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Bidirektionales Laden

Mobiler Stromspeicher für alle Fälle

Bidirektionales Laden: Dazu muss die Ladetechnik in der Lage sein, sinnvoll mit der Batterie im E-Auto zu kommunizieren und die Ladeströme zu steuern, um die Entnahme von Energie zu ermöglichen. Bisher werden durch die schnell steigende Elektrifizierung der Mobilität große Energiemengen abgerufen, für die die Verteilnetze nicht ausgelegt sind. Das sorgt nicht nur für warme Kupferkabel, sondern auch für Versorgungslücken, wenn in einem Straßenzug nach Feierabend mehrere Elektrofahrzeuge aufgeladen werden sollen.

Diese Schwankungen sollen von Energiespeichern im Zaume gehalten werden. Sie puffern die schwankenden Erträge, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Und sie speisen ins Netz ein, wenn Flaute oder Dunkelheit den Ertrag mindert. Das Problem dabei: Diese Systeme sind groß, sehr teuer und längst nicht in ausreichender Zahl verfügbar.

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum eine Armada von meist geparkten, aber mobilen Energiespeichern in den Elektrofahrzeugen Begehrlichkeiten weckt. Doch wie hebt man diesen Schatz?

Schweizer Pionierarbeit

Eine Firma, die sich mit diesem Thema seit Langem auseinandersetzt, ist im schweizerischen Kriens beheimatet. Evtec entwickelt und fertigt seit mehr als zwölf Jahren Ladetechnologie für fast alles, was per Elektrizität angetrieben wird: vom Automobil über leichte und schwere Nutzfahrzeuge, städtische Transportunternehmen mit ihren Bussen bis zu Booten und Schiffen. Wenn es sein muss, wird auch ein Traktor so konzipiert, dass er nicht nur Ackerfurchen zieht, sondern auch als mobiler Energiespeicher zur Verfügung steht.

Gegründet wurde Evtec 2010 unter anderem von Marco Piffaretti. Er ist gelernter Autodesigner. Aus dem kleinen Start-up ist längst ein größeres Unternehmen geworden, mit dem Werk in Kriens und Niederlassungen in verschiedenen europäischen Ländern. In Kriens entwickeln und montieren etwa 40 Mitarbeiter innovative Lösungen für die Ladetechnik.

Speicher im Auto puffern die schwankenden Erträge, wenn die Sonne scheint – und speisen bei Dunkelheit zurück ins Haus.

Bild: Phoenix Contact

Speicher im Auto puffern die schwankenden Erträge, wenn die Sonne scheint – und speisen bei Dunkelheit zurück ins Haus.

DC-Laden mit zehn Kilowatt

Evtec hat eine besondere Wallbox fürs DC-Laden entwickelt. Sospeso & Charge hat eine Leistung von zehn Kilowatt und wird mittels dreiphasiger Zuleitung mit 16 Ampere Absicherung installiert. Die Installation ist einem normalen Herdanschluss vergleichbar und erfordert keine aufwendigen Arbeiten an der Hauselektrik.

Für die Kommunikation werden eine Energiemessung (Energiemeter), die im Verteiler untergebracht ist, und eine Netzwerkverbindung zwischen Ladestation und Messstelle benötigt. Das hauseigene Energiemanagement Barista steuert den Energiefluss. Alternativ wird die Ladestation über die universelle Modbus-TCP/IP-Schnittstelle angesteuert. Für größere Ladeleistungen ist noch für 2022 eine 20-Kilowatt-Version angekündigt, denn die Batterien der E-Mobile wachsen analog zur angeforderten Reichweite.

Der leichte Ladestecker CCS-C-Line ist kompakt und ergonomisch.

Bild: Phoenix Contact

Der leichte Ladestecker CCS-C-Line ist kompakt und ergonomisch.

Nehmen und Geben beim Ladevorgang

Der eigentliche Clou ist die Bidirektionalität, zu der Sospeso & Charge fähig ist. Nun erklärt sich auch der etwas sperrige Name, der an den Caffè sospeso angelehnt ist. Dabei handelt es sich um eine ursprünglich aus dem Großraum Neapel kommende kulturelle Besonderheit, bei der neben dem eigenen noch ein zusätzlicher Kaffee bezahlt wird. Dieser wird vom Barista notiert und später auf Nachfrage an einen Bedürftigen ausgeschenkt.

Diese Tradition des Nehmens und Gebens beschreibt das bidirektionale Laden trefflich. Schließlich wird vom E-Auto nicht nur Strom genommen, sondern auch, sozusagen auf Nachfrage eines Bedürftigen, zurückgegeben. Im Detail werden dabei zwei Ausprägungen unterschieden: Vehicle-to-Home und Vehicle-to-Grid.

Energie fürs Haus

Vehicle-to-Home (V2H) bezeichnet die Nutzung, die typischerweise beim Endanwender zu Hause im Vordergrund steht. Ist die Box im Hausnetz angeschlossen, kann das Auto nicht nur geladen werden, sondern zusätzlich als Energiespeicher dienen.

Befindet sich eine Solaranlage auf dem Hausdach, stellt die Wallbox bei Stromüberschuss eine Verbindung zwischen Erzeuger und Speicher her – die Autobatterie wird geladen. Steht das Auto nachts, erkennt die Wallbox den eventuellen Bedarf im Hausnetz und speist Energie ein.

So lässt sich der Eigenverbrauch erhöhen, ohne zusätzlich eine stationäre Batterie im Haus zu installieren. In Zeiten von steigenden Strompreisen und sinkenden Einspeisevergütungen ein immer attraktiveres Modell.

Millionen Elektroautos als Netzpuffer

Für die Energieversorger ist das bidirektionale Laden (Vehicle-to-Grid: V2G) aus einem anderen Grund attraktiv: Damit lassen sich starke Schwankungen und Belastungen des Stromnetzes auffangen. Die Batterien von Millionen Elektroautos bilden einen Puffer. Sie nehmen regenerativen Strom zu Zeiten hoher Verfügbarkeit auf, um ihn später zu Zeiten geringer Verfügbarkeit zu einem gewissen Teil zur Verfügung zu stellen. V2G kann den Anteil regenerativer Energien am Energiemix erhöhen und zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden.

Das bidirektionale Laden ist technisch kein Problem mehr. Aber die Rahmenbedingungen sind vielfach ungeklärt, etwa Standards und Normungen. Und die Autohersteller müssen nachziehen. Momentan lädt nur ein Modell von Honda im CCS-Standard bidirektional. Der Rest der E-Mobile setzt auf Chademo und die damit bereits etablierte Kommunikation zwischen Ladesäule und Vehikel.

Dominik Mock leitet den Vertrieb von Evtec in Kriens.

Bild: Phoenix Contact

Dominik Mock leitet den Vertrieb von Evtec in Kriens.

Kabel und Stecker zugeliefert

Die bidirektionale Wallbox wurde mit Phoenix Compact gemeinsam entwickelt. Zum Einsatz kommen schlanke und leichte Kabel, die extrem belastbar und haltbar sind. Zudem kommen sie in diesem Lastbereich ohne aufwendige und teure Kühlung aus. Außerdem liefert Phoenix Contact den CCS-Stecker. Er stammt aus der CCS-C-Line von Phoenix Contact, die speziell für Heimanwendungen entwickelt wurde.

Die niedrige Ladeleistung ermöglicht kompakte Abmessungen. Das ist gerade im privaten Umfeld wichtig. Versilberte Kontakte, ein innen liegendes Dichtkonzept und sensible Temperatursensoren erhöhen die Sicherheit. Sowohl beim europäischen CCS-Typ 2 als auch beim vorrangig amerikanischen CCS-Typ 1 machen sie den Umgang mit den Starkströmen sicher und einfach.

Die Autoren

Lutz Odewald

ist in der Abteilung Corporate Communications von Phoenix Contact in Blomberg tätig.

Markus Belkner

arbeitet im Produktmanagement Connectivity der Phoenix Contact E-Mobility GmbH in Schieder-Schwalenberg.

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