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Patrick Jüttemann: „Die Umweltabgabe ist nicht mehr zeitgemäß“

Wie ist das vergangene Jahr für die Kleinwindbranche gelaufen?

Patrick Jüttemann: Das Jahr 2023 war für die Kleinwindbranche deutlich ruhiger als das Vorjahr. Die Energiekrise war größtenteils überwunden und die Energiepreise sind gesunken. Infolgedessen hat die Nachfrage nach Kleinwindkraftanlagen im Vergleich zu 2022 nachgelassen. Ich sehe dies als gesunde Entwicklung an, die den Markt stabilisiert. Positiv ist zudem, dass es eine Entspannung bei den Lieferketten gab. Auch im Bereich der Kleinwindanlagen gab es Probleme bei der Verfügbarkeit diverser Komponenten. Diese sind nun behoben, sodass die Hersteller wieder im normalen Rhythmus ausliefern.

Welche Hindernisse gibt es für Kleinwind?

Das größte Hindernis ist nach wie vor die Baugenehmigung. Das betrifft sowohl die lokalen Bauämter als auch die beteiligten Fachbehörden. Ein besonders schwieriger Aspekt ist, dass jedes Amt unterschiedliche Anforderungen an die Bauherren stellt. Das lässt den gesamten Prozess willkürlich erscheinen. Allerdings ist nach Aussagen einiger Hersteller bereits eine Besserung in Sicht, da die Mitarbeiter in manchen Behörden offener für Kleinwindkraftanlagen werden. Um die Entwicklung zu fördern, sollten insbesondere im Außenbereich, also in ländlichen Gebieten, kleine Windkraftanlagen bis zu einer Gesamthöhe von 20 Metern genehmigungsfrei sein. Diese Maßnahme würde den Ausbau der Kleinwindenergie vereinfachen und beschleunigen.

Auch Ausgleichszahlungen für den Naturschutz sind ein Problem.

Das stimmt. Es erscheint paradox, dass für den Bau eines klimafreundlichen Kraftwerks, bei dem lediglich ein kleines Fundament für die Windturbine gesetzt wird, eine Art Umweltabgabe gezahlt werden muss. Für größere gewerbliche Anlagen kann das eine vierstellige Summe sein. Diese Praxis ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß und bedarf dringend einer Überarbeitung.

Gibt es Bundesländer, die es besser machen?

Ein gutes Beispiel ist Niedersachsen. In diesem Bundesland dürfen auf dem Land kleine Windkraftanlagen bis zu einer Höhe von 15 Metern ohne spezielle Genehmigung aufgestellt werden. Diese Regelung ist ein vorbildliches Modell für andere Flächenländer und zeigt, wie durch angepasste Vorschriften der Ausbau erneuerbarer Energien vereinfacht werden kann.

Lohnen kleinere Generatoren mit fünf Kilowatt Leistung überhaupt?

Wenn wir von netzgekoppelten Kleinwindkraftanlagen reden, dann müssen diese mit dem Strompreis konkurrieren können. Bei einer Anlage mit fünf Kilowatt Leistung muss der Wind schon stark blasen, damit günstig Strom produziert wird. Mit Blick zur Hauptwindrichtung West oder Südwest müsste man mindestens 200 Meter freie Sicht haben, zum Beispiel eine Weide. Kleine Windkraftanlagen sind generell eher etwas für Gewerbebetriebe, die einen höheren Stromverbrauch haben. Dort können Anlagen ab zehn Kilowatt Leistung eingesetzt werden – mit höheren Masten und größeren Rotoren. Mit solchen Anlagen ist es viel einfacher, wirtschaftlich Strom zu erzeugen. Aber auch hier muss man den Standort genau prüfen.

Worauf sollten Kaufinteressenten unbedingt achten?

Sie sollten nicht alle Werbeversprechen glauben. Das gilt vor allem für die Mikrowindanlage auf dem Dach mitten im Wohngebiet. Das ist in der Regel eine Fehlinvestition, weil dort die Energie des Windes viel zu schwach ist. Teilweise wird in diesem Segment mangelhafte Technik verkauft. Da müssen die Hausbesitzer aufpassen. Das Solarmodul auf dem Dach funktioniert wunderbar, die kleine Windkraftanlage in den allermeisten Fällen jedoch nicht, weil sie keinen oder viel zu wenig Strom produziert. Das hat mit Umweltschutz und Klimaschutz nichts zu tun. Was die Auswahl eines Herstellers angeht, empfehle ich: nach unabhängigen Referenzen schauen wie beispielsweise Erfahrungsberichten von Käufern.

Das Interview führte Niels H. Petersen.

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