden die Deckgläser der Module mit Farben bedruckt, die auf die traditionelle Dachziegelfarbe abgestimmt sind.

Damit auch der letzte Schimmer von Solartechnologie verschwindet, wurden sogar die Leitungsbändchen der Solarzellen eingefärbt. Zusätzlich dazu wurden die Module mit einer schwarze Folie versehen, um den Alterungsprozess der Ziegel nachzubilden.

Schließlich haben die herkömmlichen Dachziegel auch nur in der ersten Zeit einen klaren Terrakotta-Farbton. Schon nach kurzer Zeit fangen die Ziegel an zu verwittern und die Farbe wird dunkler. Damit die Module nicht nach Glas, sondern wie Dachziegel aussehen und möglichst viel Energie aufnehmen, haben die Entwickler die Modulgläser mit einer speziellen Struktur versehen, die Lichtreflexionen minimiert.

Ökologischer Gewinn

Eine Indachanlage mit Solrif ist vor allem dann sinnvoll, wenn es um Neubau oder Dachsanierung geht. Dann sind Indachanlagen, wegen der vermiedenen Kosten für die Dachziegel, sogar günstiger als Aufdachanlagen. Dazu kommt noch, dass auch ökologisch die Indachanlage immer wesentlich besser ist als Dachziegel mit einer aufgesetzten Photovoltaikanlage!

Der Bedarf und das Interesse sind da, es gibt mit Solrif ein bewährtes und zuverlässiges Produkt und überzeugende Argumente, vor allem für Personen, die die dezentrale Energieversorgung mit Photovoltaik auch als eine baukulturelle Herausforderung annehmen. Auf diese Weise wird die Integration der Photovoltaik in das Dach nach und nach auch ohne Sonderförderung den ihr gebührenden Platz finden.

www.ernstschweizer.ch

Die Autoren

Dr. Sjef de Brujin

leitet den Geschäftsbereich Solarsysteme bei der Ernst Schweizer AG. Er hat an der Technischen Universität in Delft studiert und war dort 13 Jahren lang als Professor im Bereich Produktentwicklung tätig. Seit Anfang 2017 arbeitet er in der Ernst Schweizer AG und ist Mitglied der Geschäftsleitung.

Dr. Helge Hartwig

baute ab 2005 bei der Ernst Schweizer AG die Abteilung Montagesysteme für Photovoltaik auf. Inzwischen ist der studierte Physiker Verkaufs- und Technikleiter dieser Abteilung. Helge Hartwig ist schon seit 30 Jahren in der Solarbranche aktiv und forschte von 1990 bis 1995 bei der Ernst Schweizer AG zu den Themen Gebäudehülle, Energie und Komfort.

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