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EEG 2023

EEG 2023: Analyse des Entwurfs

Der vorhergehende Entwurf aus dem Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wurde hierfür an einigen Stellen überarbeitet. Im Folgenden sollen die vorgesehenen Änderungen für die Photovoltaik näher betrachtet werden.

Die EEG-Reform wird in zwei Blöcke aufgeteilt. Der erste Block (Artikel 1 des Gesetzentwurfs) betrifft Sofortmaßnahmen im wahrsten Sinne des Wortes. Dieser Teil des Gesetzes soll offensichtlich zügig im Laufe des Jahres 2022 in Kraft treten und die Bedingungen für die erneuerbaren Energien unmittelbar verbessern. Ein weiterer Teil der Gesetzesreform („EEG 2023“, Artikel 2 des Gesetzentwurfs) soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Im ersten Block der Änderungen sind zwei Punkte besonders hervorzuheben: Ein neuer Paragraf 2 des EEG legt fest, dass Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von regenerativem Strom in „überragendem öffentlichen Interesse“ liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Bis die Stromerzeugung nahezu treib­haus­gasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die Schutzgüterabwägung eingebracht werden. Nur Belange der Landes- und Bündnisverteidigung werden höherrangig eingestuft.

Auswirkungen auf viele Rechtsgebiete

Die Auswirkungen dieser Generalklausel betreffen zahlreiche Rechtsgebiete. Insbesondere im Denkmalschutz, Immissionsschutz, Naturschutz sowie im Bau- oder Straßenrecht ist damit zu rechnen, dass Interessen, welche den Energieerzeugungsanlagen entgegenstehen, zukünftig regelmäßig hinter die regenerative Stromproduktion zurücktreten sollen. Die bisherige Rechtsprechung in diesen Bereichen dürfte daher in der Zukunft neu ausgerichtet werden.

Neue Vergütungssätze

Von unmittelbarer Auswirkung für Solarinvestoren sind die neuen Vergütungssätze, die in Paragraf 100 Abs. 14 in das EEG eingefügt werden sollen. Dabei ist auch eine neue Vergütungskategorie vorgesehen. Bei Gebäude-Photovoltaikanlagen soll zukünftig zwischen solchen Anlagen unterschieden werden, die den Strom vollständig ins Netz einspeisen, und solchen Anlagen, die den Strom anderweitig verwerten.

Verpflichtet sich ein Anlagenbetreiber zur Volleinspeisung, sollen an ihn Boni von bis zu 6,87 Cent je Kilowattstunde ausgeschüttet werden. Dies kann als echter Paradigmenwechsel im Erneuerbare-Energien-Gesetz bezeichnet werden. Über viele Jahre hinweg war erklärtes Ziel des Gesetzgebers, Betreiber von Photovoltaikanlagen dazu zu bringen, den Strom eigenständig zu vermarkten oder selbst zu nutzen. Jetzt hat der Gesetzgeber eingesehen, dass sich diese Politik als echter Hemmschuh für die Photovoltaik erwiesen hat.

Von den erhöhten Vergütungssätzen soll übrigens nur profitieren, wer nach der Veröffentlichung der neuen Vergütungssätze auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz dem Netzbetreiber mitteilt, dass er die Vergütungssätze zur Kenntnis genommen hat und daher beabsichtigt, eine Solaranlage zu kaufen.

Die Bestellung der Photovoltaikanlage darf erst nach dieser Mitteilung verbindlich erfolgen. Der Sinn dieser Regelung erschließt sich nicht auf Anhieb. Es muss damit gerechnet werden, dass es hier zu Rechtsstreitigkeiten kommen wird.

Der größte Teil der EEG-Reform soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Die bereits im ersten Block vorgezogenen Änderungen werden dabei fortgeführt. Zusätzlich gibt es weitere Verbesserungen für Investoren in der Photovoltaik.

Ausschreibung ab einem Megawatt

Eine maßgebliche Änderung betrifft das Ausschreibungsverfahren. Der Schwellenwert für die verpflichtende Teilnahme an Ausschreibungen steigt bei Anlagen von bisher 750 Kilowatt auf ein Megawatt. Diese Grenze gilt einheitlich für Anlagen auf Freiflächen und Gebäuden.

Das bisherige Optionsmodell für Gebäudeanlagen ab 300 Kilowatt wird abgeschafft. Eine Ausnahme gilt lediglich noch für Freiflächenanlagen von Bürgerenergiegesellschaften, die bis sechs Megawatt vom Ausschreibungsverfahren befreit sind.

Sogenannte besondere Anlagen

In das Ausschreibungsverfahren werden „besondere Photovoltaikanlagen“ integriert. Hierzu gehören Solaranlagen auf Parkflächen und Agri-PV-Anlagen, die Solarstromerzeugung und landwirtschaftliche Nutzung kombinieren. Ebenso werden Anlagen auf entwässerten und landwirtschaftlich genutzten Moorflächen einbezogen, wenn diese Flächen vor der Inbetriebnahme wiedervernässt werden. Die bisherigen Sonderausschreibungen für solche Solaranlagen im Rahmen der Innovationsausschreibungsverordnung gehören damit der Vergangenheit an.

Neuer Bonus für Agri-PV

Um die höheren Kosten für Agri-PV zu berücksichtigen, sollen diese Anlagen einen Bonus bekommen, wenn sie „horizontal aufgeständert“ sind. Der Bonus beginnt bei Anlagen, die 2023 den Zuschlag erhalten, bei 1,2 Cent je Kilowattstunde und soll bis 2026 auf 0,5 Cent abgeschmolzen werden. Für Zuschläge ab 2029 sind keine Boni mehr vorgesehen.

Viel Arbeit für die Clearingstelle

Interessant ist, dass in der Gesetzesbegründung das Merkmal der horizontalen Aufständerung aufgeweicht wird. Dort ist die Rede davon, dass der Bonus für Agri-PV-Anlagen „mit horizontaler oder leicht schräger Modulausrichtung“ vorgesehen ist.

An dieser Stelle werden Clearingstelle EEG/KWKG und Rechtsprechung noch definieren müssen, wann der Bonus fällig wird. Auch Photovoltaikanlagen auf Moorflächen sollen einen Bonus erhalten, der allerdings konstant bei 0,5 Cent je Kilowattstunde bleiben soll.

Wasserflächen neu aufgenommen

Soweit die besonderen Solaranlagen unterhalb von einem Megawatt bleiben, werden sie in das allgemeine Vergütungssystem nach Paragraf 48 EEG aufgenommen. Zusätzlich werden Photovoltaikanlagen auf Wasserflächen in das Vergütungssystem aufgenommen, wobei der Vergütungsanspruch nur für Anlagen auf künstlich oder erheblich veränderten Gewässern geltend gemacht werden kann. Gänzlich gestrichen werden soll die bisherige Einschränkung für Dachanlagen ab 300 Kilowatt, die derzeit nur für die Hälfte des erzeugten Stroms eine EEG-Vergütung beanspruchen dürfen.

Atmender Deckel wird abgeschafft

Ebenso abgeschafft wird der sogenannte „atmende Deckel“, der bisher dafür sorgte, dass sich die Vergütungssätze je nach Zubau der Solarleistung veränderten. Stattdessen soll sich die Vergütung für neu in Betrieb genommene Anlagen ab Februar 2024 alle sechs Monate um ein Prozent verringern.

Noch handelt es sich lediglich um einen Gesetzentwurf, der sich erfahrungsgemäß im weiteren Verfahren ändern wird. Zudem muss die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission abgewartet werden.

Dennoch lässt sich schon jetzt prognostizieren, dass das neue EEG ein echter Fortschritt für die Solarbranche sein wird. Ob die von der neuen Bundesregierung vorgelegte Geschwindigkeit hoch genug ist, um die ehrgeizigen Ziele der Energiewende zu erreichen – darüber lässt sich gewiss streiten. Die Richtung des neuen EEG stimmt jedenfalls.

Bundesnetzagentur

Ergebnisse der Ausschreibungen für das erste Segment

Ausschreibungen erweisen sich weiterhin als Ausbaubremse für die solare Energiewende. Denn die Runde im ersten Segment, die bis zum 1. März 2022 lief, war wieder deutlich überzeichnet. Vor allem aus Bayern kamen sehr viele Gebote. Die Bundesnetzagentur hat die erfolgreichen Gebote der Ausschreibungen für Solarenergie des ersten Segments zum 1. März 2022 bekannt gegeben. Zum ersten Segment gehören Solaranlagen, die auf, an oder in baulichen Anlagen errichtet werden und weder Gebäude noch Lärmschutzwände sind. Gebotstermin war der 1. März 2022.

Bei einer ausgeschriebenen Menge von 1.108 Megawatt wurden 209 Gebote mit einem Volumen von 1.116 Megawatt eingereicht. 201 Gebote mit 1.084 Megawatt wurden bezuschlagt. Regional betrachtet entfällt das weitaus größte Volumen auf Standorte in Bayern (488 Megawatt, 106 Zuschläge), gefolgt von Rheinland-Pfalz (223 Megawatt, 19 Gebote), Mecklenburg-Vorpommern (67 Megawatt, zehn Zuschläge) und dem Saarland (66 Megawatt, 16 Zuschläge). Die meisten Zuschläge für Äcker oder Grünland gingen an Flächen in Bayern (366 Megawatt, 66 Zuschläge).

Die ermittelten Zuschlagswerte der Ausschreibung liegen zwischen 4,05 Cent je Kilowattstunde und 5,55 Cent je Kilowattstunde. Der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert liegt in dieser Runde bei 5,19 Cent je Kilowattstunde und damit über dem Wert der Vorrunde (fünf Cent). Acht Gebote wurden wegen Formfehlern vom Verfahren ausgeschlossen. Informationen zum weiteren Verfahren zur Ausschreibung für Solaranlagen des ersten Segments zum Gebotstermin 1. März 2022 sind auf der Website der Bundesnetzagentur veröffentlicht. Die Veröffentlichung der aktualisierten Gebotsrundenstatistiken erfolgt in Kürze. Die nächste Ausschreibungsrunde für Solaranlagen des ersten Segments findet am 1. Juni 2022 statt.

Foto: Martin Hain

Der Autor

Dr. Thomas Binder
ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaik­fachfirmen.

Foto: privat